Decker & Lazarus 10 - Der Schlange List
Department. Ich muß dringend mit Rhonda Klegg sprechen. Bitte nehmen Sie ab, wenn Sie zu Hause sind. Wenn Sie nicht abnehmen, bin ich gezwungen, Ihre Wohnung öffnen zu lassen. Es geht um Ihre Sicherheit. Wenn Sie also nicht … «
»Mir geht’s gut! Lassen Sie mich in Ruhe!«
Ende des Gesprächs. Offenbar also hatte sie die Nachrichten gesehen. Decker wählte erneut. Diesmal nahm sie sofort ab.
»Hören Sie … « Ihre Stimme klang ein wenig schleppend. »Ich meine es ernst. Ich will mit niemandem sprechen, auch nicht mit der Polizei.«
»Ich bin im Estelle«, sagte Decker. »Und zwar seit halb neun. Dreizehn Tote, mindestens einunddreißig Verletzte, Rhonda.«
»Das ist nicht meine Schuld!«
Sie brach in Schluchzen aus. Decker wartete ab, dann sagte er mit ruhiger Stimme: »Natürlich ist es nicht Ihre Schuld. Niemand wirft Ihnen etwas vor.«
»Warum rufen Sie mich dann an?«
»Ich wollte nur sichergehen, daß es Ihnen gut geht.«
»Mit fehlt nichts. Und nun lassen Sie mich in Ruhe!«
»Ich würde aber gern mit Ihnen reden, Rhonda.«
»Muß ich?«
»Nein.«
Schweigen.
Mit schleppender Stimme fragte sie schließlich: »Wie spät ist es denn?«
Decker schaute auf die Armbanduhr. »Halb zwei.«
Ein schwerer Seufzer. »Hat das bis morgen Zeit?«
»Ja. Ist irgend jemand bei Ihnen, Rhonda?«
»Nein.«
»Kann ich Ihnen jemand vorbeischicken?«
Sie seufzte wieder. »Nein. Lassen Sie mich einfach schlafen.«
»Haben Sie irgendwelche Schlafmittel genommen?«
»Ein paar Valium.«
»Weiter nichts?«
»Nein, weiter nichts. Was glauben Sie denn? Wie war gleich Ihr Name?«
»Lieutenant Decker, LAPD, Dienststelle Devonshire.«
»Vom LAPD?«
»Ja.«
»Wenn Sie von der Presse sind, verklage ich Sie.«
»Ich bin kein Reporter.«
»Mit Reportern rede ich nicht.«
»Gute Idee. Kann ich bei Ihnen vorbeikommen? Gegen … « Er schaute erneut auf die Uhr. Es war kurz nach halb zwei. Zeugen mußten noch vernommen und Leichen abtransportiert werden, von dem Papierkram ganz zu schweigen. Auf ihn wartete eine lange Nacht. »Wie wär’s mit acht Uhr morgen früh?«
»Okay.« Sie stockte. »Wenn Sie von der Presse sind … «
»Ich bin Peter Decker, Detective Lieutenant, LAPD, Dienststelle Devonshire.« Er gab ihr seine Dienstnummer. »Rufen Sie dort an!«
»Darauf können Sie sich verlassen.«
»Tun Sie das. Also dann um acht, Rhonda?«
»Gut. Auf Wiedersehen.«
Wenigstens hatte sie nicht »Fahr zur Hölle« gesagt.
5
Decker hatte mit dem Anrufbeantworter gerechnet, aber Rina nahm sofort ab. »Warum schläfst du nicht?« fragte er.
»Ich hab mir Sorgen gemacht. Gut, daß du anrufst.«
»Kein Grund zur Sorge, mir geht’s gut. Aber heut Nacht wird’s nichts mehr mit dem Nachhausekommen. Hast du dir vielleicht schon gedacht.«
»Kann ich irgendwas für dich tun?«
»Küß meine Kinder, sprich ein Gebet, was weiß ich.« Er klang erschöpft.
Sie sagte: »Ich liebe dich, Peter.«
»Ich dich auch.«
»Leg nicht auf.«
Beide schwiegen.
Dann sagte Rina: »Ich glaube, du mußt weiterarbeiten.«
Decker sah seine Frau vor sich, wie sie mit ihrem Haar spielte, sich eine lange schwarze Locke um den Finger wickelte, sah ihre sinnlichen Lippen … Er spürte ein wohliges Kribbeln zwischen den Beinen. Obszön, nach einem solchen Massaker an Sex zu denken. Aber seine Reaktion erschreckte ihn nicht. Nach einem Angriff … nach dem Bodycount … wie oft war er als erstes zu den Huren gegangen. Ein alter Mann im Körper eines Neunzehnjährigen. Erst beim Sex hatte er sich wieder lebendig gefühlt. »Ein paar Minuten habe ich Zeit«, sagte er. »Erzähl mir von den Kindern.«
»Sie lassen dich grüßen.«
»Haben sie die Nachrichten gesehen?«
»Die Jungs – ja natürlich.«
»Sind sie verstört?«
»Ehrlich gesagt, ja. Sie waren fassungslos. Du hast so … gequält ausgesehen. Kann ich nicht doch irgendwas für dich tun, Peter?«
»Fühlst du dich hilflos?«
»Ja.«
»Da geht’s dir wie uns. Nein, mach dir keine Sorgen um mich. Der Schock ist schon im Abklingen … dieselbe Betäubung wie damals im Krieg … «
»O mein Gott! Das muß ja schreckliche Erinnerungen in dir wachrufen.«
Decker stockte einen Moment. »Früher hatte ich Albträume, Rina. Am Morgen hab ich mich kaum noch erinnert, aber Jan sagte, es war ziemlich schlimm. Sie wollte es nie zugeben, aber ich glaube, sie hatte Angst vor mir. Vielleicht sollten wir ein paar Wochen getrennt schlafen … «
»Kommt nicht in Frage.« Rina
Weitere Kostenlose Bücher