Decker & Lazarus 08 - Doch jeder toetet, was er liebt
überbringen.«
»Rina, ich liebe dich sehr. Bitte pass auf dich auf.«
»Pass du auf dich auf, mein Großer. Du bist der, der hier mit der Waffe herumläuft.«
Für die Anklage erschien Erica Berringer, Brandon Krost für die Verteidigung. Decker hatte bisher nur sehr wenig mit ihnen zu tun gehabt, weil sie beide relativ neu waren. Erica war Ende zwanzig mit Locken und großen Augen hinter einer runden Schildpattbrille. Sie trug ein graues Strickkostüm. Krost war ebenfalls Ende zwanzig und steckte in einem schlichten schwarzen Anzug. Er hatte dünnes blondes Haar, das neben Whitmans üppiger Goldmähne sogar noch durchscheinender aussah. Beide standen und trugen ihre Sache der Richterbank vor. Decker beobachtete Richterin Helen Strong von der Seite. Sie sah müde aus, unter ihren skeptischen grünen Augen zeichneten sich dunkle Ringe ab.
Berringers Stimme hatte einen schneidenden Ton angenommen. Keine gute Idee, sich seine Frustration anmerken zu lassen, dachte Decker. Aber wenigstens schien es der Vertreterin der Staatsanwaltschaft ernst zu sein.
»Euer Ehren«, sagte Erica, »wir reden hier von einem ganz besonders grauenvollen Verbrechen …«
»Euer Ehren, mein Mandant ist keines Verbrechens angeklagt worden«, konterte Krost.
»Euer Ehren, Mr. Whitman ist nur im weitesten Sinne Mr. Krosts Mandant. Der Verdächtige hat sich hartnäckig geweigert, mit den Beamten der Polizei zusammenzuarbeiten, auch nicht in Gegenwart eines gestellten Anwalts …«
»Mr. Whitman hat wiederholt geäußert, dass er voll und ganz kooperieren wird, sobald ihm die anwaltliche Vertretung zur Verfügung steht, die er für angemessen hält.«
»Wollen Sie dem Gericht damit sagen, Mr. Krost, dass Sie als unangemessene Vertretung erachtet werden?«, unterbrach ihn die Richterin.
Decker lächelte in sich hinein. Krost wurde rot. Strong verdrehte die Augen.
»Wir wollen die Sache nicht unnötig verkomplizieren, liebe Leute«, ließ sich die Richterin vernehmen. »Wie ich es verstehe, erwartet der Staat, dass dieses Gericht Mr. Whitman bis morgen Nachmittag um fünf Uhr festhält. Zu diesem Zeitpunkt sollen Mr. Whitman und seine Anwälte dann mit den Vertretern des Gesetzes zusammentreffen. Mr. Whitman beabsichtigt, alle Fragen vollständig zu beantworten, die sein persönlicher Berater für angemessen hält. Sind wir uns bis hierher einig?«
»Ja, Euer Ehren«, antwortete Mr. Krost.
»Frau Staatsanwältin?«
»Sicher, aber …«
»Da zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine offizielle Anklage erhoben wird, läuft unsere Sitzung auf eine schlichte Kautionsverhandlung hinaus«, fuhr die Richterin dazwischen. »Es geht einfach und allein darum, ob wir dem Beklagten trauen und ihn für die nächsten vierundzwanzig Stunden auf freien Fuß setzen können. Haben Sie etwas zu sagen, Ms. Berringer?«
Erica holte tief Luft. »Der Staat ist dabei, Beweise gegen Mr. Whitman zusammenzutragen. Da er beschlossen hat, eine widerspenstige Haltung einzunehmen, gehen wir von erhöhter Fluchtgefahr aus.«
»Euer Ehren«, konterte Krost. »Im Strafregister gibt es keinen Eintrag über Mr. Whitman. Es gibt keine Anhaltspunkte für eine erhöhte Fluchtgefahr. Diese Behauptung der Anklage ist nichts als ein Vorurteil …«
»Ein Vorurteil, Mr. Krost?«, unterbrach Richterin Strong. »Er wurde als möglicher Verdächtiger in einem Mordfall zur Vernehmung vorgeführt. Was ist daran voreingenommen?«
Krost sagte: »Die Staatsanwaltschaft nimmt nur deshalb erhöhte Fluchtgefahr an, weil er mit Joseph Donatti verwandt ist.«
Strong fixierte Krost mit den Augen. »Ihr Klient ist mit Joseph Donatti verwandt?«
»Ja, Euer Ehren«, sagte Krost. »Mr. Donatti ist Mr. Whitmans Vater.«
Decker spitzte die Ohren. Jetzt war Donatti auch noch zum Vater von Whitman erhoben worden. Vorher war er nur ein Onkel gewesen. Und fürs Finanzamt war er sein Vormund. Also, was denn nun? Decker beobachtete Strong, wie sie ihre Blicke über Whitmans Gesicht schweifen ließ.
Zu Erica sagte die Richterin: »Und was hat Mr. Donatti – wenn überhaupt – mit dem vorliegenden Fall zu tun?«
»Bisher nichts«, stammelte Erica, »aber Mr. Donattis Vergangenheit ist voller …«
»Joseph Donatti interessiert mich nicht, Frau Staatsanwältin«, schnitt Strong ihr das Wort ab. »Er steht hier nicht vor Gericht.«
Krost beeilte sich einzugreifen. »Euer Ehren, Mr. Whitman ist noch nie wegen irgendetwas belangt worden. Er hat noch nicht mal einen … einen
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