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Dein Blick so kalt

Dein Blick so kalt

Titel: Dein Blick so kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Loehnig
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und dann ist Lou dran. Okay? Setze dich hierhin und warte solange.«
    Aber das Warten auf dem Präsidium machte ihn genauso verrückt. Die Gedanken stoben durch seinen Kopf wie ein Schwarm wilder Vögel. Was hatte Onkel Achim mit dem Mord an diesem Mädchen zu tun? Und wenn er tatsächlich darin verwickelt war… verwickelt! Lysander schalt sich einen Idioten, der sich etwas schönredete. Besser er dachte Klartext: Also, so wie es aussah, wurde Lous Onkel verdächtigt, Daniela ermordet zu haben. Und wenn das stimmte, was war dann mit Lou? Hatte er seine eigene Nichte entführt und… Diesen Gedanken wollte Lysander nicht zu Ende denken. Daniela war erst nach Wochen gestorben. Nach Wochen. Wenn Lou in der Gewalt von Danielas Mörder war, dann standen die Chancen gut, dass sie noch lebte. Noch! Doch was hatte er Daniela angetan? All die Tage und Wochen? Was hatte sie durchlitten? Fluchend sprang er hoch, riss das Fenster auf. Ein paar Atemzüge frische Luft vertrieben die Bilder, die sein Hirn produziert hatte. Er durfte jetzt nicht durchdrehen.
    Wo war Lou?
    Lysander ging auf und ab. Und wo blieb Meo nur?
    Weiter vorne im Flur öffnete sich die Tür zu Russos Büro. Eine Frau kam heraus, verabschiedete sich und kam den Flur entlang auf ihn zu. Wasserstoffblonde Locken, viel Farbe im Gesicht. Die oberen Knöpfe der ärmellosen Bluse, die sich über einem Busen spannte, der einfach nicht echt sein konnte, waren geöffnet. Lange, schlanke Beine, superkurzer Rock. Die meisten Männer würden die Frau wohl atemberaubend sexy finden. Auf Lysander wirkte sie nur billig. Mit einem Scannerblick taxierte sie ihn im Vorübergehen und zog gleichzeitig das klingelnde Handy aus der Tasche. Lysander bemerkte ein Tatoo auf ihrem Oberarm. Ein Edelweiß. Während sie sich entfernte, schnappte er ein paar Worte auf. Super gelaufen… klar haben die das gefressen… sehen wir uns?
    Während Lysander ihr noch nachsah, marschierten zwei uniformierte Polizisten auf das noch offene Büro von Russo zu. Einer löste die Handschellen vom Hosenbund. Beide verschwanden darin und kamen kurz darauf wieder heraus. In ihrer Mitte führten sie Lous Onkel. Er trug Handschellen und verlangte nach einem Anwalt. »Das ist ein Irrtum. Eine Verwechslung. Ich habe diese Frau noch nie in meinem Leben gesehen. Das muss geklärt werden.« Die Gruppe näherte sich Lysander. Onkel Achim entdeckte ihn und blieb stehen. »Kann ich kurz mit diesem jungen Mann reden? Er ist der Freund meiner Nichte.«
    Einer der beiden nickte.
    »Lysander, ich habe mit dem Mord an diesem Mädchen nichts zu tun. Und auch nicht mit Lous Verschwinden. Auch wenn ich mich im Augenblick wie in einem Roman von Kafka fühle, das wird sich alles aufklären.« Onkel Achims Stimme klang ehrlich verzweifelt.
    Lysander wusste nicht, was er glauben sollte. Offenbar war Onkel Achim bei der Gegenüberstellung identifiziert worden und nun hatte man ihn verhaftet. Doch sein Blick hielt stand. Er sah so offen und ehrlich aus, dass Lysander ihm spontan glaubte. Und plötzlich kapierte er es. »Die Frau, die Sie erkannt hat…« Er drehte sich um und sah sie gerade noch um die Ecke am Ende des Gangs verschwinden. »War sie das?«
    Onkel Achim nickte.
    »Sie hat eben telefoniert und jemandem gesagt…« Lysander überlegte, wie der Wortlaut genau gewesen war. »Sie hat gesagt: klar, die haben das gefressen.«
    »Die haben das gefressen?« Onkel Achims Stimme klang wie ein Echo. Er wandte sich an einen der Polizisten. »Haben Sie das gehört? Das ist ein abgekartetes Spiel.«
    »Wenn das so ist, wird sich das alles aufklären. Ihre Worte«, sagte der Polizist. »Und jetzt müssen wir weiter.«
    Die beiden nahmen ihren Gefangenen wieder in die Mitte.
    »Geh zu Russo. Sag ihm, was du aufgeschnappt hast.« Es war ein beinahe flehentlicher Blick, den Lous Onkel ihm über die Schulter zuwarf, während er abgeführt wurde. Lysander nickte.
    Einen Augenblick blieb er noch stehen und sah ihm nach. Der Gedanke, Lous Onkel könnte ein Mörder sein, war ungeheuerlich. Er spürte, dass er ihm glaubte. Ganz instinktiv. Doch wenn er es nicht war, dann hatte jemand diese Frau geschickt, um Onkel Achim zu belasten. Lysander fröstelte bei dem Gedanken. Dann klopfte er an Russos Bürotür.
    »Herein.«
    Lysander trat ein. Russo telefonierte und nickte ihm zu. Mit einer Hand wies er auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch. Lysander setzte sich.
    »Super. Prima. Das passt. Ich hole den Durchsuchungsbeschluss gleich bei euch

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