Decker & Lazarus - 18 - Missgunst
Zeitangabe und Datum. Die Liste der Mordnacht fehlt, aber das macht nichts. Brady hat den Dienstplan, wer wann eingeteilt war. Wir wissen, wer ermordet wurde, und wir wissen, wer vermisst wird.«
»Kein besonders tolles Kontrollsystem, diese Listen.«
»Du sagst es. Eine Einladung zum Fälschen, aber es hat wohl einige Jahre ganz gut funktioniert. Brady versicherte mir, er habe die Schlüsselkarten sehr gewissenhaft gezählt, und es sei nahezu unmöglich, sie nachzumachen. Aus dem Schließfach fehlen keine, allerdings sind natürlich zwei Schlüsselkarten verschwunden, wahrscheinlich durch die vermissten Wachleute.«
»Was für eine Art zu leben«, sagte Decker, »exklusiv, das schon, aber es hat seinen Preis.«
»Schon wahr«, meinte Oliver. »Coyote Ranch ist wie eine kalifornische Ausgabe von Versailles. Und wir alle wissen doch, wie es mit Marie-Antoinette ausging.«
Der zweite Tag der Zeugenaussagen bot dasselbe Bild in Grün.
Noch mehr vergessliche Menschen, noch mehr von Sonnenbrillen-Toms bombiger Schauspielkunst beim Übersetzen. Während die stellvertretende Staatsanwältin durch ihre Kleidung Professionalität verströmte – Nadelstreifenkostüm, weißes Hemd, dezente Pumps –, machte der Verteidiger mit seinen hängenden Schultern und zurückgekämmten, widerspenstigen grauen Haaren einen vertrottelten Eindruck. Sein Sakko hatte zu kurze Ärmel, war aber zu weit für seine hagere Gestalt. Der springende Punkt seiner Verteidigung war, dass die Polizisten nicht wirklich sehen konnten, wer wen geschlagen hatte, und dass deshalb sein Klient freigesprochen werden sollte.
Die Staatsanwältin nahm den jüngeren der beiden Beamten ins Kreuzverhör, und obwohl der Uniformierte nicht zu den Hellsten gehörte, wirkte er wenigstens glaubwürdig. Der Beamte hatte gesehen, wie der Angeklagte dem Kläger ins Gesicht schlug. So einfach stellte sich das Ganze dar. Nach Rinas Meinung bedeutete das gesamte Verfahren zwar nicht gleich die totale Zeitverschwendung der Juroren, aber es war ziemlich klar, dass ihre Zeit nicht sehr sinnvoll verwendet wurde. Niemand legte Beschwerde ein, als die Verhandlung für das Mittagessen unterbrochen wurde.
Ryan hatte sich mit einem Freund zum Essen verabredet, also waren die Frauen diesmal allein. In der Hoffnung, das Gespräch von den Kaffey-Morden abzulenken, hatte Rina mehrere Sandwiches aus selbst gebackenem Hefebrot mitgebracht und versuchte nun die meiste Zeit über, den Frauen das Rezept für Challa weiterzugeben.
»Ich dachte, Challa müsste als Zopf gebacken werden«, sagte Joy.
»Offensichtlich nicht, da wir quadratische Stücke essen«, erwiderte Kate. »Wow, das ist wahnsinnig lecker. Ich liebe die Oliven und luftgetrockneten Tomaten. Passt prima zur Salami.«
»Danke«, sagte Rina, »und um deine Frage zu beantworten, Joy, nein, es muss nicht als Zopf gebacken werden, obwohl der Hefezopf traditionell am Freitagabend gegessen wird. Nach dem Jüdischen Neujahrstag, während des Laubhüttenfestes Sukkoth, wird der Teig rund gebacken. Und es gibt noch eine Challa zum Abbrechen, die auch rund ist.«
»Was genau ist das?« Kate machte sich Notizen.
»Du formst einzelne Teigballen so groß wie Limonen und legst sie in einer runden Backform eng nebeneinander.«
»Dasselbe Rezept?«
»Genau. Während des Backens verbinden sich die Teigballen zu einem einzigen runden Laib, aber man kann immer noch die Abgrenzungen sehen. Es wird verwendet, weil man, wenn man das Brot segnet, Einzelteile für die Gäste abbricht, und das sieht dann nett aus.«
»Irgendjemand hat mir mal erzählt, dass ein Teil des Teigs verbrannt wird oder so ähnlich«, erinnerte sich Joy. »Oder habe ich das falsch verstanden?«
»Nein, überhaupt nicht. Man verbrennt tatsächlich einen kleinen Teil vom Teig. Und dieser Teil heißt eigentlich Challa. Wir machen das, um einer Zeit zu gedenken, als die Juden noch den Tempel hatten und Gott ein Opfer vom Teig darbrachten. Aber man kann das nur machen, wenn man eine gewisse Menge Mehl verwendet hat. Man nimmt die Challa nicht von einem einzigen Laib, außer er ist riesig. Manchmal, wenn ich Lust dazu habe, bereite ich einen gewaltigen Teighaufen zu und friere einen Teil davon zwischen dem ersten und zweiten Gehen ein, damit ich die Challa abnehmen kann, aber das ist dann für einen anderen Tag.«
»Backst du auch Süßes?«, wollte Ally wissen.
»Ja, ich finde, Backen ist eine gute Therapie.«
»Du musst ja eine Menge Zeit haben«, sagte Joy,
Weitere Kostenlose Bücher