Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Decker & Lazarus 05 - Du sollst nicht luegen

Decker & Lazarus 05 - Du sollst nicht luegen

Titel: Decker & Lazarus 05 - Du sollst nicht luegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
Vom Netzwerk:
die Sicht. Versuch ihn durch Blinzeln rauszukriegen! Blinzeln, blinzeln!
    Näher!
    Die Bäume standen nun etwas weiter auseinander, das Laubwerk wurde spärlicher. Die Sonne brannte erbarmungslos, als die Pferde den schützenden Schatten des Waldes verließen. Sekunden später stellte Decker mit Erleichterung fest, daß vor ihnen offenes Gelände lag. Während der Palomino darauf zuraste, begann ihm schon wieder der Kopf zu dröhnen, und seine Hoffnung schwand, weil plötzlich Berge vor ihnen auftauchten, die bisher von den Baumwipfeln verdeckt gewesen waren. Eine unüberwindliche Granitwand rückte ihnen bedrohlich näher. Lilah kreischte, und ihr Geschrei kam immer deutlicher als Echo zurück, je höher und gewaltiger der Felsen sich vor ihnen auftürmte.
    Schneller und schneller!
    Nur noch wenige Zentimeter hinter Apollos Flanken, dann neben seinen Flanken, dann neben seinem Bauch. Schließlich rasten die Tiere Hals an Hals, Nase an Nase. Sie waren so dicht nebeneinander, als ob sie zusammen angeschirrt wären. Jeder Schritt war wie ein genau einstudierter Tanz, um dem Tod zu trotzen; die Hufe sausten manchmal nur um wenige Millimeter aneinander vorbei.
    Decker schob sich nach vorn und drehte sich dann um. Lilah war aschfahl im Gesicht. Ihre Arme umklammerten den Hals des Palomino.
    Die Berge näherten sich ihnen mit entsetzlicher Klarheit!
    Jetzt oder nie. Er brüllte so laut er konnte.
    »Lilah, springen Sie bei drei zu mir rüber!«
    »Sie fangen mich niemals!«
    »Sie haben keine andere Wahl! Eins! Zwei! Drei!«
    Lilah blieb erstarrt und mit großen Augen sitzen.
    »Springen Sie …«
    »Ich kann nicht!«
    »Jetzt!«
    »Ich …«
    »Verdammt noch mal, Lilah! Spring! Spring ! SPRING!«
    Sie schleuderte nach links, während Decker einen Arm um sie schlang und sie fest an sich drückte. Dann riß er die Zügel rechts herum. Sie waren noch etwa zwei Meter von dem Felsen entfernt, aber trotzdem nahe genug, um reichlich Blut abzukriegen, als der Palomino mit den Kopf voran gegen die Steinwand knallte.

15
    Es war ja nur ein Pferd …
    Doch das gab wenig Trost, wenn man betrachtete, was davon übrig geblieben war. Der Kopf des armen Tiers war zu Brei zerschmettert, das Fell vom Laufen immer noch schweißüberströmt.
    Decker zog sich den Riemen der Kamera über den Kopf. Zunächst hatte er einen Polizeireporter holen wollen, doch er konnte die Kosten dafür vor sich selbst nicht rechtfertigen. Schließlich ging es nicht um einen Menschen, sondern um ein Pferd. Und was die Sache an sich betraf, war es wirklich versuchter Mord, oder war einfach nur ein normalerweise friedliches Tier durchgedreht? Doch ganz gleich, was es war, dieser furchtbare Zwischenfall würde Lilah in ihrem Gefühl der Allwissenheit nur noch mehr bestärken. Und Decker wußte allmählich auch nicht mehr, was er davon halten sollte.
    Lilah als düstere Prophetin … was würde Rabbi Schulman dazu sagen?
    Er krempelte sich die Ärmel hoch und schoß ein Foto von dem Tier. Dann ging er in die Hocke und machte einige Detailaufnahmen von der Stelle, an der das Tier gegen den Felsen geprallt war. Schließlich richtete er die Kamera auf den blutbespritzten Boden. Die Sonne war so intensiv, daß er die Augen vor dem gleißenden Licht schützen mußte, das von den weißen Felsen reflektiert wurde. Der Boden sandte Hitzewellen aus. Insekten schwirrten vor seinem Gesicht herum. Er schlug sie mit der Hand weg und dachte über Carl Totes nach.
    Der Stallbursche kannte Lilahs Gewohnheiten, wußte, welches von den sechs Pferden sie höchstwahrscheinlich reiten würde. Er hatte unbeschränkt Zugang zu den Pferden und könnte sich auch leicht irgendeine Droge besorgen, die das Verhalten des Pferdes verändern würde. Aber was könnte er für ein Motiv haben? Wenn Lilah starb, wären seine Tage auf der Ranch sicher gezählt. Decker konnte sich nicht vorstellen, daß irgendwer aus dem Clan ihn weiterbeschäftigen würde. Er konnte sich noch nicht mal vorstellen, daß einer von dem geldgierigen Haufen die Ranch behalten würde. Sie schienen Decker eher wie Leute, die nach dem Motto handeln: »Laßt uns das Vermögen flüssigmachen, sobald die Leiche unter der Erde ist.«
    Vielleicht war Totes von jemandem angeheuert worden, seine Chefin zu töten. Doch es war eigentlich unmöglich, sich vorzustellen, daß Totes Lilah auch nur ein Haar krümmen würde. Seine Haltung ihr gegenüber grenzte schon an Götzenanbetung. Decker mußte an Totes Gesichtsausdruck denken, als er

Weitere Kostenlose Bücher