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Deckfarbe: Ein Künstlerroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Deckfarbe: Ein Künstlerroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Titel: Deckfarbe: Ein Künstlerroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Renegald Gruwe
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Brotes in der Hand, öffnete Garoche die Tür zu seinem Atelier. Auf der Staffelei stand das Bild, das der Maler gestern nach seiner Begegnung am See angefangen hatte. Eine andere Arbeit wurde beiseite gestellt. Dieses Thema musste er sofort angehen. Ursprünglich hatte er die Situation im Kopf, wie der Junge den Fisch vor sein Gesicht gehalten hatte. Diese Absicht verwarf er aber bald, da seine Gedanken und Gefühle in diesem Moment und die ausgeführte Darstellung nicht zusammenpassten. Wer sollte aus einem Bild mit einem Jungen, der offenbar vorhatte, einen Fisch zu küssen, auf die vorangegangene Verletzung und Demütigung eines Menschen im Lebensmittelladen Dorne schließen? Der erste Einfall, die Frau aus dem Laden mit einem übergroßen Davidstern an den Mantel geheftet im Vordergrund zu zeigen und den Jungen in HJ-Uniform mit der Angel im Hintergrund machte bald dem Gedanken an Otto Niewarth Platz, der mit den Worten: ›Sind Sie wahnsinnig? Keine politischen Themen, bitte!‹, kurz vor einer Herzattacke stünde, wenn er das Bild jemals zu Gesicht bekäme.
    Katuschke hätte es gemacht. Da war sich der Maler sicher. Er dachte an das Gemälde seines Kollegen, das Niewarth vor drei Tagen entrüstet zurückgewiesen hatte. Es waren drei SA-Männer in Uniform, die um einen Tisch herum saßen und tranken. Ein Dix hätte sie nicht schärfer und entlarvender darstellen können. »Zerstören Sie dieses Machwerk!«, hatte der Kunsthändler Katuschke angebrüllt und war förmlich aus der Haut gefahren. »Haben Sie denn gar nichts anderes zu tun, als uns alle in Gefahr zu bringen?«
    »Also schön!«, hatte Garoche sich selbst vor der Staffelei aufgemuntert und angefangen, Grün um den See herum zu streichen, auf dem das Boot und der Junge, allerdings nicht im Braunhemd, im fahlen Morgenlicht dahindümpelte.
    Garoche hatte endlich in seine Arbeit gefunden, da kam Ada aufgeregt auf das Grundstück zurückgelaufen und pochte mit Faustschlägen an die Tür zum Atelier. Atemlos rief sie: »Er ist tot, er ist tot. Mitten auf der Straße liegt er und ist mausetot!«
    Garoche hielt einen Moment den Pinsel inne, mit dem er gerade die Schnur der Angelrute zeichnete, und überlegte, was er tun sollte.
    Wieder stieß Ada Hilferufe aus. Ärgerlich und nur mit halbem Ohr hörend, rief er: »Wer ist tot?« Gleichzeitig dachte er an den Kater von nebenan, den wohl ein Auto überfahren hatte.
    »Herr Katuschke ist tot, so komm doch endlich, es laufen schon Leute zusammen!«
    Noch immer hatte der Maler in seiner Konzentration auf das Bild nicht begriffen, was Ada eigentlich von ihm wollte und im Gedanken an den Kater gab er zurück: »So wickle ihn in Zeitungspapier oder gib den Nachbarn Bescheid, schließlich ist es ihr Vieh!«
    Ada war von den Worten Garoches so überrascht, dass sie auf der Stelle kehrtmachte und bereits zur Straße und zu den Nachbarn gehen wollte.
    Katuschke, Katuschke, Katuschke, ging es Garoche durch den Kopf und nun, vollends die Konzentration auf Schwimmer und Angelrute verloren, hob er seinen Kopf. »Was hast du gesagt, Ada, wer liegt auf der Straße? Katuschke?« Sofort sprang der Künstler auf, lief hinaus durch den Garten und war sogleich an der Einfahrt zum Grundstück. Einige Passanten standen um einen Menschen herum, der mitten auf der Straße vor Garoches Haus lag. Ein Auto kam angefahren, verlangsamte die Fahrt, machte einen Bogen, um an dem auf der Straße Liegenden seitlich vorbeizufahren. Der Wagen hielt kurz, und der Fahrer kurbelte das Fenster herunter: »Ist etwas passiert?«
    Ein Mann lehnte sich das Fenster hinunter und machte nur eine Handbewegung, als führe er ein Glas an den Mund, um zu trinken.
    »Betrunken?«, fragte der Fahrer, und der Mann nickte nur stumm mit einem vorwurfsvollen Gesichtsausdruck.
    »Und das am Vormittag!«, schimpfte der Autofahrer und setzte unter Kopfschütteln seine Fahrt fort.
    In diesem Augenblick, Garoche war zu Erwin Katuschke gegangen und wollte sich gerade um ihn kümmern, waren für die Anwesenden Stiefelgetrampel aus der Querstraße zu vernehmen. Ein Trupp SA-Männer bog in die Kastanienstraße ein und marschierte in Zweierreihen mitten auf der Fahrbahn.
    Garoche erkannte den Truppführer Heinrich Löffel, der der Gruppe von neun Mann voranmarschierte. Er war einer der drei SA-Männer, die Katuschke auf seinem Bild dargestellt hatte. Den Sturmriemen unters Kinn geklemmt – und vorschriftsmäßig die linke Hand an der Gürtelschnalle, den Daumen nach innen,

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