Decker & Lazarus 08 - Doch jeder toetet, was er liebt
sogar jünger. Auch eine Menge Make-up und Schmuck. Ich hab sie auf dem Straßenstrich am Sepulveda aufgegabelt. Ein anderes Mädchen, an das ich mich erinnere, war ebenfalls schwarz, achtzehn Jahre alt, hundertfünfzehn …«
»Hört sich an wie die Erste.« Decker hörte unvermittelt auf zu schreiben. »Chris, ich habe weder Zeit noch Lust, mich auf die Suche nach Prostituierten zu machen, die alle gleich aussehen.«
Whitman schlug mit dem Hinterkopf gegen die Wand. »Was, zum Teufel, wollen Sie von mir? Ich beschreibe sie, so gut ich kann.«
»Tut mir Leid, mein junge. Das ist nicht gut genug. Nenn mir einen Namen.«
Whitman richtete sich plötzlich im Sitzen auf. »Binden Sie mir die Hände los und geben Sie mir Ihren Stift. Ich zeichne sie Ihnen auf.«
Decker sah ihn an. »Du kannst sie aus der Erinnerung malen?«
»Kein Problem.«
Decker dachte einen Augenblick nach, dann klopfte er nach dem Wachmann. Ramirez machte die Tür auf. »Haben Sie genug, Sergeant?«
»Noch nicht. Machen Sie ihm bitte die Hände vorne fest. Ich möchte, dass er etwas für mich aufschreiben kann.«
Ramirez folgte der Aufforderung widerstrebend. Nachdem Whitman in eine kampfunfähige Position gebracht und der Wachmann gegangen war, schob Decker dem Teenager Block und Stift zu.
»Mach ja keine Zicken«, sagte Decker.
»Sie zu ärgern ist das Letzte, was mir einfiele.« Whitman saß mit angezogenen Beinen da, die Füße am Boden. Er legte sich Deckers Block auf die Beine, die Oberschenkel waren seine Staffelei. Dann nahm er den Stift auf und begann Striche aufs Papier zu werfen. »Mein Gott, ich glaub’’s nicht, dass ich das hier mache. Ich hab sie noch nicht mal angestochen.«
»Warum tust du’s dann?«, fragte Decker.
»Weil ich verrückt bin.« Whitman betrachtete seine Zeichnung und sagte mit spöttischem Unterton: »Weil ich nicht ganz richtig bin im Kopf.« Er zeichnete mit schnellen Bewegungen, dann schlug er das Blatt um. »Eine ist vorbei, da waren’s nur noch drei.«
»Ganz schön schnell.«
»Ich habe ein gutes Auge.«
»So schon. Aber ob du jemanden gesehen hast, als du das Grenada West End verlassen hast, daran kannst du dich nicht erinnern.«
»Es war ungefähr halb vier Uhr morgens, Decker. Die Leute haben sich in der Empfangshalle nicht gerade gegenseitig auf die Füße getreten.« Whitman hielt inne. »Wissen Sie, ich habe beim Gehen den Nachtportier gesehen, aber er mich nicht.«
»Weiter.«
»Da gibt es nichts mehr zu sagen.« Whitman schlug die nächste Seite auf. »Da waren’s nur noch zwei. Ich hab ihn aus der Entfernung gesehen. Er war im Hinterzimmer.«
»Du sagtest, du hast ein gutes Auge. Würdest du den Nachtportier wiedererkennen, wenn du ihn siehst?«
»Ich kannte den Nachtportier«, sagte Whitman. »Eine von Cheryls Nummern. Henry Trupp.«
»Was meinst du damit, eine von Cheryls Nummern?«, fragte Decker.
»Sie hatte einen Erwachsenen-Fanclub, wenn Sie wissen, was ich meine. Sie hat sich nicht gerade prostituiert … eher so eine Art Tauschhandel, eine Gefälligkeit für die andere … da gab es einen Lehrer, der ihr ein A gab, wenn sie ein F verdient hätte … den Automechaniker … den koreanischen Papa, wenn sie Lebensmittel brauchte … einen Cop, wenn sie mit Drogen erwischt wurde …«
»Einen Cop?«
»Hat sie gesagt.«
»Wer?«
»Sie hat nie einen Namen genannt.«
Das hörte Decker nicht zum ersten Mal. Anscheinend brüstete sich jede Nutte dieser Welt mit einem Bullen, den sie in der Tasche hatte. Es stimmte nur selten. »Hatte Cheryl ein Problem mit der Wahrheit?«
»Ja, sie log dauernd. Aber ich weiß, dass sie’s mit Trupp getrieben hat, wenn sie was für die Nacht brauchte … wenn sie mal wieder vor ihrer Alkoholiker-Mutter Reißaus nahm … und das war häufig. Wir haben die Zimmer an dem Abend umsonst bekommen, weil Cheryl Trupp am Tag davor besucht hat.«
»Du hast mir doch gesagt, du und Cheryl, ihr hättet praktisch nie miteinander gesprochen.«
»Sie hat geredet. Und manchmal hab ich sogar zugehört.«
»Wie sieht Trupp aus?«
»Haben Sie sich den Typ noch gar nicht vorgeknöpft?«
Trupp war immer noch nicht gefunden worden, aber das konnte Decker Whitman nicht sagen. Also sagte er gar nichts.
Whitman zog die Augenbrauen hoch. »Mittelalter Weißer mit Glatze und Bauch. Soll ich ihn zeichnen?«
Weißer. »Klar, mal ihn mir auf«, sagte Decker. »Konntest du sehen, was Trupp im Hinterzimmer gemacht hat?«
»Der hat in die Glotze geguckt …
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