Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Debütantinnen - Roman

Titel: Debütantinnen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
Vom Netzwerk:
»Sie haben das Armband abgeholt. Das ist Ihre Unterschrift, nicht wahr?«
    Alice machte große Augen. »Woher wissen Sie das?«
    »Ich habe es gefunden. In einem alten Schuhkarton.«
    »Aber wo? Wie?«
    »In dem verschlossenen Zimmer. Hinter den Büchern.«
    »Büchern?« Alice fuhr sich mit der Hand nervös über die Augen, als überlegte sie, was für Bücher das sein mochten.
    Cate atmete tief durch und versuchte es noch einmal. »Warum hat Irene ihrer Schwester so ein teures Geschenk gemacht?«
    »Sie hatte ihre Gründe.«
    »Warum?«
    »Sie würden es nicht verstehen.«
    »Was würde ich nicht verstehen?«
    »Wir haben getan, was wir tun mussten«, fuhr Alice plötzlich wütend auf.
    »Alice«, sagte Cate ruhig, »was genau haben Sie getan?«
    Die alte Dame blickte Cate eine Weile an. Es war, als ließe etwas in ihr los, das war deutlich zu sehen. Ihre Züge wurden weicher, sie wirkte bezwungen, verloren. »Sie erinnern mich an sie. Das blonde Haar, Ihre Gesichtszüge. Als ich Sie das erste Mal sah, war es mir, als sähe ich einen Geist. Und das will was heißen. Die Menschen betrachten die Fotos und glauben, sie war schön, aber es war mehr als das. Die Art und Weise, wie sie sich bewegte, der Klang ihrer Stimme und … nun, ihre ganze Art eben. Sie war einfach atemberaubend. Wenn sie einen Raum betrat, richtete sich aller Aufmerksamkeit auf sie.«
    Cate schwieg.
    »Verstehen Sie, es war sicher nicht immer leicht, eine Schwester zu haben, die so schön war. So berühmt.« Sie gab Cate die Quittung zurück, konnte sie nicht länger ansehen. »Ich will sie nicht verteidigen. Aber ich habe versucht, sie zu verstehen.«
    »Wen?«
    Alice seufte tief. »Sie hasste sie so sehr. Am Ende dachte ich sogar, sie hätte sie umgebracht.«
    Cate stockte das Blut in den Adern. »Wen umgebracht?«
    »Sie hat’s natürlich nicht getan.« Sie wandte sich wieder um und starrte auf den leeren Kaminrost. »Aber sie hätte es leicht tun können.«
    *
    Sie saß, von zahlreichen Kissen gestützt, auf einer Bank in der hinteren Ecke, und zuerst hatte er sie gar nicht bemerkt. Sie war ziemlich elegant, trug einen hellblauen Rock und eine passende Jacke, und auf ihrem Schoß lag eine zusammengefaltete Ausgabe des Figaro . Ihre Züge waren weich und doch charakteristisch mit ihren sehr hohen Wangenknochen und einem Kranz aus weißem Haar, der ihr Gesicht rahmte. Und an ihrem Tonfall, an ihrer abgehackten, leicht affektierten Aussprache war etwas, das einem anderen Jahrhundert angehörte. Neben ihr auf der Bank stand ein kleiner Sauerstoffbehälter mit einer Atemmaske, vermutlich litt sie an einem Emphysem oder an Asthma.
    »Es tut mir leid«, sagte Jack. »Ich wollte Sie nicht stören.«
    »Die Fische da kenne ich schon ziemlich lange. Sie sind schön anzusehen, aber es sind ziemlich boshafte Kerle.«
    »Vielen Dank für die Warnung.«
    »Sie haben nicht zufällig eine Zigarette dabei?«
    »Dürfen Sie denn rauchen?«, fragte er und wies mit einem Nicken auf den Sauerstoff.
    »Ich müsste eigentlich schon tot sein«, erwiderte sie. »Abgesehen davon«, sie lächelte, »rauche ich seit meinem sechzehnten Lebensjahr, und ich wage nicht, Ihnen zu verraten, wann das war. Bis jetzt hat es mich nicht umgebracht.«
    »Nun …«, sagte er zögernd und tastete nach dem Päckchen in seiner Tasche, »wenn Sie meinen …«
    Er holte die Schachtel heraus und reichte ihr eine Zigarette, dann kramte er in seinen anderen Taschen nach einem Streichholz. Sie beugte sich vor und wartete geduldig. Schließlich fand er die Streichhölzer, riss eines an und hielt es ihr hin.
    Mit einem tiefen Zug lehnte sie sich zurück. »Danke«, sagte sie und inhallierte genüsslich. »Frische Luft wird weidlich überschätzt. Wen wollen Sie besuchen? Vielleicht sind Sie aber auch ein Irrer, der hergekommen ist, um sich unserer fröhlichen kleinen Bande anzuschließen.«
    Er lachte. »Ein Irrer bin ich sicher, aber heute bin ich hier, um meinen Vater zu besuchen. Henry Coates. Allerdings dachte ich, es wäre ein Pflegeheim.«
    »So nennt man das heute. Und Henry ist hinreißend!« Sie nickte. »Was für ein intelligenter Mann!«
    »Also, im Augenblick schläft er. Ich sehe, Sie lesen Französisch.«
    »Selbstverständlich.« Sie zog eine Augenbraue hoch. »Sie nicht?«
    »Nun, dafür reicht es nicht ganz«, räumte er ein. »Etwas Interessantes drin?«
    Sie zuckte die Achseln und seufzte. » Plus ça chance … Die Welt bewegt sich immer am Rand einer Katastrophe. Und

Weitere Kostenlose Bücher