Deckfarbe: Ein Künstlerroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
polizeilich gemeldet. Wenn die Polizei kommt, um zu kontrollieren, zeigt die Wirtin ihnen mein Zimmer und erzählt eine vorbereitete Geschichte. Mal bin ich spazieren, mal auf einer Reise und mal besuche ich meine Schwester. Sie gibt mir regelmäßig Geld zum Leben.«
»Du hast eine Schwester?
»Ja, was findest du daran so ungewöhnlich? – Aber das mit dem Besuch stimmt natürlich in dreierlei Hinsicht nicht. Erstens würde ich meine Schwester nicht besuchen und zweitens, wenn ich die Absicht hätte sie zu besuchen, würde mich mein Schwager achtkantig vor die Tür setzen. Parteigenosse.« Katuschke zog das Unterlid seines rechten Auges mit dem Zeigefinger etwa herunter. »Für ihn bin ich nicht ganz richtig im Kopf. Wegen der Malerei, die ich mache. Er hält meine Kunst für krank. Na ja, da steht er nicht alleine in Deutschland. Und Geld bekomme ich selbstredend auch nicht. Aber von irgendetwas muss der Mensch ja leben. Wenigstens denkt die Behörde so.«
»Und die Polizei?«
»Die Polizei?«
»Hegt die Polizei keinen Verdacht?«
»Ob ich male oder ob ich fälsche?«
»Beides.«
»Als Maler Katuschke bin ich zu unbedeutend, um sich mit mir, über die üblichen Kontrollen hin, weiter zu beschäftigen. Sie sagen sich, was soll’s, wenn der Katuschke sein Geschmiere heimlich auf irgendeinem Lokus herstellt, machen wir uns keine Gedanken. So lange er mit dem Geschmiere nicht in den Handel und somit an die Öffentlichkeit geht. Bei den bekannten Malern sieht das schon ganz anders aus. Hier kann und will das Regime nicht zulassen, dass weitere Werke entstehen und schon gar nicht, dass sie auf den Kunstmarkt kommen.« Katuschke nahm einen tiefen Schluck aus dem Glas und goss gleich Rotwein nach. »Und dass ich fälsche, darauf kommen die nicht. Die Behörde kann sich wohl nicht vorstellen, was sich unser kleiner Niewarth so ausgedacht hat.«
»Unser Herr und Meister hat heute übrigens Nerven gezeigt«, kam Garoche auf den Besuch in der Galerie am Vormittag zu sprechen. »Ein Händler, der mit Niewarth zusammenarbeitet, ist bei einer Razzia festgenommen worden. Sie haben Bilder beschlagnahmt.«
»Auch welche von uns?« Katuschke zeigte sich von der Nachricht nicht besonders beeindruckt. Anders als Garoche, der zugeben musste, dass ihn der Bericht Niewarths beunruhigt hatte. Er trank seinen Roten und blickte gleichgültig zur Scheune hinüber.
Garoche überlegte, ob er dem Kollegen das Gemälde von Tucher zeigen sollte, dass er auf dem Dachboden versteckt hatte. Allerdings tat er es nicht. Zu groß war die Gefahr, dass Katuschke sich verplapperte. Und das könnte wiederum Fritz Tucher in Gefahr bringen. Wie gut Garoche getan hatte, das Bild nicht zu erwähnen, bestätigte das Vorhaben Katuschkes.
»Ich gehe noch, ich meine, ich mache noch einen Spaziergang.«
»Willst du wieder in die ›Sonne‹?«
»Wenn du mich begleiten möchtest. Ich kann bei meinen Freunden ein gutes Wort für dich einlegen. Wir brauchen noch eine schöne Stimme für den Gesangsverein!«
»Nein danke, Katuschke. Solche Art Lieder liegen mir nicht. Ich bevorzuge Caruso.«
Katuschke machte sich auf den Weg. Garoche blieb allein zurück. Später kam noch Ada und sah sich mit dem Maler den Sternenhimmel an. Auch die kleinsten Sterne leuchteten tief aus dem All am Firmament. Aus der Ferne klang Gesang herüber. Waren es Katuschke und seine Freunde aus der ›Sonne‹?
Kapitel 14
Der Hahn des Nachbarn krähte, und Garoche erhob sich ächzend, um sich an der Pumpe im Garten kaltes Wasser über Nacken und Rücken laufen zu lassen. So erhoffte er sich nach dieser schwülen Nacht und einem unruhigen, ständig unterbrochenen Schlaf etwas Erfrischung und einen Einstieg in den bereits früh verkorksten Tag. Er hatte lange gelegen und war missgelaunt, dass er Zeit verloren hatte.
Von Ada war nichts zu hören. Unruhig durch die Hitze hatte sich Garoche hin und her geworfen, daraufhin hatte sie das gemeinsame Bett noch in der Nacht verlassen. Sicher war sie einkaufen gegangen. Garoche erinnerte sich, dass ein Paket für sie bei der Hauptpost in Potsdam zur Abholung bereitlag. Sie würde gut und gern drei Stunden unterwegs sein. Auch von Katuschke war nichts zu hören, was ihn jedoch nicht wunderte, da er selten vor elf Uhr aus seinem Rausch erwachte.
Ohne Frühstück ging der Maler an die Arbeit. Nur mit einem Pott schwarzen Kaffees, den Ada in einer emaillierten Kanne auf dem Ofen in der Küche warmgestellt hatte, und einem Stück trockenen
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