Decker & Lazarus 10 - Der Schlange List
Stichwaffen hätten dienen können. Eine kleine Frau Mitte Dreißig mit kurzem dunklem Haar, lebhaften braunen Augen und gesunder Haut.
»Nein, das ist damit nicht gesagt«, erklärte Oliver. »Wir fragen nur, ob Sie oder andere Mitarbeiter von Ashman/Reynard vor diesem Gewaltverbrechen Kontakte zu Harlan Manz unterhalten haben.«
»Kontakte? Wo? Im Estelle?«
»Egal wo«, sagte Marge.
»Welche Art Kontakte meinen Sie? Oder wollen Sie wissen, ob ich ihn kannte? Die Antwort ist ja. Ein Draufgänger. Er hat dort an der Bar gearbeitet.«
»Im Estelle?« fragte Oliver beim Mitschreiben nach.
»Ja, im Estelle.« Brenda stützte die Ellbogen auf und zog die Stirn kraus. »Davon reden wir doch, oder?«
»Er hat auch im Greenvale Country Club an der Bar gearbeitet. Und Ihre Firma ist Mitglied dieses Clubs«, sagte Marge.
»Das weiß ich selbst.« Brenda wirkte verunsichert.
»Kennen Sie Harlan Manz auch vom Greenvale?« fragte Marge. »Es könnte sein, daß er sich dort Hart Mansfield nannte.«
Brenda atmete tief durch, dann kam sie langsam mit der Sprache heraus. »Ich … hab ein paar Tennisstunden bei ihm genommen.«
Marge versuchte ihre Überraschung zu verbergen. Das schien spannender zu werden als vermutet. Sie bremste erst einmal ab. »Erzählen Sie mir von ihm.«
»Was ist da zu erzählen?« Sie lachte, doch ihrem Lachen fehlte die Heiterkeit. »Der gute alte Hart, ein Charmeur eben. Er hat dort gearbeitet, vielleicht einen Sommer lang. Und plötzlich war er weg. Wie die meisten Angestellten dort. Eigentlich alle. Gut aussehend, aber ohne Hirn.«
Sie verstummte.
»Etwa ein Jahr später ging ich mit ein paar Klienten ins Estelle, und da traf ich ihn an der Bar. Ich hab ihn umarmt.« Sie schauderte unwillkürlich. »Es gruselt mich, wenn ich nur dran denke. Jedenfalls hab ich ihn dort ein paarmal gesehen. Dann war er weg. Sie kennen doch diese Sorte. Die bleiben nirgends lange.«
»Hatten Sie jemals eine Auseinandersetzung mit ihm?« fragte Oliver.
Brenda überlegte kurz. »Nicht, daß ich wüßte.«
»Könnte es sein, daß Sie ihn irgendwann einmal gekränkt haben?«
»Ich kränke öfter jemanden. Aber ihn im besonderen?« Sie zuckte die Schultern.
»Hat er Sie jemals angepumpt oder um einen Gefallen gebeten, und Sie haben abgelehnt?« fragte Oliver.
Sie zögerte. »Tatsächlich hat er mal angedeutet, daß er vorübergehend einen Job brauchte … bis zu seinem großen Durchbruch.« Sie lächelte sarkastisch. »Ich sagte ihm, er solle vorbeikommen. Wir können immer mal Aushilfen gebrauchen. Aber er hat sich nie gemeldet. Was mich nicht weiter überraschte.
Mindestens zwanzig Leuten hab ich so was angeboten, und kein einziger wollte wirklich arbeiten.«
Brenda stand auf, trat ans Fenster und ließ den Blick wandern. »Versager, alle miteinander. Immer kurz vorm großen Durchbruch. Klüger werden die dabei nie, nur älter, und dann rücken die hoffnungsvollen Jungstars nach. Es ist immer dasselbe. Die Konkurrenz ist hart.«
Im Raum war es still.
»Sie haben also Tennisstunden bei ihm genommen«, sagte Marge.
»Ein paar. Er war nur eine Aushilfe. Aber kein schlechter Spieler. Kräftige Beine. Wer hätte gedacht … «
»Hat er Ihnen jemals Avancen gemacht?« fragte Marge.
»Mir?« Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Wenn ich mich recht erinnere, hat er sich an die älteren Jahrgänge gehalten – über fünfzig und mit dickem Bankkonto. Außerdem war er hinter den Püppchen her. Ich bin weder das eine noch das andere, vor mir hatte er eher Angst. Zu unabhängig, zu erfolgreich.«
»Hat er es je bei Wendy Culligan probiert?«
»Das weiß ich nicht. Fragen Sie Wendy.«
»Hab ich schon getan«, sagte Marge. »Sie sagt nein, aber ich weiß nicht, ob ich ihr glauben soll. Ich habe mich zurückgehalten, weil sie noch nicht auf dem Posten ist. Aber ich frage Sie, Ms. Miller: Hat Harlan Manz sich je an Wendy Culligan herangemacht?«
Oliver blickte Marge fragend an. Daß es eine Verbindung zwischen Wendy und Harlan Manz geben sollte, war ihm neu. Marge warf ihm einen schnellen Blick zu, und er begriff, daß die Frage nur ein Versuchsballon war.
Brenda wich aus. »Wenn Wendy nein sagt, dann stimmt das auch.«
Marge wartete. »Sind Sie auch ganz aufrichtig zu mir, Ms. Miller?«
Brenda schaute sie an, wurde streng. »Hören Sie. Das arme Mädchen hat ein schweres Trauma durchgemacht … in drei Tagen vier Pfund abgenommen. Sie ißt nicht, schläft nicht, kann nicht arbeiten. Ich hab sie bekniet, zum
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