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Debütantinnen - Roman

Titel: Debütantinnen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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hatte geistreich sein wollen, charmant, intelligent und doch witzig und unprätentiös. Aber seine sorgfältig zurechtgelegten Bemerkungen waren überflüssig gewesen. Das Gespräch hatte rasch eine Eigendynamik entwickelt, die er nicht kontrollieren konnte.
    Er spülte ein Glas unter heißem Wasser ab.
    Er war ganz und gar nicht ihrer Meinung, fand ihre Gedankengänge unlogisch. Eine seltsame Mischung aus Ehrlichkeit und ausweichendem Verhalten.
    Und doch war sie fraglos unwiderstehlich. Wenn sie sich bewegte, folgte er ihr mit den Augen. Wenn sie sprach, ertappte er sich dabei, dass er sich vorbeugte, nicht nur, um zu hören, was sie sagte, sondern um aufzufangen, was sie nicht sagte, den Raum zwischen ihren Gedanken, der noch mehr preiszugeben schien. Sie hatte etwas unfreiwillig Transparentes an sich, eine glasige Zerbrechlichkeit, trotz all ihrer Verteidigungsmechanismen. Und sein Instinkt wies ihn an, sie zu beschützen.
    Kein Wunder, dass Derek Constantine bezaubert war. Wieder überlegte er, was genau das wohl für eine Freundschaft gewesen war.
    Manche Menschen waren wie Viren, sie infizierten jeden, der mit ihnen in Kontakt kam. Derek Constantine war so ein Mensch. Mit seiner tödlichen Kombination aus mondänem Geschmack und einem einnehmenden Wesen besaß Constantine eine aalglatte moralische Gewandtheit, die sich als Aufgeschlossenheit und Kultiviertheit tarnte und der kaum jemand widerstehen konnte. Warum war ausgerechnet er ihre Verbindung nach New York? Und was für Kunden stellte er sie vor? War er womöglich sogar der Mann, von dem sie vorher gesprochen hatte? Jack versuchte, den Gedanken aus seinem Kopf zu verbannen, doch dieser klammerte sich beharrlich an seine Phantasie. Er spürte, wie seine Eifersucht zuckend erwachte und Bilder heraufbeschwor, Szenen − Dereks stets sonnengebräunte manikürte Hand, die den Reißverschluss von Cates Kleid öffnete, seine Finger, die über ihre Haut wanderte, seine Zunge, die hervorschoss wie eine Schlange und seine Lippen befeuchtete …
    Jack tauchte die Hand ins Spülwasser. » Verdammt!«
    Die Spitze eines Tranchiermessers hatte sich in seine Handfläche gebohrt.
    Er rieb sie wütend unter dem Wasserhahn. Es blutete nicht, aber es brannte höllisch.
    Er sollte vorsichtiger sein − im Wasser war fast immer irgendwo eine Klinge.
    Jack stapelte den letzten Teller, faltete das Geschirrhandtuch und hängte es über den Aga-Herd.
    Plötzlich traf ihn die Anstrengung des Tages mit voller Wucht. Seine Energiequellen waren nicht nur erschöpft, sondern gänzlich verschwunden.
    Er hatte keine Ahnung, ermahnte er sich gähnend. Soweit er wusste, konnte Constantine für Cate auch so etwas wie eine Vaterfigur sein.
    Dann fiel sein Blick auf die Weinflasche. Sollte er den Rest in den Ausguss schütten?
    Er überlegte zu viel, wie immer. Tu nichts, lass sie stehen. Er drückte den Korken hinein und schaltete das Licht aus.
    Langsam ging er durchs Haus, überprüfte die Türen und schloss ab. Er stellte sich Cate in ihrem Zimmer oben vor, vielleicht schlief sie schon, und er vollzog hier unten die abendlichen Rituale. Und zum zweiten Mal an diesem Tag rührte sich in ihm ein angenehmes Gefühl der Männlichkeit.
    Es war ein schönes Haus. Elegant, solide, kultiviert. Ein Haus, das wusste, was es war und was es tat. Einst war das ganze Empire so gewesen.
    Jack versuchte sich zu erinnern, ob er sich in seinem Leben je so gefühlt hatte, ob er diese strahlende, harte Sicherheit darüber besessen hatte, wer er war und wohin sein Weg ihn führte. Es gab sie. Es hatte eine Zeit gegeben, zu Beginn seiner Ehe, da hatte er das Gefühl gehabt, sein Schicksal in der Hand zu haben; jung, klug, zu Großem fähig. Wenn er etwas wollte, konnte er es auch erreichen. Ein wunderbares, herrliches Gefühl.
    Und dann hatte das Schicksal eingegriffen. Diese gewaltige Macht hatte sich ohne Vorwarnung gegen ihn gewandt, und plötzlich war sie verschwunden gewesen, die gottgleiche Fähigkeit, seinen eigenen Kurs im Leben zu steuern, frei von unüberwindlichen Hindernissen oder Gegnern. Am schlimmsten war, dass er keinen inneren Kompass mehr besaß. Ihm war übel, als litte er an Schwindel. Und so zögerte er, stolperte, fiel. Die Welle, die ihn so beharrlich nach vorn geschoben hatte, kippte, und er war gezwungen zu akzeptieren, dass er Grenzen hatte und dass sein Leben von diesen diktiert wurde.
    Der Unfall hatte ihm vieles genommen, was nicht wiederzuerlangen war, Teile seiner selbst, von

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