Decker & Lazarus - 18 - Missgunst
»Dienstreise. Bekommen wir irgendwelche Sonderleistungen?«
Die Stewardess zögerte keine Sekunde. »Sagen Sie es nur nicht weiter.« Sie öffnete eine Dose Diet Coke und reichte sie Marge. »Mein Vater war Polizist.« Sie drehte sich zu Oliver hin und reichte ihm ein Glas Orangensaft mit einer Miniflasche Wodka. »Aufs Haus.«
»Vielen, vielen Dank«, sagte Marge, aber da war die Frau schon weitergeeilt. »Ich glaube, das ist das erste Mal, dass ich wegen meiner Dienstmarke etwas umsonst gekriegt habe.«
Oliver kippte den Wodka in seinen O-Saft. »Hm, lecker, willst du mal probieren?«
»Gleich … okay, ich hab’s!« Marge flüsterte jetzt nur noch. »Ednas Tochter sagte, Mr. RM würde regelmäßig die nördliche ciudad für ein bisschen Ruhe und Entspannung aufsuchen.«
»Doch wohl eher für ein bisschen Spaß und Titten, aber wir wollen ja nicht spitzfindig sein.«
»Edna fragte T, wer da alles wohnt, und ich habe mir die Namen aufgeschrieben: Gonzales, Ricardos, Mendez, Alvarez, Luzons. Kommt dir da was bekannt vor?«
Oliver setzte sich abrupt auf. »Paco Alvarez?«
»Nein, Paco Albanez, aber das Hausmädchen – Ana Mendez?«
Oliver nickte. »Ihr Alibi war okay, aber das heißt ja nichts.« Pause. »Genauso wenig wie ihr Name. Es gibt jede Menge Mendez in der Spanisch sprechenden Welt.«
»Stell dir mal das vor: RM und Ana lernen sich in Ponceville kennen. Sie kommen gemeinsam nach L. A., mit ein paar Ideen. Wir haben beide das Gefühl, dass es ein Insiderjob war. Warum nicht die beiden? Jemand musste das Haus gut kennen, um so schnell voranzukommen.«
»Mr. RM kannte das Haus bestimmt sehr gut.«
»Die Wege im Haupthaus, aber nicht die Wege im Dienstbotentrakt. Es sah nicht so aus, als hätten sie sich gewaltsam Zutritt verschafft. Es sieht vielmehr danach aus, als seien die Schützen von unten hineingestürmt. Ana sagte, alle Dienstboten wären um Mitternacht aus der Küche ausgesperrt worden, oder? Und zwar deshalb, damit die Dienstboten das Haupthaus nicht mehr durch die Küche betreten konnten, während dort alle schliefen. Aber jemand hat diesen Eingang aufgebrochen.«
»Sagen wir mal, Ana kommt nach Hause, doch sie ist nicht allein. Sie öffnet den Schützen den Dienstboteneingang, die töten alle da unten, dann gehen sie nach oben in die Küche, von dort aus lässt Mr. RM sie ins Haupthaus und beschreibt den Kerlen, wo sich die Kaffeys befinden. Die Schützen erledigen ihren Job. Anschließend verschwinden alle wieder durch den Dienstboteneingang, und Ana tut so, als sei sie gerade erst nach Hause gekommen.«
Oliver zuckte mit den Achseln. »Sie war in der Kirche. Die Leute erinnern sich an sie. Vielleicht ist sie früher gegangen, und niemand hat’s bemerkt.«
»Oder, Scott, sie hat RM den Zugangscode gegeben. Dann wäre ihr Alibi korrekt, und niemand würde denken, sie hätte etwas mit den Morden zu tun.«
»Das könnte hinhauen.« Er schlürfte seinen aufgemotzten O-Saft.
»Es ist reine Spekulation. Und es gibt Milliarden Familien namens Mendez. Aber wem würde es schaden, wenn jemand mit einem Bild von Ana in die ciudads geht?«
»Wie sollen wir das anstellen?«, fragte Oliver. »Falls sie dort Verwandte hat, wird man sie warnen. Ich will sie nicht nach Süden verjagen.«
»Ich auch nicht. Und ich möchte ungern Sheriff T in etwas hineinziehen, was eine bloße Spekulation sein könnte.«
»Einverstanden«, sagte Oliver. »Wir schicken ohne Wissen des Sheriffs ein anderes Team in die ciudads. «
»Vielleicht Brubeck und Decker?«, überlegte Marge. »Deck spricht fließend Spanisch, und Brubeck hat Beziehungen vor Ort.«
»Ein Schwarzer und ein Jude.« Oliver leerte sein Glas. »Wer will da noch behaupten, das LAPD sei nicht multikulti?«
Kaum gelandet, schaltete Marge ihr Handy wieder ein. Der Bildschirm leuchtete sofort auf mit Nachrichten über verpasste Anrufe. Der erste stammte von Vega, die ihr eine aufschlussreiche und produktive Reise wünschte. Marge lächelte, denn es kostete ihre Tochter wahre Herkuleskräfte, sich an den Banalitäten des sozialen Miteinanders zu beteiligen.
Der zweite Anruf war alarmierender.
Melde dich, sobald du diese Nachricht hörst.
»Au weia.« Marge wählte Deckers Handynummer. »Der Boss klingt aufgeregt, und das ist nie ein gutes Zeichen.«
Decker hob beim dritten Klingeln ab. »Seid ihr zurück?«
»Wir sind am Flughafen, gerade gelandet.«
»Ich bin im St.-Joseph-Krankenhaus. Wir haben einen Tatort. Kommt so schnell wie
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