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Defekt

Defekt

Titel: Defekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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geduscht, aber er hat
sich die Kleidung der Männer angesehen und untersucht, was sie so in den
Taschen mit sich herumtragen: Geld, Mobiltelefone, manchmal Drogen.
    Die Frauendusche sieht ganz ähnlich aus und befindet
sich auf der Ostseite des Tankstellenshops. Frauen gehen nie zu zweit zum
Duschen, ganz gleich, ob es dadurch billiger würde. Beim Duschen sind sie immer
hektisch, denn sie schämen sich ihrer Nacktheit und haben eine Todesangst
davor, dass jemand einfach hereinkommen könnte, zum Beispiel ein Mann, ein
großer, starker Mann, der dann mit ihnen macht, was er will.
    Hog wählt die gebührenfreie Nummer auf der grünen
Karte, die er zusammengefaltet in der Gesäßtasche aufbewahrt. Die Karte ist
rechteckig, etwa zwanzig Zentimeter lang und hat an einem Ende ein großes Loch
und einen Schlitz, damit man sie an eine Türklinke hängen kann. Auf die Karte
sind Informationen und die Karikatur einer Zitrone mit Hawaiihemd und
Sonnenbrille aufgedruckt. Er tut Gottes Werk. Er ist die Hand Gottes und tut
Gottes Werk. Gott hat einen IQ von einhundertundfünfzig.
    „Danke, dass Sie das Amt zur Bekämpfung des
Zitrusbrandes angerufen haben“, sagt eine ihm vertraute Stimme vom Band. „Alle
Anrufe werden stichprobenartig auf korrekte Abwicklung überprüft.“
    Anschließend fordert ihn die Frauenstimme vom Band
auf, die folgende Nummer zu wählen, falls er anruft, um Zitrusbrand-Befall in
Palm Beach, Dade County, Broward County oder Monroe zu melden. Er beobachtet,
wie der Seminole in seinen Pick-up steigt. Das rote Karohemd des Mannes
erinnert ihn an den geschnitzten Holzfäller vor dem Christmas Shop. Dann wählt
er die Nummer, die die Stimme vom Band ihm genannt hat.
    „Landwirtschaftsministerium“, meldet sich eine
Frauenstimme.
    „Ich möchte gern mit einem Zitruskontrolleur
sprechen“, sagt er, starrt dabei den Seminolen an und denkt an Ringkämpfe mit
Alligatoren.
    „Wie kann ich Ihnen behilflich sein?“
    „Sind Sie Zitruskontrolleurin?“, fragt er, während
er sich an den Alligator erinnert, den er vor etwa einer Stunde am Ufer des
schmalen Kanals entlang der South 27 gesehen hat.
    Das hat er als gutes Zeichen gedeutet. Das Reptil
war mindestens einen Meter fünfzig lang und sehr dunkel und trocken. Es
interessierte sich nicht im mindesten für die riesigen Holzlaster, die an ihm
vorbeidonnerten. Wenn genug Platz gewesen wäre, hätte er angehalten. Er hatte
den Alligator beobachtet und seine furchtlose Herangehensweise ans Leben auf
sich wirken lassen. Ruhig und reglos lag das Reptil da, stets bereit, wie der
Blitz ins Wasser zu springen oder die ahnungslose Beute zu packen und sie auf
den Grund des Kanals zu zerren, wo sie ertrinkt, verfault und irgendwann
gefressen wird. Hog hätte den Alligator gern länger beobachtet, aber das
Anhalten am Highway war zu gefährlich, und außerdem ist er auf einer Mission.
    „Möchten Sie einen Vorfall melden?“, hakt die
Frauenstimme am Telefon nach.
    „Ich arbeite bei einer Gärtnerei und habe gestern in
einem Garten, etwa einen Häuserblock entfernt von dem Rasen, den ich gerade
gemäht hatte, einen Baum mit Zitrusbrand bemerkt.“
    „Können Sie mir die Adresse geben?“
    Er nennt eine Adresse in West Lake Park.

„Und wie ist bitte Ihr Name?“
    „Ich möchte lieber anonym bleiben. Sonst könnte ich
Schwierigkeiten mit meinem Chef kriegen.“
    „Gut. Ich hätte da noch ein paar Fragen. Haben Sie
den Garten, wo Sie den Zitrusbrand gesehen haben, selbst betreten?“
    „Er ist nicht eingezäunt. Also bin ich reingegangen,
weil sie dort viele hübsche Bäume und Hecken und viel Rasen hatten. Ich dachte,
ich könnte mich erkundigen, ob es dort vielleicht Arbeit für mich gibt. Und da
sind mir die verdächtigen Blätter aufgefallen. Einige der Bäume haben winzige
Flecken auf den Blättern.“
    „Hatten diese Flecken einen wässrig wirkenden Rand?“
    „Mein Eindruck war, dass sich die Bäume erst vor
kurzem angesteckt haben, weshalb es bei Ihren Routinekontrollen wahrscheinlich
niemand bemerkt hat. Mir machen die Gärten zu beiden Seiten Sorgen. Dort wachsen
nämlich Zitrusbäume, die meiner Einschätzung nach weniger als sechshundert
Meter von den erkrankten entfernt sind, was heißt, dass sie sich vermutlich
auch angesteckt haben. Die Zitrusbäume in den übrigen Gärten stehen meiner
Ansicht nach auch dichter als sechshundert Meter. Und so setzt es sich durchs
ganze Viertel fort. Verstehen Sie jetzt meine Bedenken?“
    „Wie kommen Sie darauf,

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