Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Debütantinnen - Roman

Titel: Debütantinnen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
Vom Netzwerk:
Frau Mitte fünfzig mit kurz geschnittenem rotem Haar kam.
    »Sie sind also wach«, sagte sie mit starkem Belfaster Akzent und nahm Cates Handgelenk, um ihren Puls zu überprüfen. »Wie fühlen Sie sich?«
    »Nicht besonders. Wann kann ich nach Hause?«
    Die Schwester ließ Cates Handgelenk los und nahm die Krankenakte, die am Fußende des Betts hing. »Vielleicht heute Abend, vielleicht morgen. Die Ärztin kommt nachher noch durch, sie kann Ihnen Genaueres sagen. Sollen wir jemanden für Sie anrufen?«
    Cate schüttelte den Kopf. »Was fehlt mir denn?«
    »Sie haben eine Nierenbeckenentzündung. Eine ziemlich schlimme. Deshalb bekommen Sie Antibiotika.«
    »Oh. Dann bin ich nicht …« Cate zögerte und biss sich auf die Unterlippe. »Bin ich schwanger?«, fragte sie nach einem Augenblick.
    Die Schwester schüttelte den Kopf. »Nein. Aber Sie haben Blut im Urin.«
    Cate ließ sich entspannt ins Kissen sinken. Sie hatte gar nicht gemerkt, wie sehr es sie belastet hatte. Sie war erleichtert, nicht schwanger zu sein. »Gut«, murmelte sie.
    Die Schwester hängte das Krankenblatt wieder ans Bett und ging außen herum, um die Ziffern auf dem Perfusor abzulesen. »Was ist überhaupt passiert? Die junge Frau, die Sie hergebracht hat, hat gesagt, Sie wären ohnmächtig geworden.«
    »Was? O ja. Ich glaube, das stimmt.«
    Sie tippte seitlich an den Perfusor. »Der Arzt, der Sie aufgenommen hat, wollte wissen, ob Sie angegriffen worden sind.«
    »Angegriffen? Wieso?«
    Die Krankenschwester sah sie eindringlich an. »Er hat sie untersucht. Erinnern Sie sich nicht daran?«
    Cate schüttelte den Kopf.
    »Auf Ihrer Krankenakte ist eine Notiz. Eine Rückfrage.«
    »Was für eine Rückfrage?«
    »Es gibt Hinweise, Narbenbildung. Sind Sie in jüngster Vergangenheit vergewaltigt worden?«
    Cate schwieg.
    »Wissen Sie, wovon ich rede?« Sie berührte sie leicht am Arm.
    Cate sagte nichts und zog den Arm weg.
    »Wenn Sie mit jemandem reden wollen …« Die Stimme der Schwester war tief, vertrauensvoll. »Wenn Sie Anzeige erstatten möchten …«
    »Nein«, unterbrach Cate sie. »Das ist nicht nötig.«
    »Die Polizei hat eine besondere Abteilung …, weibliche Beamte … Die ganze Sache wird vertraulich behandelt und ist sehr sicher.«
    Cate schwieg und konzentrierte sich auf die Falten des Vorhangs gegenüber.
    »Ich begreife ja, dass es sehr schwierig und schlimm sein kann, aber wenn jemand Sie verletzt hat …«, beharrte die Krankenschwester.
    »Es ist nicht das, wonach es aussieht.«
    »Ja, aber … wenn Sie es sich anders überlegen …, wenn Sie mit jemandem reden müssen …«
    »Danke. Ich weiß Ihre Besorgnis zu schätzen. Aber es ist nicht das, wonach es aussieht«, wiederholte Cate mit Nachdruck.
    Die Schwester schüttelte seufzend den Kopf.
    »Könnten Sie mir vielleicht einen Tee bringen?«, fragte Cate. »Ich fühle mich ein wenig schwach.«
    Die Schwester starrte sie an. »Zucker?«, fragte sie schließlich und gab es auf.
    »Zwei. Danke.«
    Nachdem sie gegangen war, drehte Cate das Gesicht zur Wand und versuchte, das leise Stöhnen der Frau in dem Bett nebenan auszublenden.
    Niemand würde es verstehen.
    Es war nicht das, wonach es aussah.
    Vor allem dann nicht, wenn man darum gebeten hatte.
    *
    Es war Abend. Jack setzte sich auf das Bett in seinem Zimmer in dem B & B. Ihm gegenüber auf der Kommode stand die Schreibschatulle, die er Jo Williams abgekauft hatte. Die er versprochen hatte nicht zu verkaufen.
    Er wusste, warum er sie gekauft hatte und für wen.
    War er dumm? Würde er je den Mut aufbringen, sie ihr zu geben? Und würde sie verstehen, was die Geste bedeutete und wie einzigartig die Schatulle tatsächlich war?
    Natürlich muss man solche Dinge erst lernen, ermahnte er sich. Es hatte eine Zeit gegeben, da hätte er eine solche Schatulle kurzerhand als nichts Besonderes abgetan. Eine Zeit, als er auch nicht in der Lage gewesen war zu erkennen, dass sie sehr wertvoll war.
    Er trat sich die Schuhe von den Füßen und streckte sich auf dem Bett aus. Und dachte an seinen Vater.
    Henry Coates hatte eine Leidenschaft für die Vergangenheit. Einen Respekt, der an Verehrung grenzte. Nur wenige Dinge bereiteten ihm mehr Vergnügen, als eine übersehene Perle zu entdecken und dann in ihre Vergangenheit einzutauchen, ihren Hintergrund und ihre Geschichte auszugraben − wer sie gefertigt hatte und wann, aus welchem Teil des Landes sie stammte, wie sie von Hand zu Hand gewandert war, bis sie schließlich in seinen

Weitere Kostenlose Bücher