Decker & Lazarus 10 - Der Schlange List
Anglertrophäen. Adelaide sah, daß Martinez die glänzenden Goldpokale bestaunte, sie nahm einen heraus und wog ihn in der Hand.
»Ja, der Walter. In seinen besten Jahren war er ein richtiger Ismael. Als er zu alt wurde, um Barracudas zu angeln, hat er sich die kleinen Mädchen gefischt.« Sie zwinkerte. »Was kein großer Unterschied war. Ich bin sicher, wenn es nach Walt gegangen wäre, hätte er sich auch seine Flittchen an die Wand genagelt. Für ihn war es nur eine andere Art von Fischerei. Und viel billiger, soviel ist sicher.«
»Wieso billiger?« fragte Martinez.
»Sie haben wohl noch nie ein Fischerboot gemietet?«
»Nein, Madam.«
»Alles kostet: das Boot, der Kapitän, die Fahrt, die Ausrüstung, die Vorräte und so weiter. Verglichen damit sind die Flittchen billig wie im Ausverkauf.«
Ein tiefer Seufzer.
»Haben Sie genug gesehen, Detective? Ich schon.«
»Ich richte mich nach Ihnen, Madam.«
»Ich zeige Ihnen gern noch die hinteren Zimmer. Aber für mich ist der Weg ein bißchen weit, und viel gibt es nicht zu sehen.«
»Machen Sie sich nicht die Mühe.«
»Dort ist nur mein Schlafzimmer, Walters Schlafzimmer und ein Gästezimmer für unsere Tochter, den Schwiegersohn oder die Enkel. Von denen hab ich drei.« Ihre Miene hellte sich auf. »Und neuerdings noch einen Urenkel dazu. Ein Mädchen. Ashley.«
»Wie schön.«
»Oh, sie ist ja so ein Schatz!« Ihr Blick wurde sehnsuchtsvoll, eine Träne rollte. »Walter hat sie vergöttert. Er war so ein begeisterter Großvater. Ein guter Vater auch. Und ein anständiger Ehemann. Ich glaube … « Sie schaute zur Decke. »Ich glaube, er wollte nur nicht zum alten Eisen gehören. Kommen Sie, ich zeige Ihnen mein Wohnzimmer.«
Sie machte kehrt und führte ihn in einen großen Raum, der vielleicht einmal als Speisezimmer gedient hatte. Das war ihr Reich. Stofftapeten und altmodische Landschaftsgemälde, Plüschsofas mit Spitzenüberwürfen und Satinkissen, dick gepolsterte Stühle, mehrere Teetischchen mit Spitzendecken. Dazu plissierte und fransenverzierte Lampenschirme, Silberrähmchen, Nippes und zimtduftende Kräuterschalen, die wahrscheinlich den Mistgestank von draußen überdecken sollten.
»Ist es Ihnen recht, wenn wir hier reden?« fragte Adelaide und setzte sich.
»Ja, natürlich.« Martinez stand da und hielt nach einer Sitzgelegenheit Ausschau.
»Setzen Sie sich auf das Sofa dort.« Adelaide streckte ihren knochigen Zeigefinger aus. »Das ist ganz stabil. Es hat drei hüpfende und springende Enkel ausgehalten.«
Martinez versank zwischen den Sofakissen und mußte sich vorbeugen, um Halt zu finden. »Das ist aber weich!«
»Ja, es hängt ein bißchen durch. Was die Kinder nicht geschafft haben, hat die Schwerkraft erledigt. Wie unhöflich von mir! Kann ich Ihnen Tee anbieten?«
Sie nahm ein Glöckchen vom Tisch und klingelte laut und ungeduldig. Nach einer Minute trat eine magere junge Frau ein. Sie trug weiße Schwesterntracht mit Haube. »Ja, Mrs. Skinner?«
»Zwei Tassen Tee, Nicky. Und bring auch die Kekse. Aber die guten. Die Butterkekse.«
Nicky drehte sich um und verschwand.
Adelaide grinste. »Ist das nicht lustig? Wie in Arsen und Spitzenhäubchen.«
Martinez lächelte nervös. »Hoffentlich nicht zu sehr.«
Adelaide stutzte, dann lachte sie. »Nein, nein, nein. Das hieße die Dinge zu weit treiben.«
Beide schwiegen.
»Glauben Sie mir, ich bedaure Ihren schweren Verlust«, sagte Martinez schließlich.
»Ich auch«, erwiderte sie, und ihre Augen wurden wieder feucht. »Ich hab Walter geliebt. Meine Bitterkeit ist nur äußerlich. Vielleicht denke ich deshalb an die schlechten Zeiten, damit ich die guten nicht so sehr vermisse.« Ihre Lippen zitterten. »Mit allen seinen Schwächen. Ich hab ihn geliebt.«
Martinez räusperte sich. »Der Mann, der Ihrem Gatten das angetan hat … und allen Opfern … «
»Harlan Manz.« Ihr Gesicht wurde hart. »Wer ist dieser … dieser …?«
»Das wollen wir gerade herausbekommen.« Martinez zückte ein Foto. »Ich weiß, es ist eine Zumutung für Sie. Aber könnten Sie einen Blick auf sein Foto werfen?«
»Wozu?«
»Ich würde gern wissen, ob er Ihnen bekannt vorkommt.«
Martinez hielt ihr das Bild hin. Sie nahm es und brachte es langsam auf Sichtweite. »Warum sollte er mir bekannt vorkommen?« Sie blickte auf und sah die Schwester mit dem Tablett kommen. »Ah, Nicky mit dem Tee. Welche Sorte hast du denn genommen, meine Kleine?«
»Kamillentee. Passen Sie auf, er ist sehr
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