Decker & Lazarus - 18 - Missgunst
»wo dein Mann so damit beschäftigt ist, Morde aufzuklären.«
»Weniger als du denkst«, entgegnete Rina. »Peter erledigt viel vom Schreibtisch aus.«
»Offenbar nicht immer, jetzt zum Beispiel nicht.« Joy leckte sich fast gierig die Lippen. »Also, was gibt’s Neues von den Kaffey-Morden?«
»Ich weiß genauso viel wie ihr«, erklärte Rina. »Peter redet nicht über laufende Ermittlungen. Tut mir leid, aber ich habe keine vertraulichen Informationen.«
»Ich glaube, du zierst dich einfach nur.« Joy lehnte sich zurück und verschränkte die Arme.
»Ich ziere mich gar nicht. Ich weiß einfach nur nicht mehr als das, was ich gelesen habe.«
»Wie lange, glaubst du, dauert es, den Fall zu lösen?«, fragte Ally.
»Ich würde noch nicht mal eine Prognose riskieren«, antwortete Rina. »Peter hat schon Fälle bearbeitet, die nach vierundzwanzig Stunden aufgeklärt waren, und die Kehrseite der Medaille sind die ungelösten Fälle, die seit Jahren brachliegen.«
»Was Gutes dabei?«, mischte Joy sich wieder ein.
»Du stellst Fragen«, empörte sich Kate. »Ich bin mir sicher, das ist alles sehr tragisch.«
Rina lächelte. »Weißt du, Joy, als Peter und ich frisch verheiratet waren, habe ich versucht, Details aus ihm herauszuquetschen, weil ich genauso neugierig war wie du. Mittlerweile ist sein Beruf für mich ein Beruf wie jeder andere, er bezahlt uns die Rechnungen und durchkreuzt manchmal das, was wir uns vorgenommen haben. Du bist doch auch verheiratet. Worüber reden du und dein Ehemann?«
»Mein Mann ist Wirtschaftsprüfer«, sagte Joy, »worüber sollen wir also reden? Steuernachlässe?«
Rina sagte kurz nichts, aber ihre Augen blitzten. »Wie gut, ich habe gerade einige Gemälde geerbt, die einen gewissen Wert haben dürften. Muss ich in jedem Fall eine Schenkungssteuer darauf zahlen oder nur dann, wenn ich sie verkaufe?«
»Ich bin Atemtherapeutin, woher soll ich das wissen?«
»Genau darum geht’s, Joy«, sagte Kate, »Rina ist Lehrerin. Was soll sie also über Mord wissen?«
»Schon, aber es gibt da einen großen Unterschied«, widersprach Joy. »Wenn Albert anfängt, über Zahlen zu reden, schläfert mich das ein.«
»Ich habe genau das entgegengesetzte Problem«, seufzte Rina. »Wenn Peter anfängt, über das Böse im Menschen zu reden, kann ich nicht mehr schlafen.«
8
An die Wand in der Halle gelehnt, packte er langsam einen Erdnuss-Powerriegel aus, während sein Gehirn dabei die Kakophonie des Geklappers aufnahm. Die Gerichte würden gleich wieder zusammentreten, und das bedeutete, dass dann der Lärm aus allen Richtungen zu ihm durchdrang. Ihm gegenüber unterhielten sich zwei Frauen über Brotrezepte. Eine kam aus Michigan. Sie war älter, dem Rhythmus und der Bedächtigkeit ihrer Sprache nach zu urteilen, um die sechzig. Die andere war ein junges Mädchen aus dem Valley, die näselte wie ein Cowboy, was ihn wiederum daran erinnerte, dass Kalifornien der Wilde Westen war.
Das Getöse schwoll an, als die Menge hereinströmte.
Zu seiner Rechten befand sich eine Frau, die bei dem Fernandez-Prozess dabei war. Er hatte ihre Stimme gehört, als die Geschworenen den Raum verlassen hatten, obwohl sie nur flüsterte. Während er ihr Handy-Gespräch belauschte, verstand er sofort, dass sie mit ihrem Ehemann oder einem Freund redete. Auch wenn ihre Wortwahl sauber und harmlos war, so schwangen in ihrer Stimme lauter sexuelle Anspielungen mit. Die Art, wie sie lachte und schlagfertig antwortete. Er stellte sie sich als eine Landkarte mit sinnlichen Kurven vor. Sie klang so, als verkörpere sie Los Angeles durch und durch.
Er biss von seinem Riegel ab und wartete darauf, dass das Gericht seine Arbeit wieder begann. Der Lärmpegel stieg steil an, als die Menschen sich in der Halle des Gerichtsgebäudes versammelten, an den harten Innenwänden prallten die Schallwellen geradezu ab. Die offene Halle hatte einen Betonfußboden und mit Holz verkleidete Wände, und es fehlten jegliche Teppiche oder gepolsterte Möbel, um den Krach zu schlucken. Die einzigen Sitzgelegenheiten waren knallharte Bänke. Ihm war nicht nach Sitzen. Er saß sowieso zu viel herum.
Wenn er gut zuhörte, konnte er alles verstehen.
Zu seiner Linken standen zwei Hispanier: einer aus Mexiko, der andere aus El Salvador. Sie selbst dachten, sie unterhielten sich mit gedämpfter Stimme, aber sein Gehör war so an alle Nuancen der gesprochenen Sprache gewöhnt, dass sie ebenso gut durch einen Lautsprecher plärren könnten.
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