Deebs, Tracy - Tempest - 01 - Tochter des Meer
ansah. Aber wenn du mir sonst schon nichts glaubst, dann glaube mir wenigstens, wenn ich dir sage, dass du noch nicht bereit bist, ihr zu begegnen.
Ich -
Nicht. Er klang jetzt barsch und seine Augen waren fast schwarz. Bitte mich nicht, dich dort hinaufzuschicken. Das kann ich nicht, Tempest. Ich kann es einfach nicht.
Er beugte sich zu mir herab und küsste mich auf fast brutale Weise. Dann ließ er mich los. Bleib hier! Es war ein klarer Befehl, den zu befolgen ich nicht die geringste Lust hatte, trotz der Angst, die sich in jeder einzelnen Nervenfaser festgesetzt hatte. Doch der Blick, den er mir zuwarf, versprach mir höllischen Ärger, wenn ich nicht auf ihn hörte. Ich lasse Oliwa draußen vor der Höhle Wache halten und komme zurück, sobald ich kann.
Sei vorsichtig.
Trotz der Ernsthaftigkeit der Situation blitzte für einen Moment sein verschmitztes Grinsen auf. Bin ich immer, Süße. Bin ich immer.
Dann schoss er davon, so schnell, dass er in der dunklen Höhle kaum mehr als ein verschwommener Fleck war. Ich hingegen saß da und starrte die Höhlenwände an, wobei mir die gute Sehkraft der Nixen half, trotz der Finsternis um mich herum kleine Details zu erkennen.
Eine Krabbe trippelte wenige Zentimeter vor meinen Zehen vorbei und an der Wand klebte eine Kolonie Klaffmuscheln oder Austern. Ich konnte sie schon bei Tageslicht nicht auseinanderhalten, geschweige denn in einer dumpfen, dunklen Höhle.
Ich sah zum Eingang der Kammer und fragte mich, ob Kona die Höhle inzwischen verlassen hatte und gegen was er dort oben würde kämpfen müssen.
Ich wollte ihm folgen, hatte es die ganze Zeit über vorgehabt, doch seine letzten Worte hallten tief in mir nach. Die Frau, die ich liebe. Ich war die Frau, die er liebte. Ich war mir nicht sicher, was ich dabei empfand.
Einerseits war ich hingerissen. Welches Mädchen wäre das nicht, wenn sie feststellen würde, dass der Junge, in den sie sich gerade verliebte, ebenso empfand? Andererseits war ich verängstigt und wütend. Wie konnte er mir sagen, dass er mich liebte, und dann in den fast sicheren Tod gehen?
Ich drückte mich von der Wand ab und schwamm zurück in Richtung Höhleneingang. Ich bewegte mich wesentlich langsamer als Kona, weil ich nicht so gut sah wie er und fürchtete, gegen eine Wand zu knallen, aber auch weil ich immer noch damit beschäftigt war, mir zu überlegen, was ich tun sollte.
Oh, ich wusste, was ich tun wollte: allen Warnungen zum Trotz nach oben spurten, dorthin, wo Kona war, und herausfinden, was vor sich ging. Aber er würde bei meinem Anblick ausflippen. Und was noch schlimmer war, es würde ihn ablenken. Und das Letzte, was ich wollte, war, dass Kona ums Leben kam, weil er zu sehr damit beschäftigt war, mich zu beschützen, statt auf sich selbst aufzupassen.
Er liebte mich. Kona liebte mich. Ich drückte die Worte wie ein kostbares Geschenk an meine Brust, während ich mich vorsichtig der ersten Höhlenkammer näherte. Wenn er zurückkam -falls er zurückkam -, würde ich ihm sagen, dass ich das Gleiche empfand. Dass ich mich trotz allem ebenfalls in ihn verliebt hatte.
Einen Moment lang kam mir Mark in den Sinn und mein Gewissen erhob lauten Protest. Wie konnte ich das nur tun, mich einfach in einen anderen verlieben, wenn ich eigentlich Mark liebte? Doch je länger ich hier unten war, desto schwerer fiel es mir, sein Gesicht heraufzubeschwören und mich daran zu erinnern, wie es sich anfühlte, in seinen Armen zu liegen.
Ist es das Wasser?, fragte ich mich. Die Wassernixe in mir? Oder einfach die Tatsache, dass Kona jeden anderen Jungen in den Schatten stellt?
Ich schwamm ein wenig näher an den Höhleneingang heran und fast augenblicklich schienen im Wasser merkwürdige kleine Vibrationen zu schimmern. Wahrscheinlich hätte ich sie gar nicht bemerkt, oder sie mit Wellen verwechselt, aber mein Körper hatte sich verändert. Die Wassernixe in mir registrierte Dinge, die wahrzunehmen meine menschliche Seite keine Chance hatte.
Ich streckte die Hand aus und ließ das seltsame Wassermuster über meine Finger und den Arm hinaufgleiten, während ich mir darüber klar zu werden versuchte, was es sein mochte. Dann erreichten die Vibrationen mein Ohr und ich begriff, was ich tat. Ich »fühlte« den Klang dessen, was vor der Höhle und über mir vor sich ging.
Das Wasser hier unten dämpfte Geräusche - einer der vielen Gründe, warum sich Wassernixen und Selkies per Gedankenübertragung verständigten, nahm ich an -, aber
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