Decker & Lazarus 08 - Doch jeder toetet, was er liebt
Chris dich geschickt, Terry?«
»Nein.« Sie schüttelte heftig den Kopf. »Ehrlich gesagt wäre er sehr böse auf mich, wenn er wüsste, dass ich hier bin. Sehen Sie, wenn er aus dem Gefängnis kommt, muss er zurück nach Hause und ein Mädchen heiraten, das er nicht liebt … oder auch nur mag. So eine arrangierte Geschichte mit seinem Onkel.«
Decker sagte: »Heißt das Mädchen vielleicht Benedetto mit Nachnamen?«
»Ja, aber es ist nicht Lorraine«, sagte Terry. »Es ist ihre ältere Schwester, die anscheinend fett und hässlich und dumm ist. Seine Strafe dafür, dass er sich nicht mit den Anwälten abgesprochen hat, bevor er der Polizei alles gestanden hat.«
»Chris muss sehr viel Vertrauen zu dir haben, um so offen mit dir über seine Familie zu reden«, meinte Decker.
»Natürlich vertraut er mir. Er liebt mich. Ich liebe ihn.«
Decker fragte beiläufig: »Und was hat er dir sonst noch von seinem Onkel erzählt?«
Terry zuckte die Achseln. »Nur dass Benedetto und sein Onkel Rivalen sind. Ich nehme an, die Mafia funktioniert so ähnlich wie Königreiche früher. Da wurden auch Ehen geschlossen, um den Frieden zu wahren. Jetzt verstehen Sie wohl, warum Chris nicht besonders scharf auf seine Entlassung ist.«
»Ich weiß nicht, Terry«, sagte Decker. »Das Gefängnis scheint mir doch eine seltsame Wahl als Zufluchtsort.«
»Aber im Gefängnis hat er mich … als Besuch.«
»Wie oft bist du bei ihm gewesen?«
»Nur einmal bisher. Aber es war wirklich intensiv.«
Decker sah dem Mädchen direkt ins Gesicht. »Intensiv?«
Sie sah zu Boden und nickte.
»Whitmans Onkel … Donatti hat für euch einen Besuch besonderer Art arrangiert?«
Sie nickte wieder.
»Ein eheliches Beisammensein?«
Sie sah fort, ihre Wangen leuchteten puterrot.
»Aha«, sagte Decker. »So verbringst du also deine Sommerferien.«
»Sie machen sich über mich lustig.«
»Keineswegs.« Decker setzte eine Sekunde aus. »Na ja, vielleicht ein bisschen. Tut mir Leid.«
Sie lächelte mit feuchten Augen.
Decker sagte sanft: »Terry, der Fall ist vor zwei Monaten abgeschlossen worden.«
»Kann ich Chris’ Akte einsehen?«
»Zunächst mal ist das nicht Chris’ Akte, sondern die Mordakte Diggs. Und zweitens, nein, du darfst sie nicht einsehen.«
»Chris’ Anwälte dürfen sie anschauen, ist es nicht so?«
»Du bist aber nicht Chris’ Anwalt.«
»Angenommen, ich hätte eine Vollmacht von Chris, dass ich seine Akten einsehen darf?«
»Aber die würde er dir nicht geben«, sagte Decker. »Weil er ja wirklich böse auf dich wäre, wenn er wüsste, dass du hier bist.«
»Ja, da haben Sie Recht.« Sie ließ sich im Stuhl zurücksinken. »Er würde das nie erlauben.«
Decker dachte einen Moment nach. Vielleicht war das Mädchen wirklich aus eigenem Antrieb gekommen.
Terry sagte: »Tja, dann werde ich den Fall wohl selber in die Hand nehmen müssen.«
»Tu dir keinen Zwang an.«
»Ich glaube nämlich, dass da draußen jemand herumläuft, der mit einem Mord davongekommen ist.«
»Hmh.«
»Stört Sie das nicht?«
»Kann ich nicht behaupten.«
»Sie glauben, dass Chris Cheryl umgebracht hat?«
»Ja.«
Sie sah aus wie getroffen, aber sie gab nicht auf. »Irgendwelche Tipps, wo ich mit meinen Ermittlungen anfangen sollte?«
Decker setzte sich auf. »Terry, jetzt reicht es.«
»Fragt man einfach nur herum oder wie geht man da vor?«
Decker ermahnte sich, ruhig zu bleiben. »Terry, wir haben das schon mal besprochen. Die Leute werden böse, wenn man seine Nase in Dinge steckt, die einen nichts angehen. Wenn du unbedingt Vergeltung für deinen Freund willst, nimm dir einen Privatdetektiv. Ich arbeite gern mit ihm zusammen. Was hältst du davon?«
»Ich kann mir keinen Privatdetektiv leisten.«
»Dann wende dich an Donatti. Der Mann hat mächtige Verbindungen.«
»Chris wäre wütend, wenn er herausbekäme, dass ich hinter seinem Rücken etwas unternommen habe. Sergeant, bitte helfen Sie mir!«
»Terry, ich bin nicht Whitmans Verteidiger. Ich bin sein Gegner.«
»Aber wir sind doch alle auf derselben Seite, oder? Auf der Seite von Recht und Wahrheit!«
»Du hast die amerikanische Weltanschauung vergessen.«
»Ich meine es ernst!«
Wieder wurden ihre Augen feucht – hell und glänzend wie regennasse Kieselsteine. Decker sagte: »Terry, ich weiß, dass das alles sehr schmerzhaft für dich ist. Und es tut mir sehr Leid. Aber ich kann dir dabei nicht helfen.«
Sie wischte sich die Tränen von den Wangen und nickte. »Ich
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