Defcon One 01 - Angriff auf Amerika
Kritik zu gelangen. Er würde sie opfern, sofern sich ihm die Möglichkeit bieten würde.
»Wir starten um Punkt 21.00 Uhr. Die großartigen Mitarbeiter der NASA hier im Startzentrum werden zeigen, wie sehr sie in der Lage sind zu improvisieren. Wenn wir die Raumfähre raufkriegen, bekommen wir sie auch wieder runter. Von hier aus, ohne die Hilfe aus Houston.«
Nicole Borman, die Startleiterin vor Ort, glaubte ihren Ohren nicht zu trauen, als McNab unüberhörbar seine Vorstellungen zum weiteren Verlauf des Starts kundtat. Konnte es sein, dass dieser Mann über technisch hochkomplexe Vorgänge hinwegsah, so als ob diese Mission nichts anderes sei als die Fahrt einer selbstgebauten Seifenkiste einmal um den Häuserblock? Konnte es sein, dass McNab mit dem Leben der Geiseln in Houston, wie auch mit dem Leben der Astronauten an Bord von Atlantis spielte? Wer gab ihm das Recht, solche Entscheidungen zu treffen? Außer sich vor Wut wandte sich Bormann von den Monitoren ab und schritt auf den Minister zu. Als wenn dieser Countdown nicht schon genug Adrenalin produzieren würde!
»Minister McNab«, begann die ehemalige Astronautin, ein zierlicher und drahtiger Blickfang mit der Stimme einer Rockröhre, »dies ist nicht der Augenblick, um mit den Muskeln zu spielen. Da draußen sitzt meine Crew, unwissend, was eigentlich vor sich geht. Hier sitzen einhundert Techniker, die alle Mühe und Not haben, den Datenfluss zum Shuttle zu überprüfen. Und in Houston bangen unsere Mitarbeiter um ihr Leben, während ein feindliches Flugzeug im Endanflug auf die Startrampe ist. Meinen Sie nicht, die Politik sollte sich in diesem Moment aus der Sache raushalten?«
Für den Bruchteile einer Sekunde war McNab vom dem Selbstbewusstsein der fünfzigjährigen Startleiterin irritiert. Dann drehte er sich – als sei die verantwortliche Frau nur eine inkompetente Wasserträgerin – demonstrativ von ihr weg und widmete sich wieder den Journalisten. Auf gar keinen Fall würde er sich von dieser Person das Zepter aus der Hand nehmen lassen.
»Es fällt nicht jedem leicht, in einer solchen Situation einen kühlen Kopf zu bewahren«, fuhr der Minister unbeirrt fort und verpasste Nicole Bormann einen deutlichen Seitenhieb. »Wie oft habe ich angeregt, endlich die Sicherheitsvorkehrungen in solch sensiblen Bereichen der Hochtechnologie zu verstärken. Wie oft habe ich gesagt, man solle die Wissenschaftler in Ruhe arbeiten lassen, während Politiker und Militärs sich um das Grobe kümmern. Aber die NASA hat unsere Sicherheitskonzepte ignoriert und stattdessen ein paar Texas Rangern in Houston die Sache überlassen. Und offenbar scheint sich der Stress der jetzigen Situation auch auf das Improvisationstalent der hiesigen Wissenschaftler auszuwirken. Aber glauben Sie mir: Bei einem jährlichen Etat von neunzehn Milliarden Dollar können wir sicher sein, dass auch Mrs Bormann von der NASA etwas einfällt, um ohne Unterstützung aus Houston den Start in die Wege zu leiten. Sie wird einen Weg finden, um Atlantis nach oben zu bringen. Wir sollten die Techniker jetzt ihre Arbeit tun lassen. Kommen Sie, oben auf der Tribüne haben wir einen besseren Blick auf das Geschehen. Im Budget der NASA ist bestimmt auch ein ordentliches Buffet für die Presse berücksichtigt. Ich bin gleich wieder bei Ihnen. Vorher darf ich dem Präsidenten noch empfehlen, die feindliche Maschine, die soeben in unseren Luftraum eindringt, abzuschießen.«
Während McNab wie der Hausherr dieses Gebäudes den Pressetross hinter sich her zog, blickte Nicole Bormann nur ungläubig hinterher. »Dieses Arschloch hat uns gerade noch gefehlt. Missachtet jegliche Gepflogenheiten und spielt sich zum Retter der Menschheit auf. Ich wette meinen Hintern darauf: Der wird in einer Minute wieder hier sein, um uns die Hölle heiß zu machen. Dann aber hoffentlich ohne seine Hofberichterstatter.«
»Kümmern Sie sich nicht um ihn, wir werden das schon irgendwie schaukeln«, antworte ein bebrillter Assistent, während er mit einem Kleenex Tuch Staub von einem der Monitore wischte.
»Wie ist der Status, Bob?«, wollte Bormann von dem frühzeitig ergrauten Mann mit dem schreiend altmodischen Wildleder-Jackett wissen.
»Die Merritt-Island-Bahnverfolgungsantenne ist ausgerichtet und die Messinstrumente für die Vorflugphase sind kalibriert. Die Weißraummannschaft hat den Überdruck- und Dichtigkeitstest des Cockpits vor fünfzehn Minuten abgeschlossen und den Orbiter verlassen. Der gesamte
Weitere Kostenlose Bücher