Decker & Lazarus 07 - Weder Tag noch Stunde
arm.«
»Also würde Geld eher von Einzelpersonen kommen als von der Regierung«, ergänzte Marge.
Rina fragte: »Worum geht’s?«
Decker erklärte ihr in kurzen Worten die Situation. »Wir versuchen herauszufinden, ob diese Investitionen von der Regierung sanktioniert oder von Privatpersonen vorgenommen worden sind.«
Rina sagte verblüfft: »Was hat das alles mit dem Mord an Arik und Dalia Yalom zu tun?«
»Yalom besaß Aktien von Firmen, die besonders in arabischen Ländern gehandelt werden«, erklärte Marge.
»Jemand hat ihn wegen seiner Aktien umgebracht?« staunte Rina.
»Das wissen wir nicht«, antwortete Decker. »Wir wissen nur, daß er in Firmen investiert hat, die vor allem auf dem afrikanischen Markt gehandelt werden – Ägypten, Marokko, Libyen, Tunesien –«
»PLO«, platzte Rina heraus.
»Was?« fragte Decker.
»PLO«, wiederholte Rina. »Die PLO hat ihren Sitz in Tunesien. Schon seit Jahren.«
»Dann hab ich vielleicht recht, Peter«, sagte Marge. »Eventuell ist Milligan tatsächlich zu den Terroristen gegangen, um Geld aufzutreiben. Vielleicht nicht von Bewohnern des Gebiets, sondern von ihrer Regierung, und das ist im Grunde die PLO. Vertreten die PLO und Arafat nicht die Palästinenser in den Friedensgesprächen?«
»Ja, das stimmt.« Decker wurde aufgeregt. »Und werden sie nicht stark finanziell von arabischen Ländern unterstützt?«
»Nicht mehr«, sagte Rina. »Sie sind pleite.«
»Soviel zu meiner Theorie«, klagte Marge.
»Na ja«, sagte Rina. »Früher hatten sie mal extrem viel Kapital. Die Sowjetunion gab ihnen Geld. Aber jetzt gibt es keine Sowjetunion mehr. Sie bekamen auch Kapital von den erdölfördernden arabischen Ländern. Aber die Zeiten ändern sich. Libyen hat sich von der US-Bombardierung nie richtig erholt. Der Golfkrieg hat den Irak ökonomisch so gut wie erledigt, und er hat auch ein nettes kleines Loch in die Wirtschaftskasse von Saudiarabien gerissen. Im übrigen hätte der Zeitpunkt für sie gar nicht ungünstiger sein können, nachdem zusätzlich die Ölpreise gesenkt worden sind. Die Goldesel der PLO erwirtschaften einfach nicht mehr dieselben Gewinne wie früher.«
Am anderen Ende der Leitung herrschte Stille.
»Wie trägt sich die Organisation dann?« fragte Marge.
»Arafat war tatsächlich sehr, sehr schwach, bis Israel ihm und der PLO den Gazastreifen gegeben und sie in die Friedensgespräche mit einbezogen hat. Sollte Arafat jemals eine richtige Regierung bekommen – und das ist im Moment ziemlich wahrscheinlich –, kann die PLO mit Hunderten von Millionen Dollar von den Vereinigten Staaten und Europa rechnen, um die palästinensische Wirtschaft in Gang zu bringen. Selbst wenn auch nur die Hälfte des Geldes bei Arafat ankommt, bleibt ihm immer noch massenhaft Kapital zum Investieren.«
Wieder herrschte Schweigen.
Schließlich murmelte Decker: »Milligan hat das alles vorhergesehen. Sie hat die PLO seit Jahren umworben. Und jetzt, wo beinahe alles paßt, macht sie ihren nächsten Zug.«
»Was für einen Zug?« fragte Rina.
Decker erklärte: »Zunächst kauft Milligan unterkapitalisiertes Land mit Diamantenvorkommen. Dann stellt sie sich gut mit der PLO und setzt darauf, daß sie irgendwann eine Regierung und einen Haufen Startkapital für ihre Wirtschaft aus den westlichen Ländern erhalten werden. Und jetzt, wo Israel und die PLO zu so etwas wie einer Vereinbarung gelangt sind, weiß sie, daß sie ganz dick drin sitzt. Sie wartet nur noch, daß jemand auf der gepunkteten Linie unterschreibt, damit sie tief in den Topf mit dem versprochenen Geld greifen kann.«
»Wenn der Friedensprozeß anhält.«
»Rina, er braucht nur lange genug anzuhalten, damit sie sich auf das von den Vereinten Nationen in Aussicht gestellte Anfangskapital stürzen kann. Die Frau kennt sich nämlich gut aus in ihrer westlichen Zivilisation. Erinnerst du dich an das Bücherregal hinter ihrem Schreibtisch, Marge?«
»Nicht genau.«
»Aber ich«, knurrte Decker. »Ich fand ihre Buchauswahl nämlich ziemlich eklektisch. Sie hatte eine ganze Reihe mit Bänden, die sich mit der Nachkriegswirtschaft in Japan und Deutschland befaßten. Was heißt, daß sie aus der Geschichte wußte, wie die Vereinigten Staaten und die Alliierten Milliarden von Dollar in diese Länder gepumpt haben, damit sie wieder auf eigenen Füßen stehen konnten. Und sie sind nicht nur aufgeblüht, sie sind zu wirtschaftlichen Weltmächten geworden.«
»Ich kann mir die PLO nicht gut als
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