Decker & Lazarus 10 - Der Schlange List
Zielradar wieder auf Decker. »Wo haben Sie das gehört?«
Er überging ihre Frage. »Wie lange spielen Sie schon?«
»Sehr lange.«
»Spielen Sie lieber Rasen oder Sand?«
»Ich spiele nur auf Sand.«
»Klar. Auf dem Rasen bleibt zu viel dem Zufall überlassen, das Können kommt weniger zum Tragen.«
»Versuchen Sie mich zu beeindrucken, Lieutenant?«
Decker grinste spitzbübisch. »Schon möglich.«
Jeanine senkte den Blick, zückte ein Taschentuch und tupfte sich die trockenen Augen. »Spielen Sie auch Tennis, Lieutenant?«
»Nicht mehr allzu oft. Ich werde wohl alt. Man muß in Form sein dafür.«
Jeanine taxierte ihn von oben bis unten. »Sie sind kräftig. Gut gebaut. Wenn Sie zehn Pfund abnehmen würden, wären Sie natürlich beweglicher.«
»Da haben Sie sicher recht.«
»Na ja, wir kämpfen alle gegen die Pfunde.«
War das ein Versuch, ihm ein Kompliment zu entlocken? Diese Frau hatte wirklich kein Gramm zu viel – dünn wie Zellophanpapier. Ein aufreizendes Lächeln mit perfektem Gebiß … wie auf dem Zeitungsfoto. Es wurde heiß in ihrem Büro. Ohne den Blick von ihm abzuwenden, fragte sie: »Machen Sie auch Wohltätigkeitsspiele?«
»Was sind Wohltätigkeitsspiele?«
»Turniere für wohltätige Zwecke. Besonders Tennis.«
»Dafür bin ich nicht gut genug.«
»Polizeitennis … Hat das LAPD überhaupt ein Tennisteam?«
»Ich glaube schon.«
»Wir sollten etwas organisieren … für wohltätige Zwecke. Polizei gegen Feuerwehr. Wie wäre das? Die Erträge könnten in den Bau eines Gemeindezentrums fließen. Oder in den Ausbau des Zentrums, das wir schon haben.«
»Klingt großartig.«
»Ich könnte dafür sorgen, daß die Presse mitzieht, und die Übertragung im Kabelfernsehen sichern. Ich stell was auf die Beine. Dafür bin ich bekannt.«
»Ich bin heute ein bißchen schwer von Begriff«, sagte Decker. »Was genau machen Sie eigentlich?«
Jeanine wurde ungeduldig, aber nicht feindselig. »Ich organisiere Events für wohltätige Zwecke. Früherwaren es Partys, jetzt konzentriere ich mich auf Tennisturniere. Das lockt die richtigen Leute an.«
»Die richtigen Leute?«
Jeanine lächelte. »Die Reichen.«
»Aha.«
»Die sich Spenden leisten können. Tennis ist der Sport für die gehobenen Schichten. Also fließt mehr Geld. Viele zahlen, um eine gute Figur zu machen. Ob sie sich’s leisten können oder nicht.«
Decker schien zu überlegen. »Und Sie … bekommen für Ihre Arbeit einen Anteil an den Einnahmen.«
»Aber nein!« Jeanine war entrüstet. »Der ganze Gewinn geht an die Wohlfahrt. Ich bekomme nur die Kosten erstattet … für die Miete oder das Buffet … je nachdem. Das Ganze nennt sich Philanthropie – eine vergessene Tugend.« Sie seufzte. »Mein Vater war ein großer Philanthrop. Aber er hatte zu wenig Zeit, seine guten Absichten in die Tat umzusetzen. Das war dann meine Aufgabe. Ich hab alles organisiert.«
»Aber Ihr Vater finanziert doch das … «
»Über seinen Wohltätigkeitsfonds, der alle Unkosten trägt und die Gehälter zahlt, auch meins. Und das ist sehr großzügig. Mein Vater war ein äußerst großzügiger … «
Wieder senkte sie den Kopf und tupfte sich die Augen mit dem Taschentuch. »Entschuldigen Sie bitte.«
»Ms. Garrison, es tut mir leid, daß ich Wunden aufreiße … «
»Ich weiß. Sie tun nur Ihre Pflicht.« Sie blickte wieder auf. »Sie waren doch derjenige im Fernsehen, der das mit dem schlimmsten Albtraum gesagt hat.« Ihr Blick wurde feierlich. »Das war so … einfühlsam ausgedrückt.«
»Danke!«
Noch immer ernst fuhr sie fort. »Also … wollen wir etwas auf die Beine stellen? Der Welt zeigen, daß die Überlebenden dieser schrecklichen Katastrophe keinerlei Animositäten gegen das LAPD hegen?«
Decker staunte. Von der trauernden Tochter zur Event-Managerin in Sekundenschnelle. »Ich werde das mit meinem Vorgesetzten bereden«, sagte er.
»Ich rufe ihn an, wenn Sie möchten.«
»Warum nicht? Die Nummer kann ich Ihnen gleich …«
»Oh, ich hab seine Nummern.« Sie zeigte auf ihr elektronisches Adreßbuch. »Ich bin schon eine Weile im Geschäft und hab eine Menge Kontakte.«
»Und wie lange hatten Sie Tennisunterricht im Greenvale?« fragte Decker beiläufig.
»Jahrelang«, antwortete sie. »Ich hab zwar Talent, aber es reichte nicht aus. Im Profitennis stößt man schnell an seine Grenzen. Statt mich lange zu quälen, habe ich meine Energien auf das Finanzielle konzentriert. Und darin, mein Freund, bin ich Spitze.
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