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Decker & Lazarus 05 - Du sollst nicht luegen

Decker & Lazarus 05 - Du sollst nicht luegen

Titel: Decker & Lazarus 05 - Du sollst nicht luegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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gerutscht und saß jetzt auf dem Widerrist des Pferdes. Die Decke war heruntergefallen. Decker schob High Time näher heran und streckte die Hand nach Apollos Zügeln aus. Als er gerade danach greifen wollte, ging Apollo durch.
    Decker trat High Time in die Seite und preschte mit vollem Tempo los. Er machte sich so flach wie möglich, während er den gefleckten Schimmel fluchend um die Bäume lenkte und spürte, wie die scharfen Spitzen von niedrig hängenden Zweigen ihm den Rücken aufkratzten. Adrenalin schoß durch seinen Körper, sein Herz hämmerte gegen den Brustkorb, seine Hände zitterten. Doch er hatte sich noch so weit unter Kontrolle, um das Pferd in strategisch wichtigen Momenten lenken zu können – was verhinderte, daß er durch einen Sturz zu Brei geschlagen wurde.
    Apollo raste wie besessen, fegte unberechenbar zwischen Bäumen hindurch und entging manchmal nur um Zentimeter einem Ast oder einem dicken Stamm. Sein Tempo überstieg bei weitem seine normalen Fähigkeiten. Mehrere Male machte das Pferd ohne ersichtlichen Grund einen Satz nach vorn, dabei wäre Lilah einmal fast von einem Ast enthauptet worden. Verzweifelt hielt sie sich fest, ihr Haar flog im Wind. Decker zwang High Time, noch schneller zu laufen. Staub drang ihm in Augen und Mund. Er spuckte, rieb sich die Augen an der Schulter und legte sich noch mehr ins Zeug. Mit jedem schmerzenden Muskel trieb er das Pferd voran.
    Der Palomino hatte zwei Meter Vorsprung. Indem er sein Pferd aufs heftigste forderte, gelang es Decker, Schritt zu halten. Lilahs Pferd konnte dieses mörderische Tempo unmöglich noch lange durchhalten. Hoffentlich schlaffte das verdammte Vieh ab, bevor es sie umbrachte.
    High Time galoppierte, ohne auch nur ein einziges Mal mit den Hufen wegzurutschen. Die guten alten Appaloosa. Nichts kann sie aus dem Tritt bringen. Doch jedes Mal, wenn das Pferd eine besonders schwierige Stelle zu passieren hatte, war er gezwungen, das Tempo zu drosseln. Dadurch vergrößerte Apollo den Abstand wieder. Lilah hatte jegliche Kontrolle über ihr Pferd verloren. Der Palomino raste nach seinem eigenen teuflischen Rhythmus.
    Decker verfluchte seine Borniertheit. Lilahs böse Schwingungen waren keine verrückte Phantasie mehr, sondern furchtbare Realität. Seine Kleider waren mittlerweile völlig durchnäßt, und ihm tropfte der Schweiß von der Stirn. Er spürte, wie sein ganzer Körper von Grauen ergriffen wurde. Doch er wußte, daß seine Angst nichts im Vergleich zu dem war, was Lilah durchmachte. So schnell er auch ritt, Decker wußte, daß er noch alles unter Kontrolle hatte, daß er sofort anhalten könnte. Diese Gewißheit hatte Lilah nicht, da der Palomino unbeirrt in diesem mörderischen Tempo weiterraste. Wenn er das Mistvieh nur einholen könnte – eine fast übermenschliche Aufgabe, doch es mußte ihm gelingen. Er spannte die Schultern an, grub sich tief in High Times Seiten und versuchte, das letzte aus dem Apfelschimmel herauszuholen.
    Bäume fegten an ihnen vorbei, während die Pferde dieses wahnwitzige Tempo aufrechterhielten. Der Luftstrom brach sich in den Zweigen über ihm und blies ihm in den feuchten Nacken. Seine Ohren dröhnten, und Staub stach ihm in den Augen. Die Farben der Natur rasten kaleidoskopartig an ihm vorbei. Grün-, Braun- und Rosttöne, Objekte, die zu einer formlosen Masse verschwammen. Alles um ihn herum war eine tödliche Waffe – ein Baum, ein Ast, ein Zaun, ein Telefonmast, der plötzlich aus dem Nichts auftauchte. Selbst ein kleiner Erdklumpen konnte die Pferde zum Stolpern bringen und sie mit fünfzig Meilen pro Stunde zu Boden schleudern.
    Vor ihnen lief eine ein Meter breite Hecke quer über den Pfad – ein ganz natürliches Hindernis, aber bei diesem Tempo sprang man normalerweise nicht. Doch es gab keine Möglichkeit, die Hecke zu umgehen. Nicht daß er die Wahl gehabt hätte. Wo Apollo hinging, da ging auch er hin. Der Palomino sprang, aber rasierte die Spitze des Gebüschs mit seinen Hufen ab. Der Apfelschimmel folgte ihm, übersprang den Busch problemlos und holte dadurch etwas auf. Der Palomino faßte wieder Tritt und sprintete weiter.
    Aber nicht ganz so schnell wie bisher.
    Hoffnung keimte in Decker auf. Er merkte, wie der Abstand zwischen den Pferden kleiner wurde. Er konnte den Luftstrom des Palomino bereits im Gesicht spüren.
    Schneller!
    Zentimeter um Zentimeter näherte er sich der linken Seite des Palomino. Die Hufe hämmerten auf dem trockenen, staubigen Boden. Staub nahm ihm

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