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Dein bis in den Tod

Dein bis in den Tod

Titel: Dein bis in den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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sie vor mir, einen nach dem anderen, die anonymen, den langen schlaksigen, den dicken Tasse – und Joker selbst, mit dem Aussehen eines Pastors, mit Augen wie ein Tiger und Zähnen wie eine verfaulte Leiche. Und ich dachte daran, was sie mit Wenche Andresen angestellt haben könnten, wenn sie auch hinaufgegangen wäre, um das Fahrrad zu holen. »Wärst du selbst hingegangen«, fragte ich, »um das Fahrrad zu holen?«
    »Nach dem, was passiert ist?« Sie schüttelte den Kopf. »Lieber hätte ich das Fahrrad geopfert, auch wenn wir uns das eigentlich nicht leisten können. Nein. Nie im Leben wäre ich da raufgegangen, jedenfalls nicht allein!«
    »Hätte euch … Ihnen keiner helfen können? Kennen Sie niemanden?«
    Sie sah mich an. »Haben Sie mal in einem Haus wie diesem hier gewohnt? Wie viele Wohnungen sind es, fünfzig, sechzig? Fast zweihundert Menschen. Ich grüße gerade mal ein paar von denen, die in unserer Etage wohnen. Ein paar andere sehe ich ab und zu im Fahrstuhl. Es ist wie in einem Ameisenhaufen. Glauben Sie, Ameisen grüßen sich?« Sie schüttelte wieder den Kopf. »Nicht ein Mensch. Wir sind genauso isoliert, wie wir es immer waren, auch als Jonas noch hier gewohnt hat.«
    »Sind Sie geschieden?«
    Sie zündete sich eine Zigarette an, ohne mir zuerst eine anzubieten. »Getrennt. Seit acht Monaten.« Ihre Kiefermuskeln arbeiteten, und ihr Blick irrte in der gelben Küche umher. »Acht Monate …« Dann fiel ihr Blick auf die Zigarettenschachtel, und sie schob sie zu mir hinüber.
    »Nein, danke. Ich rauche nicht«, sagte ich und nahm stattdessen, um meinen guten Willen zu zeigen, ein Stück Gebäck.
    »Noch Kaffee?«
    Ich nickte, und sie stand auf. Sie war schlank. Ihr Rücken war gerade, die Brüste ziemlich klein, ihr Po in der Samthose zierlich und rund. Mitten im Nacken hatte sie eine Mulde.
    »Arbeiten Sie?«, fragte ich.
    »Ja. Ich hatte schon vorher einen Halbtagsjob … und von Jonas bekomme ich auch nicht gerade viel Geld. Er schuldet mir schon mehrere Tausend. Ich glaube … ich glaube, er wartet ab … ganz bewusst. Er hat mich verlassen, aber er versucht, mir die Schuld zu geben. Dabei war er derjenige, der nicht … also der Seitensprünge machte und eine andere hatte, diese … diese Schlampe!«
    »Wo arbeiten Sie denn?«, fragte ich.
    »Beim Haakonsvern, in einem der Büros. Da brauche ich nicht ganz in die Stadt zu fahren. Aber das ist ganz okay. Das Schlimmste ist, plötzlich allein zu sein, wenn du daran gewöhnt bist, dass ihr zu zweit wart.«
    Sie hatte die Schultern hochgezogen und starrte mit gesenktem Kopf in ihren Becher. Ihre Lippen bebten leicht, und ihre Augen waren sehr dunkel geworden. Ich sollte zusehen, dass ich nach Hause kam.
    »Ich weiß, wie das ist«, sagte ich. »Ich habe das auch hinter mir.«
    Sie blickte mich verständnislos an. »Wieso?«
    »Ich meine … ich habe das gleiche … ich bin geschieden. Es ist vier Jahre her. Jetzt geht es besser. Man gewöhnt sich an alles. Es ist genau, als wenn man Krebs hat, zum Schluss gewöhnt man sich auch daran.«
    »Weiß Gott«, sagte sie.
    Eine Weile saßen wir schweigend da. Ich starrte aus dem Fenster, in die leere, schwarze Nacht. Ich merkte, dass sie mich prüfend ansah. Dann fragte sie: »Hat Ihre Frau … hat Ihre Frau Sie verlassen?«
    »Ja. Oder sagen wir, sie hat mich weggeschickt. Wie Sie wollen. Mich gebeten auszuziehen.«
    »Wegen eines anderen? Hatte sie einen anderen?«
    Ich sah sie an. »Das weiß ich nicht genau. Ich weiß nicht, ob sie ihn damals schon kannte. Aber ich glaube wohl. Ich war nicht viel zu Hause. Ich habe beim Jugendamt gearbeitet und war abends viel unterwegs. War draußen und suchte die lieben Kleinen. Einige von ihnen habe ich auch gefunden. Dann brachte ich sie nach Hause und saß bis tief in die Nacht mit ihren Eltern zusammen und redete mit ihnen. Und wenn ich nach Hause kam, lag sie im Bett und schlief, und morgens beim Frühstück hatte sie mir nie etwas zu sagen. Sie sah mich nur an. Sie hatte so eine besondere Art, mich anzusehen, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    »Hatten Sie Kinder?«
    »Hm. Einen Jungen, ein bisschen jünger als Roar. Er kommt im Herbst in die Schule. Thomas.«
    Jetzt spiegelte ich mich zur Abwechslung im Kaffeebecher und suchte dort nach einem Bild, das nicht mehr da war, und nach einer Stimme, die längst verstummt war.
    Da kam Roar aus dem Wohnzimmer. »Varg? Bleibst du hier und guckst dir die Krimistunde an?«
    Wenche Andresen öffnete den Mund. Ich

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