Dein Auftritt Prinzessin
Michaels Beschreibung vom »Mann« klingt voll nach Dad! Obwohl ich mir irgendwie nicht vorstellen kann, dass diese ganzen Bluessänger den Fürsten von Genovia besingen. Woher sollten die ihn auch kennen? Ich glaub nicht, dass Dad schon mal in Memphis war.
Montag, 12. Januar, Tagesprogramm
20.00 - 24.00 Uhr
Konzert der Hof-Philharmoniker
Immer wenn es ausnahmsweise mal so aussieht, als würde vielleicht - ganz vielleicht - alles so werden, wie ich es mir erträume, kommt irgendwas dazwischen.
Und das ist meistens Grandmère.
Sie konnte sich wahrscheinlich denken, dass ich die ganze Nacht mit Michael telefoniert hab, weil ich heute Morgen so verschwiemelt aussah. Deshalb hat sie mich nach meinem Ausritt und vor dem Treffen mit der Bürgerinitiative zur Verschönerung der Strandpromenade beiseite genommen und mir eine Gardinenpredigt gehalten. Diesmal ging es aber nicht um das passendste Geburtstagsgeschenk für einen Jungen, sondern um den passendsten Jungen.
»Von mir aus, Amelia«, sagte Grandmère, »kannst du diesen Jungen ja gerne nett finden.«
»Das will ich aber auch hoffen!«, rief ich rechtschaffen empört. »Du hast ihn ja noch nicht mal kennen gelernt! Was weißt du schon von Michael? Nichts!«
Grandmère brachte mich mit einem bösen Blick zum Schweigen. »Nichtsdestotrotz halte ich es für kurzsichtig, aufgrund deiner Zuneigung zu diesem … diesem Michael, alle anderen infrage kommenden, passenden Partien zu ignorieren. Ich denke da beispielsweise an …«
Ich unterbrach sie. »Wenn du jetzt Prinz William sagst, springe ich vom Pont des Vierges .«
Grandmère lachte auf. Ich solle mich nicht noch lächerlicher machen, als ich es ohnehin schon sei. Prinz William könne ich schon allein deswegen nicht heiraten, weil er der Church of England angehöre und ich nicht. Trotzdem gäbe es für eine Prinzessin aus dem Fürstengeschlecht der Renaldos andere, unendlich viel geeignetere Heiratskandidaten als Michael. Sie würde es sich nie verzeihen, wenn ich nicht die Bekanntschaft dieser anderen jungen Männer mache, bloß weil ich mir zufälligerweise einbilde, in Michael verliebt zu sein. Außerdem sei sie sich sicher, dass Michael mir im umgekehrten Fall (also wenn er ein vermögender Thronfolger wäre) garantiert nicht so treu ergeben wäre wie ich ihm.
Da legte ich aber energischen Protest ein. »Wenn du dir je die Mühe gemacht hättest, Michael kennen zu lernen, wüsstest du, dass er sich in jeder Lebenslage - als Chefredakteur seines neuerdings eingestellten Internetmagazins Crackhead wie auch als Schatzmeister der Computer-AG - immer als außerordentlich vertrauenswürdig und zuverlässig erwiesen hat. Und außerdem«, ich holte tief Luft, »verletzt es mich total, dass du so schlecht über den Menschen sprichst, dem ich mein Herz versprochen hab.«
»Genau darum geht es ja, Amelia.« Grandmère rollte ihre gruseligen Augen. »Du bist entschieden zu jung, um irgendwem leichtfertig dein Herz zu versprechen. Ich halte es für sehr unklug, im zarten Alter von vierzehn Jahren entscheiden zu wollen, mit wem du den Rest deines Lebens verbringen willst. Es sei denn, es handelt sich um einen wirklich besonderen jungen Mann. Einen jungen Mann, den dein Vater und ich sehr, sehr gut kennen. Einen jungen Mann, der möglicherweise noch ein kleines bisschen unreif wirkt, der
aber vermutlich nur die richtige Partnerin an seiner Seite benötigt, um zur Vernunft zu kommen. Mädchen werden ja bekanntermaßen immer etwas früher erwachsen als junge Männer, Amelia …«
Ich unterbrach Grandmère mit dem Hinweis, dass ich in vier Monaten schon fünfzehn werde und dass Julia auch erst vierzehn war, als sie ihren Romeo heiratete. Worauf Grandmère nur zischte: »Und sieh nur, wie glücklich die zwei geworden sind!«
Eins ist klar, Grandmère war eindeutig noch nie im Leben verliebt. Außerdem hat sie keinen Sinn für Liebestragödien.
»Im Übrigen«, sagte Grandmère mitleidig, »wird dieser Junge sowieso nicht mehr lange dein Freund bleiben, wenn du so weitermachst.«
Ich fand es extrem fies von Grandmère, mich - die ich erst seit gerade mal fünfundzwanzig Tagen einen richtigen Freund habe, mit dem ich in dieser Zeit genau dreimal telefoniert habe - so zu verunsichern und mir quasi zu prophezeien, ich würde ihn bald an irgendeine Trulla mit zweifarbigen Augen verlieren. Das hab ich ihr auch gesagt.
»Tja, es tut mir sehr Leid, Amelia«, sagte Grandmère. »Aber wenn du deinen kleinen Freund behalten
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