Deebs, Tracy - Tempest - 01 - Tochter des Meer
ich in meiner schlichten weißen Unterwäsche neben ihr auf dem Meeresboden stand. Es war kein gutes Gefühl.
Schließlich schien ihr zu dämmern, dass ich nicht kapierte, was sie von mir wollte, denn sie gab mir ein Zeichen, ihr zu folgen. Ich rührte mich nicht. Alles, was mir widerfahren war, seit ich meine Geburtstagsparty verlassen hatte, holte mich gleichzeitig ein, und ich fühlte mich mit einem Mal hochgradig gestresst. Ich musste Kona finden, falls er überhaupt in dieser komischen Unterwasserstadt war.
Wenn das nicht der Fall sein sollte, war ich erledigt. Es gab keinen anderen Ort, an dem ich nach ihm suchen konnte. Mir würde nichts anderes übrig bleiben, als den Rückweg anzutreten und darauf zu hoffen, nach Hause zurückzufinden.
Doch für die Wassernixe - oder was immer sie war - kam ein Nein nicht infrage. Statt mich in Ruhe nach Kona suchen zu lassen, nahm sie mich an der Hand. Ich riss mich los, doch sie ließ nicht locker. Sie griff ein weiteres Mal nach mir und begann mich zu einer der Höhlen zu ziehen, die mir nach meiner alles andere als eleganten Ankunft aufgefallen waren.
Ich wollte mich widersetzen und flüchten, doch der letzte funktionierende Teil meines Verstandes sagte mir, dass es keine schlechte Idee war, der einzigen Person oder Kreatur zu folgen, die meine Existenz überhaupt zur Kenntnis nahm. Schließlich hatte ich nicht unbedingt einen großartigen Alternativplan parat.
Außerdem hätte sie mir längst etwas antun können, wenn das ihre Absicht gewesen wäre, folgerte ich.
Sie führte mich zur kleinsten Höhle. Ich muss zugeben, dass ich fast durchgedreht wäre, als sie anfing, mich hineinzuziehen. Nach dem letzten nervenaufreibenden Sturzflug in die totale Finsternis erschien es mir keineswegs verlockend, die bizarren und wunderschönen Lichter der Stadt gegen einen weiteren Blackout einzutauschen.
Doch ihr Griff war nun eine eiserne Umklammerung. Offensichtlich kam es nicht infrage, ihr nicht zu folgen, und das brachte mich einmal mehr in Rage. Dieser Mangel an Entscheidungsmöglichkeiten in meinem Leben begann mir zunehmend auf die Nerven zu gehen.
Am Ende folgte ich ihr ohne großes Widerstreben, da ich ohnehin nicht recht wusste, was ich sonst tun sollte. Sie führte mich durch eine dunkle, verwinkelte Höhle, durch zahllose Kammern mit niedrigen Decken und enge Gänge. Ich hatte noch nie zu Klaustrophobie geneigt, aber falls ich es schaffen sollte, den Ozean jemals wieder zu verlassen, würde ich möglicherweise um ein paar Phobien reicher sein. Geistesabwesend fragte ich mich, ob es für die Angst vor der Verwandlung in eine Wassernixe wohl auch einen offiziellen Begriff gab, so wie Agoraphobie oder Hydrophobie. Wassernixenphobie klang jedenfalls nicht sehr überzeugend.
Als wir schließlich anhielten, befanden wir uns in einer kleinen Kammer, in der es gerade hell genug war, um zu erkennen, dass ich direkt unter einer schmalen, senkrechten Öffnung stand. Einer sehr kleinen, sehr schmalen und sehr senkrechten Öffnung.
»Nein«, versuchte ich zu sagen und wich zurück. Aber natürlich kam aus meinem Mund nicht mehr als ein merkwürdiges Gurgeln, bei dem mir ein Riesenschluck Salzwasser in den Hals schwappte und ich würgen musste. Der Salzgehalt des Wassers war hier unten sogar noch höher als an der Oberfläche, was ich möglicherweise interessant gefunden hätte, wenn ich nicht kurz davor gewesen wäre, komplett die Nerven zu verlieren.
Sie lächelte und zog mich am Arm. Ich schüttelte vehement den Kopf. Auf keinen Fall würde ich mich in diese winzige Todesfälle zwängen. Nur über meine Leiche.
Ihre Augen blickten freundlich und sie nickte, als würde sie mich verstehen. Tief im Innern wusste ich, dass sie mir nichts tun wollte, trotzdem konnte ich ihr nicht folgen. Ich konnte es einfach nicht.
Hör auf, dich wie ein Weichei aufzuführen, Tempest, und schwing deinen Hintern hier rauf. Konas Stimme schob sich - volltönend und gewollt pampig - in meine Gedanken, als sei sie dort schon immer gewesen.
Einen Moment lang setzte bei mir alles aus und ich fragte mich, ob mir nun endgültig die Sicherungen durchbrannten, ob die Ereignisse der letzten beiden Wochen vielleicht einfach zu viel für mich gewesen waren.
Trotzdem schwirrte mir sein Name mit einem großen Fragezeichen durch den Kopf. Kona?
Wer denn sonst?, fragte er zurück. Seine Stimme klang schwächer als normal, aber es war definitiv Kona.
Tja, keine Ahnung. Wie wär’s mit einem sadistischen
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