Decker & Lazarus 07 - Weder Tag noch Stunde
»Es ist … Dalia.« Ihr schlotterten die Knie. »Ich fühle mich nicht besonders gut.« Sie brach in Tränen aus. »Ich möchte nach Hause.«
»Ich bringe Sie zu einem unserer Einsatzwagen«, sagte Marge.
»Darf ich nicht nach Hause?«
»Natürlich dürfen Sie«, beruhigte Marge sie sanft. »Aber lassen Sie sich von uns fahren. Kann ich Ihren Mann für Sie anrufen?«
Orit nickte und ließ sich von Marge zu einem geheizten Streifenwagen führen.
Decker starrte auf das Grab hinunter, auf eine zierliche Figur, von Matsch umgeben. Das Gesicht war abgewischt worden, aber immer noch von schleimig braunen Streifen überzogen. Und trotzdem konnte Decker sehen, daß es ein sanftes Gesicht gewesen war. Die Wut trieb ihm die Röte ins Gesicht. Er schluckte sie hinunter und sprach mit den Laborleuten. »Noch etwas anderes unter ihr begraben?«
»Das können wir nicht sagen, bevor wir die Leiche nicht angehoben haben«, antwortete der Mann im schwarzen Umhang. »Wir warten auf den Polizeifotografen.«
»Der müßte jede Minute hier sein.«
Davidson kam mit schnellen und exakten Schritten auf ihn zu. »Ihre Frau ist am Telefon«, sagte er. »Mit den Kindern ist alles in Ordnung, aber sie muß mit Ihnen reden. Sie sagt, es ist ein Notfall.«
»Was für ein Notfall?«
Davidson hob unwissend die Schultern.
Decker fühlte sein Herz rasen, als er zum Plymouth hinüberrannte. War etwas mit seiner Mutter? Seinem Vater? Seinem Bruder? Randy war bei der Sitte – hauptsächlich Drogensachen. Er war dreimal von drei verschiedenen Dealern angeschossen worden. Decker griff sich das Mikro von seinem Funkgerät. »Was ist los?«
»Peter, es sind alle gesund.«
Rinas Stimme klang gepreßt, aber die Worte waren genau das, was er brauchte. Er hörte, wie sie tief Luft holte.
»Es ist nichts mit uns, Peter, es geht um Honey Klein«, sagte Rina. »Honeys Mann. Ich habe gerade einen Anruf von jemandem vom Polizeirevier Manhattan bekommen«, berichtete Rina mühsam beherrscht. »Gershon ist tot in seinem Büro im Diamantenzentrum aufgefunden worden. Er wurde erschossen, in einen Schrank gesteckt –«
»Lieber Gott!«
»Peter, ich weiß nicht, was ich tun soll!« Sie fing an zu weinen. »Ich bin in Panik!«
»Wo sind Honey und die Kinder jetzt?«
»Sie sind vor ungefähr zweieinhalb Stunden aus dem Haus, um eine Sightseeingtour zu machen.«
»Wo wollten sie hin?«
»Das weiß ich nicht! Sie hat es mir nicht gesagt. Ich weiß nicht, was ich ihr sagen soll –«
»Ich mache das«, entschied Decker. »Du hast absolut keine Ahnung, wo sie sind?«
Rina dachte nach. »Sie hat mal darüber gesprochen, daß sie zum alten Grauman’s Theater wollte, als ich sie vom Flughafen abholte. Aber heute morgen hat sie davon nichts erwähnt. Nur daß sie sich etwas ansehen wollten.«
Decker dachte wieder an Gershons seltsame Telefonanrufe und Honeys Gerede über Gangster. Solange sie keine Einzelheiten wußten, waren sie besser vorsichtig. »Rina, ich werde dir einen Streifenwagen nach Hause schicken. Die Polizei soll draußen warten, bis ich kommen kann. Geh nicht an die Tür, und laß niemanden – und ich meine niemanden – herein, bis ich herausgefunden habe, was da los ist. Es könnte ein bißchen dauern, bis ich da bin. Wir haben gerade Dalia Yalom ausgegraben.«
»Peter, du brauchst doch nicht –«
»Ich will es so, okay?«
»Danke.« Rinas Stimme klang kläglich. »Ich habe Angst.«
»Ich weiß, mein Liebling. Ich bin im Nu da.«
»Ich liebe dich, Peter.«
»Ich dich auch.« Decker hielt inne. »Rina, weißt du, wo Honey ihren Wagen gemietet hat?«
»Ich glaube, von dem Verleih auf dem Foothill Boulevard. Tour-Time Rentals. Hört sich das ungefähr richtig an?«
»Völlig richtig. Bleib einfach, wo du bist. Halte die Türen verschlossen und mach niemandem auf. Ich muß jetzt ein paar Anrufe erledigen. Ich rufe dich in etwa fünfzehn Minuten wieder an.«
Er hängte das Mikro ein und rief die Außenstelle Foothill an. Tim Calais’ Einheit lag am nächsten zu seinem Haus. Er war gern bereit, einem ehemaligen Mitglied von Foothill auszuhelfen. Außerdem war Decker ziemlich sicher, daß Tim auch schon gehört hatte, wie schön Rina war. Nachdem er sich bei Calais bedankt hatte, unterbrach er die Leitung und rief die Zentrale, um sich mit Tour-Time Rentals verbinden zu lassen. Während er wartete, fiel Decker plötzlich auf, daß er draußen vor dem Auto stand. Er setzte sich hinters Lenkrad und klappte die Tür zu. Davidson kam zu
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