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Dein Blick so kalt

Dein Blick so kalt

Titel: Dein Blick so kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Loehnig
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Nachbarschaftsbefragung ist Sache der Polizei. Das überlassen Sie mal besser uns. Wir sind die Profis und stellen die richtigen Fragen. Am besten gehen Sie jetzt heim. Und Sie zeigen mir die Wohnung.« Die letzten Worte galten Lysander. Er verabschiedete sich von Jem und den anderen und trabte mit Russo ins Haus. Der Lift brachte sie nach oben. Vor der Wohnungstür reichte er dem Polizisten Lous Zweitschlüssel.
    Russo zog Latexhandschuhe aus der Hosentasche und streifte sie über. »Ich gehe allein hinein. Okay?«
    Lysander nickte und blieb vor der offenen Wohnungstür stehen. Er hörte, wie Russo durch die Räume ging, hier und da eine Tür öffnete. Dann war es wieder still, bis sein Handy zu klingeln begann. Lysander versuchte, ein paar Brocken aufzuschnappen. Es ging nicht um Lou, wie er gehofft hatte, sondern um Daniela. So wie es aussah, hatte sich eine Zeugin gemeldet und nun gab es ein Phantombild des Täters. Russo gratulierte seinen Kollegen zum Durchbruch. Nein, leider konnte er die Soko nicht unterstützen. Er hatte selbst alle Hände voll zu tun. »In einem Vermisstenfall zeichnet sich eine Entwicklung ab, die mir nicht gefällt. Ganz und gar nicht.«
    Lysander lehnte sich an die Wand und schloss die Augen. Ganz und gar nicht. Russo war nun also auch an dem Punkt angelangt, an dem er sich ernsthafte Sorgen machte. Eigentlich sollte mich das beruhigen, dachte Lysander. Jetzt wird die Polizei endlich mit Hochdruck nach dir suchen, Lou.
    Doch es beruhigte ihn nicht. Ganz im Gegenteil. In einer Kammer seines Herzens hatte sich die Hoffnung behauptet, dass er sich das alles einbildete, dass er Gespenster sah, dass sich alles in Wohlgefallen auflösen würde und Lou die Treppe heraufspaziert kam und sich wunderte, was hier los war. Doch diese Hoffnung hatte sich gerade verflüchtigt.
    Was hatte Russo in Lous Wohnung gefunden? Lysander löste sich von der Wand. Er wollte das jetzt wissen. Doch er blieb vor der geöffneten Tür stehen. Keine zusätzlichen Spuren. Sie würden die Arbeit der Polizei behindern. Das wollte er nicht. Ungeduldig wartete er, bis Russo endlich herauskam.
    »Was ist? Was haben Sie gefunden?«
    In Russos zerfurchtem Gesicht wurden die Falten noch tiefer. »Die Geschichte mit der Überwachungskamera… ganz ehrlich, die habe ich dir nicht abgenommen. Aber du hast recht.« Er fuhr sich durch die Stoppelhaare. »Jemand hat Lou überwacht. Das hier habe ich hinter dem Lüftungsgitter der Klimaanlage gefunden.« Er reichte Lysander eine kleine Plastiktüte. Ein Aufkleber war darin, eine Art Etikett. »Eine der Schrauben stand hervor. Da hat es jemand eilig gehabt, den ganzen Krempel abzumontieren, und hat schlampig gearbeitet und dabei das da übersehen.« Russo wies auf den Beutel.
    Es dauerte einen Augenblick, bis Lysander erkannte, was sich darin befand. Es war ein Typenschild. Indexa DF 250. Fragend sah er Russo an.
    »Das stammt von einer Überwachungskamera. Funkgesteuert, wenn ich mich nicht irre.«
    Schritte erklangen auf dem Flur. Eilig näherte sich jemand. Nicht Lou, wie Lysander unwillkürlich gehofft hatte, sondern ihr Onkel. Seit gestern Nacht hatte er nicht mit ihm gesprochen. Er wusste also noch gar nicht, was los war.
    »Sag mal, Lysander, drehst du jetzt durch? Was für einen Zirkus veranstaltest du hier, nur weil Lou dich versetzt hat. Rennst zur Polizei und versetzt ihre Eltern …«
    Russo schritt ein. »Jetzt mal halblang. Sie sind sicher Dr. Bergmair.« Er steckte den Beutel ein, zog seine Marke hervor und hielt sie Lous Onkel unter die Nase. »Russo. Kripo München. Lysander dreht nicht am Rad. Er macht sich nicht grundlos Sorgen. Ihre Nichte, die ja wohl unter Ihrer Obhut steht und für die Sie Verantwortung tragen, wird vermisst. Und sie wurde überwacht. In ihren eigenen vier Wänden. Jetzt sind Sie mal so nett und erklären mir, wer alles einen Schlüssel für dieses Appartement hat. Denn die angeblichen zwei können es nicht sein.«

55
    Onkel Achim hatte Russos Leuten erklärt, wer überhaupt infrage kam, einen Schlüssel zu besitzen. Russos Leute sprachen daraufhin mit der Hausmeisterin und ihrem Sohn. Außerdem wollten sie den Hausverwalter und die ehemaligen Mieter der Wohnung befragen. Und natürlich Lous Tante. Ihr gehörte die Wohnung schließlich. Lysander erklärte die Sache mit dem neuen Schloss und auch, dass es dafür ebenfalls nur zwei Schlüssel gab. Einen besaß er und einen Lou. Und den hatte jetzt ihr Entführer.
    Dann setzte er sich auf die Bank

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