Decker & Lazarus 09 - Totengebet
eine unter hohen Bäumen gelegene Wohngegend einzubiegen.
»Fahr geradeaus weiter!«, forderte Martinez Webster auf.
»Warum?«
»Weil der ’Cuda in dieser ruhigen Gegend auffallen muss. Fahr an ihm vorbei.«
Webster lenkte den ’Cuda weiter geradeaus und beobachtete im Rückspiegel, wie der Lincoln nach links abbog. »Und jetzt?«
»Bieg bei der nächstbesten Gelegenheit links ab.«
Webster gehorchte. »Zurück?«
»Soll ich dir mal was sagen? Ich glaube, ich weiß, wo Waterson hin will.« Martinez öffnete das Handschuhfach und nahm einen Stadtplan heraus. »Wir sind ungefähr einen Kilometer von Sparks’ Haus entfernt. Fahr noch ungefähr … sechshundert Meter geradeaus. Dann biegst du nach rechts auf die Orchard und von dort nach links auf die Vine und wieder links auf den Alta Vista. Ich wette, dass wir dort dem Lincoln wieder begegnen.«
Webster zog die Augenbrauen hoch. »Bist du sicher, dass wir ihn jetzt entkommen lassen sollen?«
»Wäre viel zu auffällig, ihm zu folgen, Tom. Nach allem, was Sparks passiert ist, könnte er auf die Idee kommen, er sei der Nächste. Vertrau mir einfach.«
Sie fuhren einige Minuten in gespannter Stille weiter. Als sie sich Sparks’ Haus näherten, bremste Webster den ’Cuda ab und ließ die Blicke aufmerksam über die unmittelbare Nachbarschaft schweifen. Die Wohngegend bestand hauptsächlich aus großen dreistöckigen Häusern inmitten von riesigen Grundstücken. Holzbauweise mischte sich mit Steinbauten, aber alle Häuser waren mit Lehmziegeln im spanischen Stil gedeckt, was der Gegend eine gewisse Uniformität verlieh. Riesige Johannisbrotbäume beschatteten die Straßen. Die Bürgersteige waren nicht asphaltiert.
Für Webster eine durchaus schicke Gegend. Trotzdem wunderte es ihn, dass ein so reicher Mann wie Sparks dieses Viertel Beverly Hills und Malibu oder den preiswerteren Grundstücken in Granada Hills vorgezogen hatte.
Sparks’ Haus lag allein am Eingang einer Sackgasse. In der Auffahrt parkte Watersons Lincoln.
»Bert hat einen Punkt, Tom hat null Punkte.« Webster wendete den Wagen. »Und jetzt?«
Martinez griff sich das Handy und rief Decker an.
»Das ging ja schnell«, sagte Decker. »Wo seid ihr?«
»Vor Sparks’ Haus. Watersons Lincoln parkt in der Auffahrt. Sollen wir einen Besuch machen?«
»Nein. Fahrt ihr rüber zu den Garagen vom Abschleppdienst und nehmt Sparks’ Buick auseinander. Trotzdem … gute Arbeit, Jungs.«
»Was machen wir mit Waterson?«
»Ich bin heute um drei mit der Witwe verabredet. Ich schau einfach ein bisschen früher vorbei.«
Martinez sah auf die Uhr im Armaturenbrett. »Ein bisschen früher? Ist gerade mal zwölf, Chef.«
»Ach du liebe Zeit!«, seufzte Decker. »Da geht doch glatt meine Uhr vor.«
Michael öffnete die Tür und starrte Decker verblüfft an. Der junge Mann trug einen Pullover mit rundem Ausschnitt über einem vanillefarbenen Hemd, Khakihose und leichte Slipper. Er fummelte nervös an seinem Kragen herum und sah über die Schulter in die Halle zurück, als erwarte er von dort Rettung. »Ich dachte, Sie kämen später?«
»Entschuldigen Sie die Störung«, begann Decker. »Darf ich trotzdem reinkommen?«
Der Medizinstudent zögerte. »Meine Mutter fühlt sich gerade nicht gut.«
Decker blieb hartnäckig. »Tut mir wirklich Leid, wenn ich ungelegen komme.«
Michael fuhr sich durch das dichte, lockige Haar. Unsicherheit schien sein Markenzeichen zu sein. »Könnten Sie einen Moment warten?«
»Natürlich.«
Die Tür wurde geschlossen und eine Minute später wieder geöffnet. Mike hatte Verstärkung in der Person seines Bruders Paul geholt. Beide starrten Decker aus denselben, tiefblauen Augen an. Die Ähnlichkeit mit dem Vater war frappierend. Der Medizinstudent war nur schlanker, jünger und ohne das Augenzucken des Bruders.
»Meine Mutter ruht gerade«, erklärte Paul. »Wenn es wichtig ist, hole ich sie.«
»Je früher ich mit ihr sprechen kann, desto besser.«
Pauls Augenlider klapperten hektisch. »Dann ist es wichtig?«
»Haben Sie was rausgefunden? Was Entscheidendes?«, fragte Michael aufgeregt.
»Noch nicht. Leider. Darf ich reinkommen?«
Die Tür wurde weit geöffnet, und Decker trat ein. Auf der Couch im Wohnzimmer der Familie saß der Mann mit der rotgeäderten Nase. Er stand auf, und sah Paul fragend an.
»Darf ich vorstellen? Lieutenant Decker. Leiter der Ermittlungen im Mord an meinem Vater«, begann Paul. »Lieutenant, das ist William Waterson, der Anwalt
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