Deichgrab
für das Haus zusammensuchte, entdeckte er in einer Mappe eine weitere Flurkarte. Ein größeres Gebiet, das an Onkel Hannes Grundstück angrenzte, war markiert. Er fragte sich, ob sein Onkel noch weiteres Land besessen hatte. Anhand der Karte konnte er die kleine Straße hinterm Haus erkennen. Das markierte Feld befand sich rechts davon.
Er steckte die Unterlagen in eine Plastiktüte, nahm seinen Autoschlüssel und fuhr die Dorfstraße hinunter zum Büro von Herrn Schmidt.
Das Schild an der Tür zeigte auf ›Geschlossen‹, aber Tom konnte durch einen Spalt zwischen den Lamellen eine Person hinter dem Schreibtisch erkennen. Energisch klopfte er gegen die Glastür, bis Herr Schmidt erschien und ihm öffnete. Er trug eine Cordhose und einen grünen Pullunder.
»Heute habe ich nicht geöffnet!«
»Es ist dringend.«
Der Immobilienmakler trat aus der Tür und er folgte ihm in das düstere Büro.
Sie setzten sich an den Schreibtisch. Tom holte die Unterlagen aus der Plastiktüte, legte sie auf den Schreibtisch.
»Zum einen hat sich Ihr Interessent bei mir gemeldet und zum anderen würde ich gerne erfahren, was es mit diesem Stück Land auf sich hat.«
Er zog die Flurkarte aus der Mappe. Herr Schmidt nahm seine Nickelbrille von der Nase und betrachtete die Karte.
»Nun, wie es scheint, hat Ihr Onkel noch weiteres Land besessen. In meinen Unterlagen ist davon jedoch nichts verzeichnet.«
»Könnte es sich um Bauland handeln?«
»Schwer zu sagen, da müsste ich beim Katasteramt nachfragen.«
Tom erwähnte, dass Herr Crutschinow ihm eine hohe Summe für das Haus angeboten hatte. Der Makler blickte ihn erstaunt an.
»Aber so viel ist das Haus doch gar nicht wert! Höchstens 250.000 DM, eher weniger.«
Tom erzählte auch, dass Herr Crutschinow das Haus hatte gar nicht besichtigen wollen.
»Das ist nicht verwunderlich. Er kennt das Haus. Wenn das Grundstück allerdings zum Besitz Ihres Onkels dazugehört und es als Bauland deklariert ist, erklärt das natürlich das hohe Angebot.«
Tom bedankte sich und verließ das Büro. Draußen hatte der Nebel sich zwar gelichtet, die Sonne wollte jedoch nicht so recht scheinen.
Er fuhr in die Stadt um noch einige Einkäufe für das Wochenende zu tätigen.
27
Die Tür zu Broders Krankenzimmer wurde leise geöffnet. Er war noch immer mit dem Überwachungsmonitor verbunden, den Schlauch unter seiner Nase hatte man jedoch entfernt.
Als Broder den Mann erkannte, der das Zimmer betrat, verkürzten sich die Abstände zwischen den einzelnen Signaltönen des Monitors rasant. Die grünen Kurven auf dem Bildschirm schnellten in die Höhe.
Der Mann trat langsam an Broders Bett.
»Guten Tag, Herr Petersen. Ich habe von Ihrem Aufenthalt hier im Krankenhaus gehört und wollte mal schauen, wie es Ihnen geht.«
Er hatte einen Blumenstrauß in der Hand, den er auf den Nachttisch legte.
»Das ist nett von Ihnen.«
Broder versuchte, sich in dem Bett etwas aufzurichten. Er kam sich klein und unterlegen vor.
Der Besucher zog einen Hocker an das Bett und setzte sich. Er betrachtete Broder eindringlich, so als erwarte er eine Erklärung. Broder räusperte sich.
»Ich hatte einen leichten Schlaganfall, aber es geht mir schon wieder besser.«
»Ich bin nicht gekommen, um mir Ihre Krankengeschichte anzuhören.«
Broder schwitzte. Die Kurven auf dem Monitor schlugen noch höher aus.
»Also wissen Sie, es ist nämlich so.«
»Ich will keine Ausflüchte hören! Haben Sie die Unterlagen endlich gefunden?«
Broder schüttelte kaum merklich seinen Kopf.
Frieda fühlte sich schrecklich müde. Sie hatte kaum geschlafen, ihre Hüfte schmerzte. Trotzdem wollte sie Lorentz besuchen.
›Er wartet doch auf mich‹, redete sie sich ein, obwohl sie ganz genau wusste, dass das nicht der Wahrheit entsprach.
Manchmal hatte sie das Gefühl, er bemerke sie gar nicht, wenn sie neben seinem Bett saß und mit ihm sprach. Es tat weh, ihn jeden Tag ein Stück mehr zu verlieren. Er war die Liebe ihres Lebens und so würde es immer bleiben.
Mühsam stand sie vom Küchentisch auf. Das Frühstücksbrot hatte sie nur zur Hälfte gegessen. Im Badezimmer wusch sie sich flüchtig mit dem Waschlappen ihr Gesicht, reinigte ihr Gebiss und kämmte sich die Haare. Aus dem Arzneischränkchen über der Kommode nahm sie eine Schmerztablette, spülte sie mit einem kräftigen Schluck Wasser hinunter. Langsam zog sie ihren Mantel an. Als sie gerade die Tür abschließen wollte, hörte sie das Telefon.
Es war Hanna,
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