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Decker & Lazarus - 18 - Missgunst

Decker & Lazarus - 18 - Missgunst

Titel: Decker & Lazarus - 18 - Missgunst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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essen?«
    »Nein, ich glaube nicht«, antwortete Hannah. »Wird Abba das schaffen?«
    »Er war bei deinen letzten beiden Auftritten dabei, also bin ich mir sicher, dass er kommen wird …« Sie dachte an die morgendlichen Schlagzeilen. »Außer es passiert etwas Furchtbares.«
    »So etwas Furchtbares wie ein Mord?«
    »Ein Mord ist ziemlich furchtbar.«
    »Nicht wirklich. Welchen Unterschied macht das schon? Die Person ist doch tot.«
    Es war mehr als offensichtlich, dass Hannah in ihrer eigenen narzisstischen Welt lebte. Es hatte überhaut keinen Sinn, mit ihr zu argumentieren. Rina wechselte stattdessen lieber auf einen Oldie-Radiosender. Die Beatles sangen etwas über acht Tage die Woche.
    »Ich liebe diesen Song!« Hannah drehte die Lautstärke auf und lehnte sich zufrieden zurück, aß ihren Bagel und summte die Melodie mit, während sie mit den Füßen den Takt schlug.
    Jeglicher Groll auf ihren Vater hatte sich in Luft aufgelöst.
    Manchmal war die Aufmerksamkeitsspanne einer Stechmücke eine gute Sache.
     
    Beim Betreten des Gerichtssaals war er froh, am Morgen besonders viel Zeit auf die Überprüfung verwendet zu haben, dass seine Krawatte sorgfältig gebunden und sein Hemd richtig gestärkt war. Mit geraden Schultern und einem schwungvollen Gang gehörte ihm die Welt.
    Er hatte eine Begabung.
    Gleich einem Komponisten mit absolutem Gehör, besaß er etwas, das er den absoluten Klang nannte. Er konnte nicht nur Wörter übersetzen und Gesprochenes dechiffrieren – die Mindestanforderungen für seine Arbeit –, sondern auch Nuancen entschlüsseln und so alles über den Hintergrund einer Person erfahren, oft schon nach ein paar Sätzen. Er konnte sagen, wo die Person aufgewachsen war, wo die Eltern der Person aufgewachsen waren und wo die Person zur Zeit wohnte.
    Selbstverständlich konnte er auch so einfache Dinge wie Rasse und Ethnie erkennen – aber wer unter den Lebenden schoss sich dabei zugleich, im selben Atemzug, auf Klassenzugehörigkeit und Bildungsniveau ein? Wie viele Menschen konnten so herausfinden, ob jemand glücklich oder unglücklich war – übrigens keine große Sache –, sondern außerdem noch, ob er oder sie zornig, verärgert, eifersüchtig, genervt, wehmütig, rührselig, rücksichtsvoll, bestimmt, fleißig oder faul war? Und nicht durch das, was sie sagten, sondern wie sie es sagten? Er konnte fast identische regionale amerikanische Dialekte auseinanderhalten, und er hatte sogar ein magisches Ohr für internationale Akzente.
    In seiner Welt bestand keine Notwendigkeit für Bildmaterial. Das Auge war ein trügerisches Ding. Ihm war eine irdische Gabe zuteil geworden, die nicht an so banale Dinge wie Gesellschaftsspiele verschwendet werden durfte.
    Sag uns, welcher Akzent das ist.
    Die meisten Leute waren einfach nur Arschlöcher.
    Sein Smartphone summte. Er angelte es aus seiner Tasche und drückte einen abgewetzten Knopf. Die Maschine las die Textnachricht mit einer abgehackten, metallischen Stimme vor: »Mittagessen wie immer.« Er schaltete das kleine tragbare Spielzeug ab und verstaute es wieder in seiner Tasche. Mittagessen wie immer bedeutete: Treffpunkt halb eins in der Sushi Bar in Little Tokyo, mit Dana.
    Der Tag entwickelte sich bestens. Als er seinen Platz auf der Bank einnahm, rückte er seine Designer-Sonnenbrille zurecht, drehte sein Gesicht in Richtung der Geschworenenbänke und schenkte den braven Bürgern von Los Angeles ein blendendes Lächeln mit perfekt ausgerichteten weißen Zähnen.
    Die Show konnte beginnen!
     
    Nachdem ihnen der Richter eingeschärft hatte, nicht über den Fall zu reden, verließ die Jury den Gerichtssaal. Die Frau vor Rina hieß Kate, und das war auch schon alles, was sie über sie wusste. Sie war um die dreißig und sah verhärmt aus, mit kurz geschnittenem Haar und riesigen Kreolen, die an ihren Ohrläppchen baumelten. Sie wandte sich Rina zu und sagte: »Ally, Ryan und Joy gehen ins Einkaufszentrum. Willst du mit uns Mittag essen?«
    »Ich habe ein Lunchpaket dabei, aber ich leiste euch gerne Gesellschaft. Nichts wie raus aus diesem Gebäude.«
    »Stimmt, man fragt sich, wer hier eigentlich im Gefängnis sitzt.« Kate lächelte. »Ich gehe noch auf die Toilette, während Ryan und Ally ein paar Anrufe erledigen. Wir treffen uns dann in ungefähr zehn Minuten draußen am Eingang.«
    »Klingt gut.« Als Rina eine der Glastüren des Gerichtsgebäudes aufdrückte, flutete ihr die Hitze wie aus einem Backofen ins Gesicht, und der

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