Defcon One 01 - Angriff auf Amerika
bereits erfolgreich absolviert, und seitdem wartete sie auf eine Nominierung in eine offizielle Mission. Und seit letzter Woche war es amtlich: Sie würde ihre Chance bekommen, auch wenn sie jetzt erst einmal nur auf der Reserveliste für die von den der NASA werbewirksam angepriesenen Jubiläumsmission im Sommer stand und bis dato dem Support Team, also der wichtigen Unterstützungsmannschaft am Boden, zugewiesen war. So pendelte sie derzeit ständig zwischen Texas und Florida hin und her, um für Mission Control und die jetzige Einsatzcrew ihr Bestes zu geben und gleichzeitig die auf Cape Canaveral aufgezeichnete naturwissenschaftliche TV-Quizshow zu moderieren, über die Mark Spacy seine ganz eigene und in der Tat nicht positive Meinung zu äußern pflegte.
»Entschuldige, Liebes, die Pflicht, die Pflicht«, versuchte Präsident George T. Gilles den Protest seiner Tochter bereits im Keim zu ersticken. »Ich hatte irgendwo meinen Pager, das ist so ein Ding, mit dem du hier rund um die Uhr auf Empfang zu deinem Stab bist, im Büro liegen gelassen. Und das mögen die Jungs vom Secret Service überhaupt nicht.«
Tracy fiel auf, dass ihr Vater vom Büro sprach, anstatt das Wort Oval Office zu benutzen. Anscheinend war er wirklich noch nicht ganz hier angekommen und durchlebte gerade eine Art Tagtraum. Es würde wahrscheinlich noch etwas dauern, bis er realisiert hatte, wer er nun war.
Für Tracy jedenfalls war er noch immer der Mann ihrer Kindheit; der Vater, der mit ihr auf den Schultern durch die Straßen von Bakersfield stürmte und bunte Drachen hinter sich herzog. Jedenfalls mochte sie dieses Bild lieber als das eines politischen Führers, der mit einem Telefonat Atomkriege auslösen konnte.
Tracy fragte sich, ob dieser Job einen Menschen veränderte und wie es seine Vorgänger geschafft hatten, mit dieser ungeheuren Verantwortung umzugehen. Jedenfalls freute sie sich für den Moment darüber, ihn hier zu sehen. Er würde seinen Job gut machen, da war sie sich sicher. Er würde seine politischen Gegner und die republikanischen Hinterwäldler mit seiner charmanten und offenen Art alle um die Finger wickeln. Außerdem: Was ehemalige Cowboys geschafft hatten, würde ein kultivierter Akademiker und Intellektueller, der sich seine Volksnähe und Natürlichkeit immer bewahrt hatte, erst recht schaffen.
Wurde nur Zeit, dass es in absehbarer Zukunft eine First Lady an seiner Seite geben würde. Aber was redete sie sich in diesem Augenblick eigentlich ein? Schließlich war ihr eigenes Liebesleben seit fast einem Jahr die reinste Katastrophe, und sie kämpfte mit sich, Mark für immer Lebewohl zu sagen, auch wenn ihr dieser Gedanke arge Kopfschmerzen bereitete.
»Was macht eigentlich dein großer Held? Mark Spacy! Ich habe ihn bestimmt schon ein Jahr nicht mehr gesehen. Ist er immer noch bei der NUSA?«, nahm George T. Gilles wie auf Stichwort den letzten Gedanken von Tracy auf.
»Lass uns über etwas anderes reden, Dad. Momentan …«, sie zögerte und stocherte verlegen in ihrem Thunfischsteak herum, als suche sie die richtigen Worte, »läuft es einfach nicht so gut!«
Dann setzte sie ein künstliches Lächeln auf und hob ihr Glas; ein Zeichen dafür, dass dieses Thema an dieser Stelle sofort beendet war. George T. Gilles kannte seine Tochter gut genug und wechselte rasch das Thema.
»Nun gut, ich sehe, du möchtest nicht darüber sprechen. Wird sich bestimmt wieder einrenken. Du weißt ja, ich spreche aus Erfahrung. Dann erzähl doch mal von der NASA. Man hat dich also in das Ersatzteam nominiert. Finde ich großartig. Aber du bist noch keiner festen Mission zugeteilt, oder? Soviel ich gehört habe, geht es Commander Scott Glenmore prächtig und Edwin Hinkley, der Ersatzpilot, läuft den Marathon noch immer in passablen zwei Stunden und zwanzig Minuten.«
»Wo hast du denn diese Informationen her? Hast du etwa die CIA auf mein direktes Umfeld angesetzt?«, wollte Tracy wissen und war erstaunt darüber, wie gut ihr Vater über seine eigene Tochter informiert war.
»Die sind dafür nicht zuständig. Aber glaube mir, dieser Job hier hat so seine Vorteile.« Er drehte mit der Messerspitze ein paar Kreise in der Luft und blickte an die Decke. »In diesem Haus erfährt man Sachen, ob man sie nun hören will oder nicht. Und dazu gehört auch ein täglicher Wetterbericht von der eigenen Familienfront.«
»Das glaube ich jetzt nicht. Ich werde bespitzelt? Irgendjemand beobachtet mich dabei, wie ich meinen Job mache,
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