Decker & Lazarus 09 - Totengebet
Ihren Bruder rauszupauken.«
Luke starrte Decker wütend an. »Es ist mir schon klar, dass man einem Versager wie mir so viel Anständigkeit nicht zutraut. Trotzdem ist es die Wahrheit.«
»Also wenn ich auch nur einen Teil Ihrer Geschichte glauben soll, dann den über Ihren Bruder und Decameron. Und das bedeutet, dass Bram mehr als jeder andere Grund hatte, Decameron zum Schweigen zu bringen.«
»Nur war Bram nicht am Tatort. Die Beweise, die Sie gegen ihn in der Hand haben, sind Beweise gegen mich! Natürlich passen ihm die blutverschmierten Klamotten. Wir tragen dieselbe Konfektionsgröße. Und auch die Schuhe passen ihm. Wir haben nämlich auch dieselbe Schuhgröße. Vielleicht haben Sie sogar Blut als Beweismittel. Als ich diese Magazine aufgesammelt habe, hab ich mich mehrfach an Scherben geschnitten. Aber die im Labor haben nicht sein Blut. Sie haben mein Blut. Wir sind eineiige Zwillinge.«
Decker hoffte, dass seiner Miene nichts anzumerken war. Innerlich klopfte sein Herz zum Zerspringen. Er wartete einen Moment. »Wir haben noch andere Sachen.«
»Dann haben Sie also mein Goldkreuz mit Kette gefunden.«
Decker konnte sein Erstaunen nicht verbergen. Er sagte eine Weile nichts. »Wusste gar nicht, dass Sie so religiös sind«, bemerkte er schließlich.
»Bin ich auch nicht. Aber der Mensch ist ein Gewohnheitstier.« Lukes Blick schweifte zum Spiegel hinüber. »Wie geht’s euch dort hinten?«
»Luke …«
»Ich habe es wie Bram und Paul zur Konfirmation bekommen. Wir erhielten alle drei die gleichen Geschenke, einen Walkman und ein goldenes Kreuz, auf dessen Rückseite der Name Sparks eingraviert ist. Keine Initialen. Nur Sparks. Unsere Kreuze waren jederzeit austauschbar. Meine Eltern hielten nicht viel von Individualismus.«
Decker schwieg.
»Jedenfalls hatte meine Kette seit fahren einen defekten Verschluss. Bin nie dazu gekommen, ihn reparieren zu lassen. Vielleicht wollte ich das Ding insgeheim schon immer verlieren. Natürlich nicht neben einem Berg von Leichen. Aber die Wege Gottes sind verschlungen.«
»Und das soll ich glauben?«
»Heute Morgen, während ich geduscht habe«, fuhr Luke fort, »ist mir aufgefallen, dass meine Kette nicht mehr da war. Ich habe meine ganze Wohnung abgesucht und sie nicht gefunden. Mir war sofort klar, was passiert sein musste. Ich hatte sie in Decamerons Haus verloren. Und dann ging mir ein Licht auf, weshalb Sie Bram verhaftet hatten.«
Luke beugte sich über den Tisch.
»Wenn Bram etwas über seinem Hemd trägt, dann ein römisch-katholisches Kruzifix, ein großes Teil aus Silber mit Jesus am Kreuz. Aber unter dem Hemd trägt er sein Konfirmations-Kreuz. Sie haben ihn eingelocht, ihm also seine persönlichen Dinge abgenommen. Sehen Sie nach. Sicher finden Sie sein Kreuz in irgendeiner Tüte bei der Aufbewahrung. Warum sollte Bram zwei identische Kreuze tragen? Nicht mal er ist so fanatisch!«
Luke wurde allmählich ungeduldig.
»Mein Bruder hat Decameron nicht umgebracht. Er war nicht mal in der Nähe! Er war am Morgen bei meiner Mutter, nachmittags in seiner Kirche.«
Decker schwieg.
»Natürlich gibt es Lücken in seinem Alibi. Er könnte nach Reggies Anruf bei mir und vor seinem Besuch bei meiner Mutter bei Decameron gewesen sein. Aber das bedeutet, dass er dort um halb acht morgens angekommen sein muss.«
»Und?«
»Decameron war nicht allein. Er hatte einen anderen Kerl zu Besuch. Beide trugen Geschäftsanzüge. Wer zum Teufel hat um halb acht Uhr morgens eine geschäftliche Verabredung? Kein Mensch. Die beiden sind nämlich erst später ermordet worden. Macht doch Sinn, oder?«
Decker antwortete nicht. Ihm schwirrte der Kopf.
»Ich will Ihnen sagen, was keinen Sinn macht«, erklärte Luke. »Wenn Bram was mit dem Mord zu tun hätte, glauben Sie er hätte Pornohefte mit seinem Namen neben den Leichen liegen lassen? Jedem Arschloch muss doch klar sein, auf wen der Verdacht gefallen wäre, oder?«
Ein abgekartetes Spiel, dachte Decker automatisch. Wenn das stimmte, warum schwieg Bram so beharrlich? Decker starrte den Zwillingsbruder des Priesters an, versuchte Zeit zu schinden, Ordnung in seine Gedanken zu bringen. »Pornohefte herumliegen zu lassen, ist wahrlich nicht intelligent. Aber finden Sie es viel klüger, sich die Dinger unter eigenem Namen schicken zu lassen.«
Luke sagte im ersten Moment nichts. »Stimmt, das ist reichlich dämlich.«
»Diese Banderolen habe ich nie gesehen. Ich kann also nicht beurteilen, ob Sie mir einen
Weitere Kostenlose Bücher