Decker & Lazarus 09 - Totengebet
meines Vaters.«
Decker schüttelte dem Anwalt die Hand. Der Mann hatte einen festen Griff und war gut zehn Zentimeter kleiner als Decker. Seine Haut verriet den Trinker, doch seine Augen blickten klar und scharf.
»Gibt’s was Neues, Lieutenant?«, fragte Waterson.
»Nichts, was der Erwähnung wert wäre.« Decker blieb genau wie Waterson stehen. »Sind Sie auch der Vermögensverwalter von Azor Sparks, Sir?«
Watersons Augen wurden schmal. »Ja, das ist richtig. Das bin ich.«
»Dann eröffnen Sie also das Testament«, sagte Decker. »Ein Testament muss ja vorhanden sein. Sparks hatte einen Familientrust gegründet. Und im Fall eines Treuhandvermögens existiert auch ein Testament.«
Watersons Blick schweifte zu den beiden Brüdern. Michael zuckte hilflos die Schultern, Pauls Miene verriet nichts. »Darf ich fragen, woher Sie diese vertrauliche Information haben?«, wollte Waterson wissen.
»Wir haben uns ein wenig umgehört. Nichts weiter.«
»Ja, Dad und Mom haben eine Familientreuhand errichtet«, warf Paul mit flatternden Lidern ein. »Und Dad hat ein Testament gemacht. Wir hoffen, dass es bald eröffnet werden kann. Je schneller desto besser, wenn Sie mich fragen. Erleichtert unserer Mutter alles Weitere. Dann hat sie Zugriff auf ihr Vermögen.«
Und Sie haben Zugriff auf eine Million Dollar. Sobald die Versicherung zahlt. Was lange dauern kann. Decker behielt diesen Gedanken für sich. »Nett von Ihnen, Hausbesuche zu machen«, wandte er sich an Waterson. »Waren Sie nur in der Gegend oder gehört das mit zu Ihren Kundenservice?«
»Azor Sparks war ein guter Freund. Ich bin es ihm schuldig, mich um Dolly zu kümmern.«
»Sie hat Kinder. Warum sollten Sie sich um sie kümmern müssen?«
Michael nickte heftig. Waterson sah ihn wütend an. Dann ging sein Blick zurück zu Decker. »Da ich vor vier Jahren meine geliebte Frau verloren habe, weiß ich, was Dolly jetzt durchmacht. Ich tue alles, um ihren Schmerz zu lindern.«
»Sehr anständig von Ihnen, Sir.«
»Dazu sind wir auf dieser Erde, Lieutenant«, erklärte Waterson. »Gott zu lieben und sich seiner Nächsten anzunehmen.«
Decker nickte ernst. »Ich habe vor ungefähr einer Stunde in Ihrer Kanzlei angerufen«, log er. »Sie waren leider nicht da.«
»Nein, war ich nicht.«
»Darf ich fragen, wo Sie gewesen sind?«
»Warum interessiert Sie das?«
»Bitte beantworten Sie einfach meine Frage, Sir.«
»Ich hatte eine Besprechung mit einem Klienten«, erwiderte Waterson steif. »Namen kann ich nicht nennen. Das fällt unter meine berufliche Schweigepflicht.«
»Dann machen Sie also tatsächlich Hausbesuche?«
»Ich verstehe nicht, was Sie das angehen sollte. Haben Sie was gegen mich?«
Decker sah ihm in die Augen. »Ich habe das nicht negativ gemeint. Dieser gute, altmodische Kundenservice hat mich nur erstaunt, Mr. Waterson.« Einträglicher Service, dachte Decker. Von Haus zu Haus berechnete er vermutlich zweihundert Dollar. »Bewundernswert in unserer Zeit.«
Waterson wusste mit dem Kompliment nichts anzufangen. »Danke«, sagte er schließlich.
»Gern geschehen. Führen Sie Ihre Kanzlei allein, Mr. Waterson?«
»Nein, ich habe Partner.«
»Aber es ist Ihre Firma?«
»Ja.«
»Vermögens- und Erbschaftsrecht?«
»Vorrangig. Aber wir machen alles.«
»Dann kennen Sie Jack Cohen?«
Watersons Mund wurde schmal. »Ja, tatsächlich. Guter Anwalt. Woher kennen Sie ihn?«
»Ich habe früher mal für ihn gearbeitet.«
Der Anwalt musterte ihn verwirrt. »Inwiefern?«
»Grundstücks- und Erbrecht.«
Waterson dachte angestrengt über Deckers Worte nach. »Sind Sie Jurist?«
»Ja, aber das war schon fast in einem anderen Leben. Ich bin hoffnungslos aus der Übung, aber an ein, zwei Dinge erinnere ich mich noch. Zum Beispiel an die Regelung, dass im Fall einer Treuhand das Testament nicht gerichtlich bestätigt werden muss. Was für Mrs. Sparks eine glückliche Fügung sein dürfte. Finanzielle Engpässe wären bei allem, was sie durchmacht, wirklich eine Zumutung.«
»Da haben Sie Recht. Ich kann Ihnen versichern, dass Dolly in diesen Dingen gut beraten ist.«
»Sieht ganz so aus.«
»Es sieht nicht nur so aus, Lieutenant.« Waterson streckte die Hand aus. »Ich muss gehen. War nett, Sie kennen zu lernen.«
Decker nahm die Hand des Anwalts. »Danke, Mr. Waterson. Könnte sein, dass ich noch Fragen an Sie habe. Haben Sie eine Visitenkarte bei sich?«
»Selbstverständlich.« Der Jurist reichte ihm eine Karte und schüttelte den
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