Defcon One 01 - Angriff auf Amerika
Vizepräsidenten der Gedanke in den Kopf, Ripper einfach vor die Tür zu setzen. Es schien ihm, als ob die größte Gefahr in diesem Drama nicht von außen sondern von innen ausging. Was in diesen Stunden geschah, konnte sich zu einer innenpolitischen Tragödie ausweiten, wenn nicht die unterschiedlichen Interessenslager geeint zueinander standen. Er musste einen schwierigen Spagat einschlagen, wollte er den Vorsitzenden der Vereinigten Stabschefs nicht gänzlich vergraulen. Jetzt war der Diplomat Franklin gefragt.
»General, wir sollten nicht noch mehr Porzellan zerschlagen, als ohnehin schon zu Bruch gegangen ist. Wir sollten miteinander statt gegeneinander arbeiten. Wenn Sie heute die Meinungsumfragen zum Vorgehen des Präsidenten beziehungsweise der Regierung in den Medien verfolgt haben, so zeigt sich ein ziemlich eindeutiges Bild. Die Mehrheit unserer Bürger steht hinter der Entscheidung des Präsidenten. Man vertraut dem Mann, und nur die wenigsten werfen ihm vor, in Texas und Florida nicht sofort gestürmt zu haben. Bisher ist das Militär in der Berichterstattung außen vor. Es sind eher die Geheimdienste, denen ein Versagen vorgeworfen wird.«
»Vielleicht wissen Sie es noch nicht. Aber mancherorts wird schon laut über ein Amtsenthebungsverfahren gegen Sie und den Präsidenten nachgedacht«, lenkte General Ripper das Gespräch in noch gefährlicheres Fahrwasser.
Walter Franklin hatte insgeheim gehofft, diese Bemerkung wäre ihm erspart geblieben. Jetzt zeigte sich, auf welch dünnem Eis die obersten Machthaber wandelten. Rippers Einwurf war von daher sehr ernst zu nehmen. Das Thema Befangenheit des Präsidenten war schwerwiegend, ebenso wie die tolerierte Duldung des Nichtrücktritts von George T. Gilles durch den Vizepräsidenten.
»Ich erlaube mir, die letzte Bemerkung überhört zu haben, General. In der jetzigen Situation ist es wohl äußerst kontraproduktiv, die Geschicke des Landes in die Hände des Sprechers des Repräsentantenhauses zu legen. Im Dabeisein des Stabschefs des Weißen Hauses und der Justizministerin hat der Präsident heute, trotz wirklich dramatischer Umstände, einen Brief unterzeichnet, der seine Amtsunfähigkeit bescheinigt. Der Brief ist kurz darauf – gemäß dem 25. Zusatzartikel der Verfassung – an die Vorsteher der beiden Kammern des Kongresses übermittelt worden. Ich darf Ihnen versichern, dass sich der Präsident sehr wohl der Ernsthaftigkeit der Lage bewusst ist und es ihm nicht um persönliche Machterhaltung geht. Was im Übrigen auch auf meine Wenigkeit zutrifft. Wir werden uns jederzeit, wenn das hier überstanden ist, einem Untersuchungsausschuss stellen. Wir sehen ein Machtvakuum als gefährlicher an, als ein mögliches Amtsenthebungsverfahren. Und damit sollte dieser Punkt endgültig geklärt sein«, stellte Franklin in aller Deutlichkeit fest.
»Böse Zungen behaupten, der Herzinfarkt hätte dem Präsidenten in die Karten gespielt. Man wird sehen, wie sich das alles weiterentwickeln wird. Als Vorsitzender der Vereinigten Stabschefs liegt mir nichts ferner, als Öl auf das von den Präsidentengegnern gelegte Feuer zu gießen.«
Walter Franklin wäre am liebsten aufgestanden, um mit seiner Leibesfülle den General an der Wand plattzudrücken. Rippers Bemerkung hatte darauf abgezielt, die Loyalität des Militärs nur unter bestimmten Entscheidungen der politischen Führung zu gewährleisten. Unter seinem Schreibtisch ballte Franklin die Hand zur Faust, während er mit einer denkwürdig miserablen schauspielerischen Leistung versuchte, ein versöhnliches Lächeln in sein Gesicht zu zaubern.
»Wie sieht denn die militärische Vorgehensweise im Hinblick auf die Geiselbefreiung in der ISS genau aus? Gibt es bereits einen detaillierten Plan, den Sie mir vorlegen können?«
In dem sicheren Glauben, in dieser Runde gepunktet zu haben, setzte General Ripper sein Siegerlächeln auf. »Meine Leute arbeiten gerade fieberhaft daran. Noch haben die Terroristen keine Forderungen gestellt, aber es wird sicherlich auf das Übliche hinauslaufen: Geld, Freilassung von Gesinnungsgenossen aus Guantanamo, Abrüstung, Rückzug aus dem Irak, irgendeine absurde Forderung, die Israel betrifft, Schließung von Militärbasen. Denken Sie sich irgendetwas aus, und diese gefährlichen Spinner werden es formulieren. Egal wie die Forderungen auch lauten, sie werden inakzeptabel sein. Wir werden auf Zeit spielen, die werden einen nach dem anderen exekutieren. Wahrscheinlich werden diese
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