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Deichgrab

Deichgrab

Titel: Deichgrab Kostenlos Bücher Online Lesen
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wollte. Als die Bedienung kam und das Geschirr abräumte, flüsterte sie leise: »Nehmen Sie es nicht so ernst. Momme ist und bleibt ein Spökenkieker.«
    Auf dem Rückweg hatte Tom viel Zeit zum Nachdenken. Die Gruppe um Momme Jacobs ging ein gutes Stück voraus. Sein Gefühl sagte ihm ganz deutlich, dass Onkel Hannes kein Mörder gewesen war.
    Wenn die Leute noch heute so heftig reagierten, dann waren sie damals sicher nicht sachlicher an die ganze Angelegenheit herangegangen. Wahrscheinlich hatten sie sich nicht mal die Mühe gemacht, alles genauer zu untersuchen. Irgendeiner hatte gesagt, dass Onkel Hannes den Teufel in sich gehabt hatte und schon war er für alle verschwundenen Kinder in ganz Nordfriesland verantwortlich gewesen. Und stur wie die Leute hier im Norden waren, konnte man sie natürlich auch nicht vom Gegenteil überzeugen. Dennoch reizte Tom die Vorstellung, die Wahrheit ans Licht zu bringen und den Leuten zu präsentieren. Nur zu gerne würde er ihnen beweisen, dass sein Onkel kein Mörder war.
              
    Als Broder auf seinen Gehstock gestützt den ›Deichgrafen‹ betrat, hatte er sich vom ersten Schrecken wegen des überzogenen Betriebskontos erholt. Er hatte sich in seinem Zimmer noch mehrere Schlucke aus der Kornflasche genehmigt und war dann in seinem Sessel eingeschlafen. Als er seinen Rausch ausgeschlafen hatte, war Franks Wagen vom Vorplatz verschwunden gewesen und Meike hatte sich für Stunden im Badezimmer eingeschlossen gehabt.
    Klaus saß bereits an ihrem Stammtisch. Nachdenklich blickte er in sein halbvolles Bierglas. Broder grüßte den Wirt und setzte sich zu Klaus an den Tisch. Kurz darauf brachte der Wirt unaufgefordert ein zweites Bier.
    »Wir müssen uns irgendetwas einfallen lassen!«, begann Broder das Gespräch, sobald der Wirt aus ihrer Nähe verschwunden war. »Ich bin nun fast schon alle Notare durch. Nichts. Was meinst du, sollen wir auch noch Flensburg abtelefonieren?«
    »Das hat doch alles keinen Sinn!«
    »Klar, du machst dir ja nicht mal die Mühe irgendwo anzurufen. Wir haben ein riesiges Problem, und das weißt du!«
    Broders Stimme war unweigerlich wieder lauter geworden. Er blickte sich um, aber keiner der anderen Gäste interessierte sich für ihr Gespräch.
    »Ich habe gestern die Kontoauszüge vom Betriebskonto gefunden. Frank hat das Konto hoch überzogen. Es gibt etliche Rücklastschriften und der Dauerauftrag ist seit Februar auch geplatzt.«
    Klaus hob fragend seine linke Augenbraue und rutschte nervös auf seinem Stuhl hin und her.
    »Und wenn die Unterlagen gar nicht beim Notar sind?«, fragte er zögerlich.
    »Wo sollte er sie denn sonst versteckt haben? Oder meinst du etwa, dass er die so in seinem Haus aufbewahrt hat? Der doch nicht! Da müsste man ja auch schon ganz schön blöd sein!« Broder tippte sich mit seinem Zeigefinger an die Stirn.
    »Ich weiß, ich hätte dir vielleicht davon erzählen sollen«, sagte Klaus leise, »Ende März habe ich im Briefkasten einen Umschlag gefunden. Ich habe es nicht wirklich ernst genommen, dachte es wäre ein schlechter Scherz.«
    »Was war das für ein Umschlag?«
    »Eine Art Drohbrief war drin: ›Wenn ihr nicht zahlt, packe ich aus!‹ Mehr nicht. Ich wusste ja nicht, dass das Geld nicht bezahlt worden war.«
    »Nicht ernst genommen? Ein Scherz?« Broders Gesicht lief rot an.
    »Wie blöd bist du eigentlich? Warum hast du mich denn nicht gefragt?«
    »Du hättest es doch auch nicht gewusst!«
    »Ich hätte aber nachschauen können!«
    Broders Stimme war, wie immer, wenn er sich aufregte, sehr laut. Ein Mann vom Nebentisch hatte sich bereits umgedreht. Broder hob seine Hand und deutete mit zwei Fingern an, dass der Wirt zwei neue Gläser Bier bringen sollte.
    »Weißt du, was das bedeutet?«, zischelte er, nachdem der Wirt zwei volle Gläser vor ihnen abgestellt und wieder verschwunden war.
    »Wahrscheinlich hat er die Unterlagen schon lange vom Notar abgeholt, weil er die ganze Sache auffliegen lassen wollte!«
    »Und wo sind sie dann jetzt?«
    »Was weiß ich«, fuhr Broder ihn an, »wahrscheinlich tatsächlich bei ihm zu Hause.«
                   

7
    Sein Gesicht brannte von der Sonne. Die frische Luft hatte ihn müde und hungrig gemacht. Da er keine Lust auf Brot mit Aufschnitt hatte, ging er die Dorfstraße entlang bis zu der Kneipe, die etwas weiter zurück auf einem Hügel lag.
    In der Gaststube ging es hoch her, alle Tische waren voll besetzt. Aber das war nicht

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