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Deer Lake 01 - Sünden der Nacht

Deer Lake 01 - Sünden der Nacht

Titel: Deer Lake 01 - Sünden der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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auf den Game Boy, der auf seiner Schreibunterlage lag. »Sie versucht ihr Bestes – fühlt sich hilflos, das ist etwas Unbekanntes für sie.«
    »Paul unterstützt Sie ja nicht direkt.«
    Pater Tom schob empört sein Kinn vor. »Nein, das kann man nicht behaupten.« Er holte Luft und hob den Kopf, sein Blick striff über Mitchs linke Schulter. »Ich hab vorgeschlagen, sie soll das Angebot einer dieser Nachrichtensendungen für ein Interview annehmen. Wenn sie ihre Geschichte so erzählt, daß andere Mütter auch profitieren, könnte sie unter Umständen weiteres Unheil verhindern. Das ist ihre vertrauteste Rolle – anderen zu helfen.«
    »Vielleicht«, murmelte Mitch eingedenk seiner eigenen Aufgabe als Helfer und Beschützer, und wie er sich seit seiner Krise davor drückte.
    »Du sagtest, du hättest ein paar Fragen?«
    »Ist Albert Fletcher in der Nähe?«
    Pater Tom zog seine Brauen zusammen, wiegte den Kopf und lehnte
sich in seinem Drehstuhl zurück. »Im Augenblick nicht. Ich glaube, er macht sich im Pfarrhaus nützlich. Warum?«
    Mitch setzte seine undurchschaubare Detektivmiene auf. »Ich muß mit ihm über ein paar Sachen reden.«
    »Geht es um Josh?«
    »Wie kommst du auf diese Frage?«
    Pater Tom lachte, aber ohne eine Spur von Humor. »Ich glaube, dieses kleine Gespräch hatten wir schon einmal. Josh nimmt bei Albert Ministranten- und Religionsunterricht. Wird er dadurch nicht automatisch zum Verdächtigen?«
    Mitch ignorierte seinen etwas trotzigen Ton. »Fletcher hat an dem Abend, an dem Josh verschwand, unterrichtet. Warum? Glaubst du, er könnte es getan haben?«
    »Albert ist er frömmste Mann, den ich kenne«, sagte Tom. »Ich bin überzeugt, er glaubt insgeheim, daß ich dem Untergang geweiht bin, weil ich das Pfarrhaus habe verkabeln lassen. Nein, Albert würde nie offen ein Gesetz brechen – egal, ob weltlich oder religiös.«
    »Wie lange kennst du ihn schon?«
    »Ungefähr drei Jahre.«
    »Warst du schon während der Krankheit seiner Frau hier?«
    »Nein. Sie ist, glaube ich, im Januar neunzehnhunderteinneunzig gestorben. Ich bin im März hergekommen. Meiner Ansicht nach muß er ihr sehr nahegestanden haben, so wie er anschließend in der Kirche Trost suchte. So wie er in den Glauben eintauchte, mußte er eine große Leere zu füllen haben.«
    Oder er war bereits in die Kirche verliebt gewesen und hatte Doris aus dem Weg haben wollen, damit er seiner Besessenheit ungestört frönen konnte. Diese Theorie behielt Mitch für sich.
    »Er hatte eine komische Art, seine eheliche Zuneigung zu zeigen«, sagte er. »Es ist wohl allgemein bekannt, daß er sie wegen ihrer Krankheit nicht behandeln lassen wollte. Er behauptete, sie durch seine Gebete heilen zu können, und war nicht sehr erfreut, als Hannah intervenierte.«
    Pater Tom runzelte die Stirn. »Mitch, du willst doch noch nicht etwa andeuten …«
    »Ich deute überhaupt nichts an«, sagte Mitch, stand auf und hob abwehrend die Hand. »Ich fische nur im trüben, mehr nicht. Und ich werd noch oft die Angel auswerfen müssen, bevor ich etwas für die Pfanne erwische. Danke für deine Zeit, Pater.«

    Er ging zur Tür, drehte sich aber noch einmal um. »Würde Fletcher einen guten Priester abgeben?«
    »Nein.« Pater Tom zögerte keine Sekunde. »Zu dem Job gehört mehr, als die Bibel und die Kirchendogmen auswendig zu lernen.«
    »Was fehlt ihm denn?«
    Der Priester ließ sich das einen Augenblick durch den Kopf gehen.
    »Mitgefühl«, sagte er leise.
     
    Mitch war noch nie ein Fan von alten viktorianischen Häusern mit ihren schweren Holztäfelungen und höhlenartigen Räumen gewesen. Das Pfarrhaus von St. Elysius bildete da keine Ausnahme. Es war groß genug, um das ganze Notre-Dame-Footballteam unterzubringen, deren Foto auf einem Ehrenplatz im Arbeitszimmer hing, gleich über dem teuflischen Videorecorder.
    Er wanderte durch die Räume im ersten Stock, rief immer wieder Fletchers Namen, bekam aber keine Antwort. Der Geruch von Kaffee und Toast schwebte in der Küche. Eine Schachtel mit Cornflakes stand auf dem Tisch, daneben eine halbleere Kaffeetasse, ein Souvenir aus Cheyenne, Wyoming. Die Star Tribune lag aufgeschlagen da, mit einer Geschichte über das Schicksal der Erdbebenopfer von Los Angeles und dem Wiederaufleben von Trickbetrügereien falscher Priester – Gangster, die sich als Priester verkleideten und Bargeldspenden für die Obdachlosen sammelten. »Mr. Fletcher?« rief Mitch.
    Die Kellertür ging auf, und Albert Fletcher

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