Deebs, Tracy - Tempest - 01 - Tochter des Meer
dir, Tempest?«, fragte er ruhig. Seine Stimme war leise, sinnlich und alles andere als gleichgültig. Es fiel mir schwer, meine Zunge im Zaum zu halten und die Hände am Brett zu lassen; es war klar, dass er weit mehr wollte, als eine oberflächliche Antwort.
Ich weigerte mich, darauf einzugehen. Stattdessen straffte ich meinen alles andere als starken Rücken und tat, als hätten seine Stimme, und der Rest von ihm, keinerlei Wirkung auf mich. »Mir geht’s gut. Warum?«, sagte ich, ohne mich ihm zuzuwenden.
»Oh, ich weiß nicht. Vielleicht weil du aussiehst, als wolltest du jemanden beißen?«
»Ich sehe immer so aus.«
»Der arme Mark.«
Jetzt schaute ich ihn an und zwar mit einem Blick, den ich sonst nur für hirnverbrannte Zwölftklässler reserviert hatte, die ihre Hände nicht bei sich behalten konnten. Er hatte im Laufe der Jahre mehr als einen das Fürchten gelehrt.
Kona lachte nur. Aus vollem Halse.
Er klang wie das Meer, wie poppendes Popcorn, wie das Glück selbst. Ich biss die Zähne so fest zusammen, dass ich mir sicher war, einen meiner rechten Backenzähne knacken zu hören.
Warum rege ich mich so auf?, fragte ich mich, während ich aufsprang und die letzten Meter zum Wasser ging. Es wäre ein guter Abgang gewesen, wenn ich nicht wie die letzte Dumpfbacke ins Stolpern geraten wäre.
Er fing mich auf, bevor ich fallen konnte, und wir standen lange Zeit da und sahen aufs Meer hinaus, während uns das Wasser, eiskalt und beruhigend, an den Zehen kitzelte. Als ich die Spannung nicht eine Sekunde länger ertrug, sah ich Kona an und erstarrte bei seinem Anblick. Er wirkte verändert, jetzt, wo ihn das Wasser berührte, eher magisch als menschlich.
Als könne er es mit einer Armee aufnehmen und gewinnen.
Bei diesem Gedanken bekam ich feuchte Hände, also ging ich ein paar Schritte tiefer ins Wasser. Meine Muskeln waren dermaßen angespannt, dass ich fürchtete, Krämpfe zu bekommen.
Leuchtet er wirklich ? Ich betrachtete ihn unter gesenkten Lidern. Nein, natürlich nicht, es war nur die Sonne, die auf seinem seidigen, rabenschwarzen Haarschopf glänzte.
Was war es dann? Irgendetwas war anders. Dessen war ich mir absolut sicher. »Bist du okay?«, fragte ich und wiederholte unbewusst die Frage, die man mir in den letzten fünf Tagen unentwegt gestellt hatte.
»Ja.« Seine Augen lächelten mich an. »Warum?«
»Du siehst...«Ich brach ab. Was sollte ich auch sagen, ohne mich vollkommen idiotisch anzuhören?
»Ja?«
Ich gab keine Antwort. Stattdessen watete ich noch tiefer ins Wasser, wo mich die Strömung packte und ein Tauziehen begann. Sie schob mich näher zu Kona und zog mich dann wieder fort. Immer wieder, bis Mark rief: »Wir paddeln noch mal raus. Kommt ihr mit?«
Seine Stimme klang seltsam, angespannt, und mir wurde klar, dass ich mich viel zu sehr auf Kona konzentriert hatte. Ich hätte es mir denken können: Mark war schon immer ein eifersüchtiger Typ gewesen, und offensichtlich hatte er seine Grenze erreicht.
Dennoch konnte ich nicht beeinflussen, wie ich auf Kona reagierte: Jeder Zentimeter meines Körpers (und der größte Teil meiner Aufmerksamkeit) waren auf ihn gepolt. Ich schien nichts dagegen tun zu können.
»Wollen wir?«
Mein Mund war staubtrocken, also nickte ich nur.
»Darauf kannst du wetten!«, rief Kona Mark zu, während er ans Ufer rannte, um unsere Boards zu holen. Dann nahm er mich am Ellbogen, seine kräftigen, schwieligen Finger umfassten mich sanft und schoben mich tiefer in die Brandung.
Sobald er mich berührte, setzte die merkwürdige, prickelnde Hitze wieder ein, Wärme breitete sich in mir aus und überrollte mich wie eine Monsterwelle: unerwartet, beängstigend, gefährlich. Aber, so belebend.
Ich zog meinen Ellbogen weg, unterdrückte das Gefühl und arbeitete mich zu Mark vor, der zu mir herübersah, statt auf die Welle zu achten, die im Begriff war, ihn wie einen absoluten Anfänger zu überrollen.
»He, pass auf!«, rief ich. »Mark!«
Er lachte nur und warf sich wie ein Bodysurfer hinein, mit Brett und allem Drum und Dran. Sein Lachen war sanft, unkompliziert, liebenswert. Ich lachte mit ihm.
Entweder das oder ich hätte schreien müssen. Denn je weiter ich mich von Kona entfernte und der Ablenkung, die er verkörperte, desto mehr spürte ich die gravierenden körperlichen Veränderungen. Die Brust wurde mir eng, die Kiemen hinter meinen Ohren verlangten danach, ins Wasser einzutauchen, und meine Haut fühlte sich dort, wo die Sonne sie
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