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Debütantinnen - Roman

Titel: Debütantinnen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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seines Vaters tickte leise.
    Bis vor kurzem hatte sein Vater noch sein eigenes Geschäft besessen. Jetzt besuchte er ihn in einem Pflegeheim. Der körperliche Schmerz der Einsamkeit machte sich in seiner Brust breit.
    Jack dachte an Cate. An ihre Hand in seiner, an ihre seidig weiche Wange, daran, wie sie in Endsleigh nackt am Fenster gestanden hatte.
    Dann stellte er sich seinen Daumenabdruck auf dem Bilderrahmen der Frau vor, die er liebte.
    Er wollte, dass das Bild auf seiner Kommode von ihr war.
    *
    »Also, was gibt’s heute Abend?«, fragte Cate, als sie in die Küche kam.
    Rachel schnitt gerade eine Zwiebel klein. Mit einem Nicken wies sie auf ein Kochbuch, das aufgeschlagen auf der Arbeitsplatte lag. »Ich dachte, wir probieren mal was Neues aus. Fischpastete.«
    »Wow!« Cate lachte. »Ganz schön retro!«
    »Ich dachte, es könnte lustig sein.« Rachel lächelte.
    Cate sah ihr zu, wie sie zwischen Ofen und Arbeitsplatte hin und her flitzte und dabei leise ein Stück von Burt Bacharach vor sich hin summte. Irgendwie war sie heute anders. Sie strahlte eine Energie und eine innere Ruhe aus, die Cate nicht an ihr kannte. Dann fiel ihr noch etwas auf.
    »Du hast ja keine roten Schuhe an! Du siehst ganz anders aus ohne.«
    Rachel schaute auf ihre Füße hinunter, die in schlichten, flachen Sommersandalen steckten. »Nein. Ich glaube, meine rote Phase ist endgültig vorbei.«
    »Das war aber eine lange Phase.«
    »Viel zu lang. Sei so lieb und wirf mal einen Blick in das Kochbuch.« Nickend wies sie auf die aufgeschlagene Seite. »Steht da eine oder zwei Möhren?«
    Cate las das Rezept auf den vergilbten Seiten. »Zwei. Fein gewürfelt. Gott, das ist aber alt! Wo hast du das denn her? Von Großmutter?«
    »Ersteigert. Hat mich zwei Pfund gekostet!« Sie öffnete die Kühlschrank, um aus der Gemüseschublade zwei Möhren zu holen. »Ich erstehe gern etwas auf den Auktionen, die wir veranstalten. Und dieses Buch ist wirklich zum Schreien.«
    »Heißt das, es stammt aus Endsleigh?«
    »Ja. Es hat der Haushälterin gehört, Jos Mutter. Jo hat mir einige urkomische Geschichten über sie aus der Zeit während des Krieges erzählt. Anscheinend hatte sie nicht den leisesten Schimmer vom Kochen. Hat einen Teil des Familiensilbers in den Ofen gestellt, um es anzuwärmen, und als sie es rausholen wollte, war es geschmolzen! Kannst du dir das vorstellen?«
    »Ja, die Geschichte hat sie mir auch erzählt.« Cate drehte das Kochbuch um, um sich den Umschlag anzusehen. Er war von einem verblassten Cremeweiß mit roter Schrift, Einführung in die Grundlagen der kulinarischen Kunst . »Toll!«, meinte sie kichernd. » › Kulinarische Kunst ‹ , drunter ging’s wohl nicht. Das stammt dann wahrscheinlich aus der Zeit kurz vor dem Krieg, richtig?«
    »Du wirst immer besser.« Rachel schenkte ihr ein Lächeln. »Ich mache doch noch eine Antiquitätenhändlerin aus dir. Wie gefällt dir › Deveraux & Tochter ‹ ?«
    »Toll! Und was würde Mum dazu sagen?« Cate blätterte in dem Buch, um das Erscheinungsdatum zu suchen.
    »Klingt auf jeden Fall besser als › Deveraux & Nichte ‹ . Außerdem bin ich davon überzeugt, dass es ihr egal wäre. Solange es in der Familie bleibt.« Sie sah Cates Miene. »Hey, ich hab nur Spaß gemacht!«
    Cate starrte auf das Vorsatzpapier.
    »Hast du gesagt, es hat Jos Mutter gehört?«, fragte sie, ohne aufzublicken.
    »Ja. Warum? Was ist los?«
    »Alice Waites« stand in kindlicher, krakeliger Handschrift oben rechts in der Ecke des Blatts.
    Jos Mutter war die A. Waites, die das Armband bei Tiffany abgeholt hatte.
    Und der einzige lebende Mensch, der wahrscheinlich etwas darüber wusste, was wirklich in Endsleigh passiert war, als Baby Blythe verschwand.
    *

* * *
    Endsleigh
    Devon
    19. April 1941
    Keine Neuigkeiten. Nichts. Kein einziger Brief, kein Telegramm. Ich bete jeden Tag, den ganzen Tag, dass Du noch lebst. Ich kann mich nicht rühren und weine stundenlang. Ich bin riesig. Gewaltig. Rund wie eine Tonne. Was wäre, wenn Du mich jetzt sehen würdest? Würdest Du mich trotzdem lieben? Bei Gott, dieses schreckliche Haus ist so grässlich und feucht! Ich habe es immer als Hafen betrachtet, als Palast am Meer. Doch jetzt kommt es mir vor wie ein Gefängnis. Ich würde so gern von hier weg. Ich möchte Dich suchen, irgendwie. Wir hören Radio. Und die Nachrichten sind natürlich schrecklich. Was ist, wenn Du lebst und mich einfach nicht mehr liebst? Irene sagt, was ich bräuchte, wäre frische

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