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Dein bis in den Tod

Dein bis in den Tod

Titel: Dein bis in den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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könnte. Glaub mir, wenn jemand mich dazu bringen könnte, mich scheiden zu lassen, dann eine Frau wie sie.«
    Ich sagte trocken: »Sie hatte nicht viel übrig für Scheidungen.«
    »Nein? Nein. Aber vielleicht wollte sie sich irgendwie rächen. Ich kann dir eins sagen, Veum: Ich habe Hunderte von Frauen gehabt, und nur eine davon ist meine Frau. Wenn du verstehst, was ich meine. Ich hätte mich hundert Mal scheiden lassen und wieder heiraten können – aber wozu? Zwischen Bettlaken und Bettdecke ist alles dasselbe. Und außerdem hat man Kinder – und Verpflichtungen. Und um die Kinder soll man sich kümmern. Wenn du selbst einmal tot bist, dann leben sie weiter – wie lebende Zeugnisse dessen, was du gewesen bist, was du geschaffen hast.« Er erhob sich halb und setzte sich schwer wieder hin. »Kinder bedeuten mir etwas – meine Kinder! Ich habe mal eins außerehelich gekriegt. Ich war schon verheiratet und konnte nicht … Aber ich habe mich um das Kind gekümmert, um den Jungen, sein ganzes Leben habe ich ihm gegeben, was ich konnte … Alles, was ich durfte. Ich meine, er ist auch mein Kind, er ist auch mein Sohn – auch wenn er nicht meinen Namen trägt.
    Also aus Rücksicht auf die Kinder habe ich mich nie scheiden lassen. Wozu? Ich habe genauso viele Muschis geknackt, als wäre ich Junggeselle gewesen, vielleicht noch mehr. Es ist weniger verpflichtend für ein Mädel, mit einem verheirateten Mann zu schlafen. Dann braucht sie sich keine Gedanken ums Heiraten zu machen.«
    Zwei junge Männer betraten die Sauna. Sie schielten zu Ljosne herauf und setzten sich auf der untersten Bank in die Ecke, so weit wie möglich von uns entfernt. Ljosne verfolgte sie mit schweren Blicken, aber er nahm sie nicht eigentlich wahr, sie waren nur etwas, das sich bewegte. Sein Blick war weit, weit weg.
    Ich sagte: »Und deine Frau – wie steht es mit ihr?«
    Er sah mich verständnislos an. »Meine Frau? Sie muss mich so nehmen wie ich bin. Ich versorge sie und verpasse ihr eine Nummer, wenn sie es braucht – und das ist weiß Gott nicht oft. Ich meine, es gibt ja Gründe dafür, dass ein Kerl so durch die Gegend flattert wie ich, oder?«
    Ich nickte langsam. »Meistens wohl, ja.«
    Er dämpfte die Stimme. »Aber zurück zu Wenche. Sie war wunderbar. Wenn sie jemals wieder rauskommt … Ich sage dir …« Plötzlich sah er mir direkt in die Augen. »Hol sie mir da raus, Veum. Hol sie mir da raus.«
    Ich stand auf. »Wollten wir nicht eine Runde schwimmen?«
    »Ja?« Er stand auf. »Ja, lass uns schwimmen. Wir haben lange genug geschwitzt.«
    Vor der Sauna zogen wir uns Badehosen an. Ich sagte: »Und Jonas Andresen – bist du ihm mal begegnet?«
    »Ja, ein paar Mal. Er kam ins Büro und holte sie ab, und wir machten einen kleinen Deal. Ich besorgte ihm ein paar Flaschen.« Er blinzelte mir zur. »Aber das war rein geschäftlich, Veum, nichts weiter. Eigentlich mochte ich ihn. Aber er war ein Weichei. Ich glaube, er hätte keine zwanzig Meter laufen können, er wäre gestorben.«
    »Ist er ja auch«, sagte ich.
    »Ja. Aber ja wohl nicht beim Laufen, oder?«
     
    Wir schwammen am Beckenrand hin und her, zunächst schweigend. Nach der Sauna war der erste Sprung ins Wasser wie ein Sprung in lauwarme Luft. Man spürte fast nicht, dass man im Wasser war. Nach ein paar Zügen begannen die äußeren Hautschichten zu prickeln und dann kam plötzlich das Temperaturempfinden zurück – und man fühlte sich noch munterer.
    Das Wasser war grünlich und die Luft schwer von Chlor.
    Er schwamm an meine Seite, an mir vorbei, wurde dann langsamer und wartete, dass ich ihn wieder einholte. Dann sagte er: »Worüber wir eben gesprochen haben, Veum. Ob Scheidung oder nicht – ich hatte eine Freundin, eine wirklich gute Freundin – sechs Jahre lang. Sechs lange, gute Jahre. Sie war selbst verheiratet, und ich war verheiratet, und keiner von uns sprach jemals davon, dass wir uns scheiden lassen und heiraten sollten. Ich kann nur wiederholen: Wozu? Wo es uns so gut ging wie es war? Wenn man heiratet, dann muss man alle Strapazen des Alltags ertragen, man muss rund um die Uhr dieselbe müde Visage sehen, morgens, mittags, abends – während wir … Wir haben uns jede zweite Woche getroffen oder so, manchmal öfter, manchmal seltener, und es ging uns gut damit. Bis sie sich scheiden ließ, einen anderen heiratete und in eine andere Stadt zog.«
    »Ich habt sozusagen das Beste rausgesucht? Aus dem Leben? Habt die Tage sortiert und euch die Besten

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