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Dein Blick so kalt

Dein Blick so kalt

Titel: Dein Blick so kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Loehnig
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gemacht. Am Geschwister-Scholl-Platz. Das war um kurz nach fünf.«
    »Und die SMS, die sie Ihrer Meinung nach nicht selbst geschrieben hat, kam wann?«
    Lysander zog das Handy hervor und sah nach. »Fünf vor acht.«
    »Ein Zeitraum von knapp drei Stunden. Hm?« Russo knetete seine Nasenspitze. »Es ist anzunehmen, dass sie in der Wohnung war. Falls sie entführt wurde, dann vermutlich im Haus. Eine Entführung auf offener Straße bei Tageslicht schließe ich eigentlich aus. Aber kein Grund zur Panik. So weit sind wir noch lange nicht. Geben Sie mir noch Lous Handynummer?«
    Lysander nannte sie.
    »Wir werden jetzt als Erstes versuchen, das Handy zu orten…«
    »Das ist seit gestern aus.«
    »Was nicht heißt, dass es nicht zu orten ist. Ihr Bruder und seine Kollegen haben da so ihre Tricks.« Russo nickte Lysander aufmunternd zu. »Wissen denn Lous Eltern schon, was los ist?«
    »Nein. Ich hab es ihnen nicht gesagt.«
    »Gut, dann übernehmen wir das. Die Handy-Ortung hat jetzt erste Priorität. Können wir es lokalisieren, dann haben wir Lou ziemlich sicher gefunden. Und ich denke auch, wohlbehalten. Entführungen kommen äußerst selten vor. Obwohl ich Ihnen recht gebe, die Sache mit den Fotos ist merkwürdig. Doch wir machen uns jetzt nicht verrückt und nehmen jetzt mal nicht gleich das Schlimmste an. Das Schlimmste ist die absolute Ausnahme. Neunundneunzig Prozent der Vermissten tauchen unversehrt wieder auf. Und daran halten wir uns jetzt mal.«
    Was Russo sagte, klang väterlich, kompetent und vernünftig. Seine Worte beruhigten Lysander. Vielleicht sah er ja wirklich Gespenster. Seine verkrampfte Haltung lockerte sich allmählich. Dennoch konnte er es nicht lassen und fragte nach. »Und wenn das mit der Ortung nicht klappt?«
    »Sollten wir Lou mit der Handyortung und der Befragung aller Kontaktpersonen nicht finden, tritt Phase zwei in Kraft. Dann werden wir die Medien einschalten und eine Personenfahndung nach ihr veranlassen und uns auch die Wohnung gründlich vornehmen. Es wäre daher besser, wenn Sie die nicht noch einmal betreten. Das würde unseren Kriminaltechnikern die Arbeit erleichtern. Aber wie schon gesagt, so weit sind wir noch lange nicht und vermutlich wird es auch nicht so weit kommen. Ich denke, wir werden Lou irgendwo bei einer ihrer Kontaktpersonen finden.« Russo stand auf und reichte Lysander die Hand. »Ich melde mich, sobald ich Informationen habe.«
    Lysander fühlte sich plötzlich unnütz. Er hatte alles an Russo abgegeben und die Aussicht, tatenlos auf einen Anruf zu warten, machte ihn schon bei der Vorstellung beinahe verrückt. »Kann ich irgendwas tun?«
    »Hm?« Mit der Hand fuhr Russo sich über das kantige Kinn. »Eigentlich nicht. Lassen Sie uns einfach unseren Job machen. Ich wette, in ein paar Stunden haben wir Lou gefunden.«
    Widerwillig fuhr Lysander nach Hause. Die Wohnung war leer. Sein Vater hielt in Berlin einen Vortrag. Seine Mutter hatte einen Termin. Die Stille dröhnte in seinen Ohren. Angst wollte wieder in ihm aufsteigen. Er schnappte sich das Telefon und rief Jem an, ob er inzwischen etwas von Lou gehört hatte. »Ich habe alle in der Agentur gefragt. Keiner hat eine Ahnung, wo sie ist. Wir könnten Daniel noch fragen, vielleicht hat sie sich auf dem Segelboot verkrochen. Ich rufe ihn an und melde mich.«
    Nervös wartete Lysander. Eine Viertelstunde später rief Jem zurück. »Auf dem Boot ist niemand. Daniel hat jemanden vom Segelklub aufgescheucht, der hat nachgesehen. Aber ich habe zwei Ideen. Erstens könnten wir alle unsere Facebook-Freunde darauf aufmerksam machen, dass Lou vermisst wird, und ihr Foto verlinken. Wenn jeder das mit seinen Freunden teilt und die das mit ihren, dann wissen innerhalb von Stunden hunderttausend Leute in ganz Deutschland, wie Lou aussieht und dass sie verschwunden ist. Wenn jemand sie gesehen hat, wird er sich hoffentlich melden.«
    »Gute Idee. Das machen wir.« Weshalb war er nicht darauf gekommen? »Und zweitens?«, fragte Lysander.
    »Falls Lou tatsächlich entführt wurde, muss das bei ihr im Haus passiert sein. Das hast du doch gesagt?«
    »Russo meint das. Und es klingt logisch.«
    »Hast du ein Foto von Lou?«
    »Klar.«
    »Gut. Drucke es sechsmal aus. Ich trommle alle zusammen. Wir treffen uns in der Biedersteinstraße und dann klappern wir mit Lous Bild jede Wohnung in der Anlage ab. Irgendwer muss doch was bemerkt haben.«

54
    Die Facebook-Aktion zu starten, dauerte keine Stunde. Lysander formulierte einen

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