Decker & Lazarus 09 - Totengebet
das ist gut so«, fuhr Dana fort. »Findest du nicht auch, Paul?«
»Sogar sehr gut, Dana.«
»War das hämisch gemeint?«
»Ganz und gar nicht, Dana.« Sein Blick schweifte unstet umher. »Es ist prima, dass Luke arbeitet, beschäftigt ist. Wo ist Mom?«
»Michael hilft ihr, sich frisch zu machen.« Sie wandte sich an Decker: »Sie war heute noch gar nicht aus dem Bett gekommen. Sie ist sehr deprimiert.«
Decker nickte.
Dana rang nervös die Hände. »Weißt du, wann Bram kommen wollte? Er scheint so beruhigend auf sie zu wirken. Vielleicht sollte ich ihn anrufen.«
Paul blinzelte heftig. »Ich glaube, er ist im Augenblick ziemlich beschäftigt.«
»Zu beschäftigt, um seine Mutter zu besuchen?«
»Maggie hat gesagt, dass er heute Morgen hier gewesen ist. Er ist Priester, hat eine Gemeinde zu betreuen.«
»Ich bin sicher, dass seine Kirchenmitglieder verstehen …«
»Ia, natürlich … aber …«
»Ich finde, ich sollte ihn anrufen.«
Von oben kam eine energische Frauenstimme: »Dana, lass ihn in Ruhe! Er hat zu tun.«
Dana wurde dunkelrot. Durch zusammengebissene Zähne zischte sie: »Natürlich, Mutter.« Sie sah auf die Uhr. »Ich muss jetzt gehen«, sagte sie zu Decker.
»War nett, Sie kennen zu lernen.«
»Ja.« Sie drehte sich um und eilte aus der Tür, bevor ihre Schwiegermutter die Treppe heruntergekommen war.
Dolores, Dolly Sparks. Der Name passte nicht zu ihr. Sie war alles andere als ein hübsches Spielzeug. Sie war groß, grobknochig, stattlich, ernst. Kurzes graues Haar umrahmte ein eher grobes Gesicht. Ihre Augen, wenn auch rot umrandet, blickten hart und drohend. Decker konnte an ihr keine Spuren mehr der Betroffenheit entdecken, die er bemerkt hatte, als Michael ihr die schlechte Nachricht überbracht hatte. Sie trug einen schwarzen Kaftan und Pantoffeln.
Sie musterte Decker von Kopf bis Fuß. »Dieses Mädchen ist wirklich dreist. Zuerst versucht sie, Bram zu verführen, damit er sie heiratet. Mit knapper Not ist er sie schließlich losgeworden. Und was macht Luke? Er geht hin und heiratet sie. Reine Trotzreaktion. Für Luke anfänglich sicher befriedigend. Aber jetzt hat er sie, und sie jammert noch immer seinem Zwillingsbruder hinterher …«
»Warum setzt du dich nicht, Mutter«, sagte Paul. »Warum hörst du nicht auf, mir das Wort zu verbieten?«
Keiner sagte etwas.
Dollys Lippen begannen zu zittern. »Wo ist Bram?«
»Soll ich ihn anrufen, Mom?«, erbot sich Michael.
»Ja, bitte!« Sie barg das Gesicht in den Händen.
Paul nahm ihren Arm. »Setz dich, Mom.«
Diesmal gehorchte Dolly. Sie ließ es zu, dass man sie zur Couch führte. »Mom, das ist Lieutenant Decker«, stellte Paul vor. »Er leitet die polizeilichen Ermittlungen.«
Dolly wischte sich über die Augen und nickte.
Decker nickte ebenfalls. »Entschuldigen Sie, wenn ich Ihre Mittagsruhe gestört habe.«
»Welche Mittagsruhe? Dana hat mich nicht zur Ruhe kommen lassen, mir Psalmen vorgelesen, fromm getan. Sie sollte erst mal versuchen, pünktlich in die Kirche zu kommen. Wäre mal ein guter Anfang in Sachen Frömmigkeit.«
»Sie meinte es gut, Mom«, warf Paul ein.
»Vermutlich.« Dolly sah Decker an. »Wie kann ich Ihnen helfen, Mr. Decker?«
»Er ist Lieutenant, Mutter!«
»Egal«, wehrte Decker ab. »Sie können mir helfen, indem Sie meine Fragen beantworten.«
»Ich habe keine Ahnung, wer Azor das angetan hat«, erklärte Dolly. »Soviel ich weiß, hatte er keine Feinde.«
»Ich möchte gern mit was Grundsätzlicherem anfangen. Was glauben Sie, hat Ihr Mann hinter dem Tracadero’s gewollt?«
»Also das weiß ich wirklich nicht.«
Deckers Blick schweifte zu Paul, dann zur Witwe zurück. »Ich frage das nur ungern. Aber wäre es möglich, dass er dort eine Frau treffen wollte?«
Pauls Augenlider zuckten. Aber Dollys Miene blieb unbewegt. »Meinen Sie Dr. Fulton?«
»Nein, ich meine eine Geliebte«, entgegnete Decker.
Dolly blieb ungerührt. »Nein, das ist unmöglich. Ich weiß nicht viel über Azors Leben außerhalb der Familie, aber so viel weiß ich immerhin.«
»Gut. Wen könnte Ihr Mann dann getroffen haben?«
»Keine Ahnung.«
Decker nickte. »Was wissen Sie über die Wochenend-Freunde Ihres Mannes?«
»Er meint die Biker«, warf Paul ein.
»Die?« Sie zog eine Grimasse. »Das sind Untermenschen. Azor hat sie mal mit nach Hause gebracht. Röhrten durch die Straße wie eine Bande Rowdys. Ich habe mich geweigert, sie ins Haus zu lassen. Gestern hätte ich sie beinahe hinausgeworfen.
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