Deckfarbe: Ein Künstlerroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
blieb er liegen.
Greta hatte die ganze Szene beobachtet und war nach Katuschkes Sturz aufgesprungen und sah die Treppe hinab. »Er lebt, Gott sei Dank«, stammelte das Mädchen und sprach Gustave aus der Seele. »Er lebt!«
Einige blaue Flecken und eine Platzwunde an der Stirn waren die Blessuren die der Maler, bei dem Sturz die Treppe hinunter, davongetragen hatte. Ein notdürftiger Verband, von Greta angelegt, hatte die Blutung gestoppt. Zum Arzt, wie die junge Frau dem Mann geraten hatte, wollte Erwin Katuschke nicht gehen. Er müsste Fragen beantworten und vielleicht schaltete sich die Polizei ein. Mit der sarkastischen Bemerkung: »Das können wir unserem guten Niewarth nicht antun«, war der Rat von Greta Schöne abgetan.
Am Abend saßen die Kollegen auf der Terrasse.
»Es tut mir leid, Katuschke, ich wollte nicht, dass du die Treppe hinunterfällst.«
Katuschke winkte ab. »So bin ich wenigstens nüchtern geworden. Ich hatte wohl keine große Chance bei dem Mädel, oder?«
Garoche schüttelte den Kopf.
»Weißt du, Garoche, manchmal überkommt einen Mann so ein Gefühl, dann muss er sich einem Weibchen nähern. Das ist die Natur. Das nennt man Trieb.«
Garoche lächelte. »Ja, und dann fragt der Mann, ob das Mädchen auch etwas Natürliches machen möchte. Das nennt man dann Zivilisation.«
Katuschke nickte. »Ich war doch nicht immer so ein Tier. Als Jüngling hatte ich so viele Freundinnen wie andere Pickel. Dann hatte ich sogar einmal eine Frau. Ja, du alter Belgier, ich war verheiratet. Ging aber nicht lange gut. Weißt du, ich wollte nicht von den Freundinnen lassen. Heute wünschte ich, ich hätte eine Ehefrau und viele, viele Pickel.«
Dass Garoche an diesem Abend statt in sein Zimmer auf den Dachboden gestiegen war, kränkte Katuschke sehr. Eine dritte, statt zwei Flaschen Wein, sorgten für einen tiefen, wenn auch unruhigen Schlaf.
Kapitel 10
Nach zwei Wochen, Niewarth hatte sich immer noch nicht wegen der Putzfrau gemeldet, hatten sich Garoche und Katuschke an Greta Schöne als Haushaltshilfe gewöhnt. Dass Garoche sich ab und zu zu Greta ins Bett respektive auf die Matratze legte, akzeptierte der Malerkollege. Wenn auch mit ständigem, hörbarem Grunzen und lautem Räuspern, während des Liebesspiels der beiden Mitbewohner.
Dann, eines Vormittags, war ihre Schlafstatt verlassen. Garoche hatte nach Greta gesehen, weil sie kein Frühstück gemacht hatte und weil er dachte, sie wäre krank. Ein paar Dinge, die ihr Garoche aus einem Geschäft ein paar Dörfer entfernt besorgt hatte, waren noch da. Kamm, Bürste, eine warme Jacke und Seidenstrümpfe. Alles befand sich an seinem Platz, als hätte Greta nur einen kurzen Spaziergang unternommen.
Bis zum Abend kam sie nicht wieder und auch nicht am folgenden Tag.
Obwohl Garoche sich anfänglich dagegen sträubte, hatte er Katuschke in Verdacht, dem Mädel etwas angetan zu haben. Auf das Verschwinden ihrer Haushaltshilfe angesprochen, antwortete Katuschke gereizt. Die Kränkung, die Garoche dem Kollegen nach seiner Meinung beigefügt hatte, in dem er ein Verhältnis mit Greta angefangen hatte, nachdem dieser von der jungen Frau abgewiesen worden war, machte sich nun Luft. »Vielleicht hat sie einen neuen Freund gefunden, der ihr eine neue, schicke Matratze auf den Dachboden legt. Oder vielleicht sogar ein richtiges Bett. Mag sie froh und glücklich werden, da, wo sie jetzt ist. Aber ich weiß nicht, wo sie jetzt ist.«
Schon am nächsten Tag lösten sich die Befürchtungen Garoches auf. Ein Brief lag in der Post.
Lieber Gustave,
der Zustand bei Dir in Deinem und Katuschkes Haus ist kein Zustand auf Dauer. Ich kann und möchte nicht länger als Putzfrau versteckt auf dem Dachboden leben. Ich habe beschlossen, zu Niewarth nach Berlin zu fahren und ihn um Geld zu bitten. Wenn es nötig sein sollte, werde ich ihm mit dem Löhner drohen, wegen Hans. Von Dir und Katuschke und dass ich bei euch auf dem Dachboden gelebt habe, erzähle ich nichts. Ich weiß ja, dass Du dann Unannehmlichkeiten bekommen könntest. Das möchte ich nicht. Du warst gut zu mir und hast mich aufgenommen. Aber jetzt wird es Zeit, dass ich mein Leben wieder selbst in die Hand nehme. Ich will ins Ausland. Vielleicht nach Venedig. Deine Erzählungen haben mich ganz neugierig gemacht. Das mit dem Pass kann bestimmt Niewarth regeln. Es wird schon alles gut gehen. Nur dem Löhner muss ich aus dem Weg gehen. Ich werde einen Moment abpassen, wenn er nicht in der Galerie ist. Oder
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