Decker & Lazarus 05 - Du sollst nicht luegen
zu Decker hochzuschauen. »So wie sie Sie festhält, können wir zumindest sicher sein, daß die Wirbelsäule nicht gebrochen ist … jedenfalls nicht von der Taille an aufwärts.«
»Lilah, können Sie mit den Zehen wackeln?« fragte Eddie.
Eine schwache Reaktion.
»Gut, Lilah«, sagte Decker. »Das war gut. Können Sie mich verstehen? Drücken Sie meine Hand, wenn ja.«
Ein leichter Druck.
»Das ist ausgezeichnet, Lilah! Die Sanitäter werden Sie jetzt ins Krankenhaus bringen. Sie sind in sehr guten Händen. Die Ärzte werden Ihnen helfen. Sie werden ein paar Tests durchführen, um festzustellen, ob alles in Ordnung ist. Ich möchte, daß man Sie sehr gründlich untersucht. Ist das in Ordnung? Verstehen Sie mich?«
Ein weiterer Druck ihrer Hand.
»Wo bringen Sie sie hin?« fragte Decker die Sanitäter.
»Ins Sun Valley Memorial«, antwortete Teresa. »Ist das okay?«
»Yeah, das ist prima. Fragen Sie nach Dr. Kessler oder Dr. Begin, und sagen Sie ihnen, es wär für Sergeant Decker. Die beiden haben Erfahrung mit solchen Vorfällen und wissen, was ich zur Beweisaufnahme brauche. Das Übliche – sämtliche Flüssigkeiten, ein gründliches Durchkämmen von Scham- und Kopfhaar, Finger- und Fußnägel reinigen und alles, was drunter ist, ins Labor.« Er streichelte die Hand, die ihn umklammert hielt. »Lilah, sind Sie einverstanden, wenn im Krankenhaus Fotos von Ihren Verletzungen gemacht werden? Solche Fotos könnten mir bei der Suche nach dem Monster helfen, das Ihnen das angetan hat. Verstehen Sie mich?«
Sie gab ein ersticktes Geräusch von sich.
»Lilah, drücken Sie meine Hand, wenn Sie damit einverstanden sind.«
Ein weiterer Druck ihrer Hand.
»Danke, Lilah.«
Decker sah die Sanitäter an. »Sagen Sie den Ärzten Bescheid, daß ich einen Polizeifotografen schicke. Außerdem brauche ich die Kleidung und ihre anderen persönlichen Dinge in Plastiktüten verpackt. Bitten Sie die Leute, Handschuhe zu tragen. Die Sachen hol ich selbst ab und bring sie ins Labor.«
»Alles klar«, sagte Teresa.
Decker betrachtete die manikürte Hand mit den langen, schmalen Fingern, die sein Handgelenk umschlang. »Lilah, ich bin’s noch mal, Sergeant Decker. Ich stelle Ihnen jetzt eine Frage. Drücken Sie meine Hand, wenn die Antwort ja ist. Wissen Sie, wer Sie überfallen hat?«
Keine Reaktion.
»Okay, ich stelle Ihnen noch einmal dieselbe Frage. Drücken Sie, wenn die Antwort ja ist. Wissen Sie, wer Sie überfallen hat?«
Nichts.
»Sie wissen also nicht, wer Sie überfallen hat. Drücken Sie, wenn Sie nicht wissen, wer Sie überfallen hat.«
Decker spürte einen leichten Druck. »Okay, das war sehr gut. Lilah, ich verspreche Ihnen, daß Sie in Sicherheit sind. Alles wird wieder gut. Sie müssen mich jetzt loslassen.«
Ihre Finger verstärkten den Druck.
»Lilah, die beiden hier müssen Sie jetzt ins Krankenhaus bringen, und ich kann nicht mit.« Als er ihr seine Hand entwand, stieß sie ein dumpfes Stöhnen aus. »Ich komm wieder, Lilah. Ich verspreche, ich komm wieder und werd mit Ihnen reden.«
Sie stöhnte erneut. Tränen kullerten über ihr Gesicht. Als die beiden Sanitäter sie hinaustrugen, bemerkte Decker, wie ihre Hand nach ihm ausgestreckt blieb. Und dieses Stöhnen … Er hatte das Gefühl, als ob er sie im Stich ließe, und er hoffte, daß sie ihm das nicht übel nehmen würde, wenn er zur Vernehmung kam … falls sie sich überhaupt an ihn erinnerte. Opfer von Sexualverbrechen litten zuweilen unter Amnesie, besonders wenn sie große Qualen erlitten hatten.
Decker streckte sein Kreuz, dann fuhr er mit seiner kräftigen Hand durch sein karottenrotes Haar. Als er sich umdrehte, sah er das Dienstmädchen in der Tür stehen. Sie zitterte immer noch und suchte am Türpfosten Halt. Er sagte, sie solle sich in die Küche setzen und sich eine Tasse Tee machen. Er käme gleich zu ihr.
Decker nahm ein Plastiktüte aus der Jackentasche und steckte die Augenbinde hinein. Mit einem Fettstift skizzierte er, wo Lilah auf dem Boden gelegen hatte. Dann nahm er sein Sprechfunkgerät und bat, zu Detective Marge Dunn durchgestellt zu werden. Während er darauf wartete, daß sie sich meldete, holte er einen Stift und seine Checkliste für Vergewaltigungsfälle heraus und fing an, sich ausführliche Notizen zu machen.
2
Der frei stehende Safe in der hinteren Ecke des begehbaren Wandschranks im Schlafzimmer war offen und leer. Es war ein hüfthoher grüner Kasten aus sieben Zentimeter dicken, hochwertigen
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