Decker & Lazarus 11 - Der wird Euch mit Feuer taufen

und Spiritualität weiter zu verfolgen.«
    »Noble Ziele.«
    »Eines noblen Mannes.«
    »Eine Frage noch«, sagte Marge. »Pluto kam in Ihr Zimmer, um Ihnen die Nachricht zu überbringen.«
    »Das stimmt.«
    »Erinnern Sie sich an die Uhrzeit?«
    »Etwa eine halbe Stunde später. Also war es vielleicht halb sechs. Aber ich habe nicht auf die Uhr geschaut.«
    »Das ist verständlich. Soweit Sie sich erinnern, kam Pluto gegen halb sechs in Ihr Zimmer und sagte Ihnen, was passiert war?«
    »So war es wohl.« Sie verbarg das Gesicht in den Händen und sah dann auf. »Es geschah alles so schnell … war so surreal. Ich kann es immer noch nicht glauben … ich wusste, dass etwas mit ihm nicht stimmte, aber …«
    »Was stimmte nicht mit ihm?«, fragte Marge.
    »Er war nicht direkt krank, aber er wirkte … erschöpft. Seit sechs Monaten war er nicht mehr in seiner üblichen Hochstimmung. Und er hielt sich oft den Kopf – als hätte er starke Kopfschmerzen. Ich war besorgt. Aber als ich ihn darauf ansprach, tat er es mit einem Schulterzucken ab und versicherte mir, alles sei in Ordnung. Es sei Teil des Prozesses.«
    »Welcher Prozess?«
    Venus betrachtete Marge. »Wenn ich es Ihnen sagte, würden Sie nur verächtlich schnauben. Wie alle Verleumder.«
    »Lassen Sie’s drauf ankommen.«
    Wieder zögerte Venus. Dann sagte sie: »Teil des Kommunikationsprozesses mit dem Jenseits. Vater Jupiter wusste, dass seinem Körper die Lebensenergie entzogen wurde, weil er ernsthaft Kontakt mit den Mächten aufgenommen hatte.«
    Es wurde still im Raum.
    »Sie würden es nicht verstehen. Sie können es nicht verstehen«, sagte Venus schließlich.
    Marge bemühte sich, nicht allzu skeptisch zu klingen. »Welche Mächte?«
    Venus winkte ab.
    »Bitte. Ich möchte es verstehen, Venus. Mit wem hatte Jupiter Kontakt?« Vielleicht bedrohte ihn jemand. »Sagen Sie es mir.« Ganz ruhig bleiben, Dunn. »Waren es Menschen? Oder Außerirdische?«
    Marge kam es so vor, als würde Venus ihre Aufrichtigkeit einschätzen. Schließlich sagte die verführerische Frau: »Keine Außerirdischen, wie Sie sie sich vorstellen – kleine piepende Wesen mit fünf Augen und Antennen.«
    Ihre Stimme wurde eindringlich.
    »Seit etwa sechs Monaten empfing Jupiter Signale … elektromagnetische Wellen, die seiner Ansicht nach aus einem Alternativuniversum kamen. Er fand es vor allen Dingen deswegen erregend, weil diese Signale nichts mit der klassischen Hintergrundstrahlung des Urknalls zu tun hatten. Sie wissen schon … Materie, die bei der Entstehung des Universums hinausgeschleudert wurde. Die Signale schienen einem Muster zu folgen. Wie er das erkennen konnte, weiß ich nicht. Aber genau das war es, was Jupiter ausmachte. Nur ein Mann mit seinem Verständnis konnte solche Dinge interpretieren.«
    Marge klopfte leise auf ihren Notizblock. »Er war ein brillanter Mann.«
    Venus’ Gesicht nahm einen leicht verächtlichen Zug an. »Eine Untertreibung, Detective.«
    Marge ignorierte den herablassenden Ton. »Erzählen Sie mir von diesen Signalen, Venus.«
    Die junge Frau lächelte geduldig. Alles in allem wirkte Venus durchaus kooperativ. »Jupiter sagte, es wären Signale von weit entfernten Galaxien – viele, viele Lichtjahre entfernt. So weit weg, dass sie von der ursprünglichen Entstehung der Materie stammen könnten. Als das Universum noch zehn Dimensionen hatte statt vier. Sie kennen die vier Dimensionen, nicht wahr – Länge, Breite, Tiefe und die Zeit als Raumfunktion. Raum-Zeit. Einsteinsche Zeit. Kennen Sie Einsteins spezielle Relativitätstheorie? E = mc 2 ?«
    »Ich war nicht sonderlich gut in Naturwissenschaften«, sagte Marge. »Vielleicht könnten Sie die Gleichungen überspringen und mir die Signale in mehr laienhaften Begriffen erklären?«
    Der weibliche Guru schien erleichtert und fuhr fort: »Laut Jupiter gibt es andere Universen, so genannte Paralleluniversen zu unserem eigenen. Man erreicht sie durch die Schwarzen Löcher. Nur kann man leider nicht wieder zurück, wenn man einmal den Ereignishorizont erreicht hat. Selbst wenn Jupiters Raumfahrttheorien schließlich Anerkennung finden und bewiesen wird, dass die Zeit multidirektional ist, gibt es bei einer Reise durch die Schwarzen Löcher keine Rückkehr. Niemand kann zurückkommen und uns davon berichten.«
    Schweigen senkte sich über den Raum. Marge warf einen Blick auf ihre Notizen – Schwarze Löcher, zehn Dimensionen, multidirektionale Zeit. Sie kapierte nichts mehr, aber wozu auch?