Defcon One 01 - Angriff auf Amerika
zu wem sie wollten. Die Männer waren unauffällig in zivile Garderobe gekleidet und erinnerten ein wenig an Versicherungsvertreter.
»Sind Sie Mr Spacy?«, erkundigte sich der ältere der Männer. Sein am Anzugrevers befestigter Ausweis wies ihn als Peter Norton aus, Mitarbeiter der Weltraumbehörde.
»Ja, der bin ich. Anscheinend arbeitet die NASA am Boden schneller als im Weltraum. Ich nehme an, Sie haben ein kleines Paket von Mrs Borman für mich abzugeben?«
»Ja, wenn Sie mir bitte folgen würden, um den Empfang zu quittieren?«
Spacy und Hunter schritten auf den Van zu und warteten, bis Norton die beiden Hintertüren aufgeklappt hatte. Die Ladung bestand aus zwei nagelneuen Raumanzügen der Firma Martin Marietta aus Colorado.
»Wow«, staunte Hunter. »Mit so einem Ding bist du auf jeder Kostümparty das Highlight des Abends.«
»Auf Anordnung der Direktion haben wir Ihnen das neuste Equipment für MMUs zusammengestellt«, sagte Norton.
»Manned Maneuvering Unit, das geile High-Tech-Zeug für Außenbordaktivitäten«, bestätigte Spacy. »Wir haben in der Independence nur wenig Platz und brauchen von daher eine Alternative zu den ursprünglichen, recht voluminösen Anzügen, die ich uns mitgebracht habe.«
»Die Teile sehen aus, als handle es sich um Prototypen. Ich kann mich jedenfalls nicht erinnern, in offiziellen Berichten etwas davon gesehen zu haben«, sagte Hunter.
»Es sind Prototypen. Bei EVA-Aktivitäten haben Sie dadurch mehr Bewegungsfreiheit.«
» EVA ? Wofür steht diese Abkürzung nochmal?«
»Extra–vehicular activity, alles was außerhalb des Raumschiffs geschieht. Zusammen mit dem SAFER, dem Düsenrucksack-System mit Stickstoff-Steuerungsdüsen, können Sie sich bei Bedarf mit einer Geschwindigkeit von ungefähr drei Metern pro Sekunde in jede Richtung bewegen, ohne eine Nabelschnur zwischen Ihnen und der Operationsplattform.«
Hunters anfängliche Begeisterung wich nun einer gesunden Skepsis. Bei dem Gedanken, völlig losgelöst durchs All zu schweben, wurde dem Chefingenieur etwas mulmig. Spacy ahnte bereits, warum es Hunter plötzlich die Sprache verschlagen hatte, und er zog seinen alten Freund deshalb auf: »Halb so wild, Jack. Laut meinen Berechnungen müssen wir in diesen Dingern bloß die lächerliche Distanz von zwei Meilen zurücklegen.«
»Zwei Meilen durchs All? Ich bin doch nicht lebensmüde.«
»Dann wird es allerhöchste Zeit, endlich einen Plan B auszuarbeiten. Lass uns die Sachen ausladen.«
Entschlossen machten sich die Männer ans Werk, unterstützt von den Technikern des Weltraumoperationszentrums und weiteren NASA-Mitarbeitern, die nach und nach auf dem abgeriegelten Stützpunkt eintrafen. Nach einer längeren Lagebesprechung wurde schließlich der Countdown auf T-36 Stunden festgelegt. Von jetzt an würde es noch genau anderthalb Tage dauern, bis die mächtige DELTA IV Rakete die Independence ins All tragen konnte.
»Ein verdammter Wettlauf gegen die Zeit. Hoffentlich passiert zwischenzeitlich nichts Schreckliches auf der ISS«, sagte Hunter.
»Ja. Wenn wir nicht starten können, gibt es für die da oben keine Chance auf eine Befreiung.«
KAPITEL 73
26.04., 20.00 Uhr
Washington D.C., Weißes Haus
V izepräsident Walter Franklin konnte sich nicht daran erinnern, jemals einen ereignisreicheren Tag erlebt zu haben. Als Stellvertreter von George T. Gilles war er zwar an das Leben im Rampenlicht gewohnt, aber die letzten vierundzwanzig Stunden hatten alles in den Schatten gestellt. Seit dem Zusammenbruch des Präsidenten hatte er nicht einmal ein Auge zugetan. Die Verantwortung war enorm, und die verfahrene Situation bedrückte ihn zutiefst. Als habe eine unsichtbare Macht an seinem Rücken einen Schalter umgelegt, der ihn dazu zwang, wie ein übermenschliches Wesen zu funktionieren, erlebte er alles, was er tat und sagte, wie in einem distanzierten und tranceähnlichen Zustand. Es blieb keine Zeit für Pausen, da sich das Land in der bedrohlichsten Situation seit der Kuba-Krise, dem Kennedy-Mord und dem 11. September befand. Tausend Leute verlangten nach einer Antwort, nach Lösungsvorschlägen, nach der starken moralischen Stütze. Sämtliche Minister und Behörden, ausländische Staatschefs, die eigenen Militärs und nicht zuletzt die Medien wollten eine Antwort auf die Frage, wie es nun weiterging. Das Weiße Haus befand sich im Belagerungszustand durch die Presse, und der Druck wurde von Minute zu Minute größer, da alle Welt von dem übergangsweise
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