Defcon One 01 - Angriff auf Amerika
Space Shuttle verriet, warum noch lange nicht an einen erholsamen Feierabend zu denken war.
Frustriert verließ Spacy die Brücke. Die schwüle Abendluft versetzte ihm einen Schlag. Das Warten zerrte an den Nerven, und es gab nichts, was er tun konnte, da seine Befehle eindeutig waren. Auch wenn er sich am liebsten ins Wasser gestürzt hätte und die paar Meilen bis zum Strand geschwommen wäre, gab es gewisse Spielregeln, denen man sich nicht widersetzen konnte. Er hoffte auf ein besonnenes Handeln der NASA, was die Bedingungen der Geiselnehmer und die im Cockpit der Atlantis wartenden Astronauten anbelangte.
»Sie sitzt seit zwei Stunden da drin und weiß nicht, wie es weitergeht. Das muss eine ziemliche Nervenbelastung sein«, sagte Kathrin Parker und deutete mit einer kurzen Kopfbewegung in Richtung des weit sichtbaren Orbiters. Ebenso wie alle anderen an Bord zermürbte die Offizierin die quälende Ungewissheit, wie es weitergehen würde. Doch für Spacy, den ansonsten unerschütterlichen Operationsleiter der NUSA, musste es eine besonders grausame Qual sein.
»Tracy würde nie auch nur einen Gedanken daran verschwenden, sich mit der Crew aus dem Staub zu machen, wenn dadurch viele Menschenleben in Houston in Gefahr sind. Eher stellt sie sich der Gefahr und wartet darauf, dass ihr irgendjemand eine Bombe in die Hand legt«, antworte Spacy und sah Parker direkt in die Augen. »Danke, Kathrin, ich weiß Ihre Anteilnahme sehr zu schätzen.«
»Ist doch selbstverständlich«, entgegnete die Offizierin. »Ich glaube, jeder von uns hätte an Ihrer Stelle Angst.«
Spacy legte seine Shorts und sein T-Shirt ab und trat an die Reling. »Rufen Sie mich, sobald wir neue Informationen haben. Ich brauche eine Abkühlung und schwimm ein paar Runden um das Schiff. Vielleicht komme ich dabei auf andere Gedanken.«
Bevor Parker noch etwas erwidern konnte, war Spacy bereits kopfüber in die Fluten gesprungen und kraulte mit kräftigen Zügen durch die Wellen. Mit seinem athletischen Körper durchpflügte er das Wasser, als schneide ein Messer durch eine Sahnetorte.
Seufzend kehrte die Zweite Offizierin zurück auf die Brücke, um sich gemeinsam mit Kapitän Carlsen den Dingen an Bord zu widmen. Sie zuckte kurz zusammen, als irgendwo in der Ferne ein Flugzeug mit lautem Knall die Schallmauer durchbrach.
KAPITEL 63
24.04., 19.45 Uhr
Über dem Atlantik
D ie Lockheed Martin F-22 Raptor raste mit anderthalbfacher Schallgeschwindigkeit in einem steilen Winkel der oberen Atmosphäre entgegen und drückte ihren Piloten, Peter Chuck Norris, mit sieben G in den Sitz. Der derzeit modernste und zugleich auch teuerste Luftüberlegenheitsjäger der US-Luftwaffe löste seit 2005 nach und nach die bis dahin erfolgreich operierende F-15 Eagle ab. Mit seinen Supercruise-Fähigkeiten, Tarneigenschaften und der neuesten Avionik an Bord war die Raptor derzeit das Maß aller Dinge, wenn es um Angriffe auf feindliche Ziele ging. Die in unterschiedlichen Grautönen lackierte Maschine gehörte zur Air National Guard und war auf der Tyndall AFB, einem Stützpunkt in der Nähe von Panama City in Florida, stationiert.
Norris schaltete den Nachbrenner ein, woraufhin die beiden Turbofantriebwerke vom Typ Pratt & Whitney F119-100 laut aufheulten und einen Schub entwickelten, als ob der muskulöse Arm eines riesigen Gewichthebers den fehlenden Druck auf den letzten Zentimetern zum Weltrekord ausüben würde. Die Geschwindigkeit der Maschine lag nun bei Mach 2.2. Ohne den speziellen Druckanzug wäre Norris längst bewusstlos. Er kontrollierte mit einer speziellen Atemtechnik seinen Kreislauf und konzentrierte sich voll und ganz auf die Instrumente, die das Ziel in siebzig Meilen Entfernung errechnet hatten. Ein Blick auf den Höhenanzeiger verriet dem Piloten die Überschreitung der Dienstgipfelhöhe. 52.000 Fuß, und er stieg in der dünnen Luft noch immer. Kurzentschlossen legte er die beiden Evelons, eine Kombination aus Höhen- und Querruder, in einen geeigneten Anstellwinkel und ging augenblicklich in eine waagerechte Fluglage über.
Captain Norris, der seinen Spitznamen Chuck wegen seiner Vorliebe für die kompromisslosen Spielfilme des berühmt-berüchtigten Missing in Action Darstellers Chuck Norris trug, musste bei jedem seiner Einsätze darüber schmunzeln, wie die Kritiker des Raptors , die dem Flugzeug in Zeiten asymmetrischer Kriegsführung seinen Sinn absprachen, wohl reagieren würden, wenn sie einmal seine Vorteile in realen
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