Dein Blut auf meinen Lippen
ist verhungert, weil sie sich weigerte, Sie auszusaugen."
Romeo hob den Kopf ein wenig und sah den Grafen verwirrt an. "Sie sind ja irre!"
Graf Paris schoss auf Romeo zu und setzte seinen Stiefel auf Romeos Hals. Dann hörte er auf zu schweben, und mit dem ganzen Gewicht seines Körpers drückte er Romeo fast die Luft ab.
"Das Verwandlungsritual", schrie der Graf außer sich vor Wut. "Bis Mitternacht hätte sie einen Menschen töten und sein Blut trinken müssen, um nicht bis zum nächsten Morgen verhungert zu sein."
Romeo tränten die Augen, und er bekam kaum noch Luft.
"Graf Capulet hat mir erzählt, dass er und die Gräfin von Julia verlangt haben, Tybalts Tod zu rächen, indem Sie ihr Opfer werden", fuhr Graf Paris fort. "Aber jetzt ist mir natürlich klar, warum sie sich darauf nicht einlassen wollte." Der Vampir schien von Satz zu Satz wütender zu werden.
Langsam verlor Romeo das Bewusstsein, und daher hatte er Mühe, zu verstehen, was er da hörte. Aber als er begriff, dass Julia ihr eigenes Leben geopfert hatte, um seins zu retten, mobilisierte er seine letzten Kräfte. Mit beiden Händen griff er nach dem Fuß des Vampirs und stieß ihn fort. Als er sich so etwas Bewegungsfreiheit verschafft hatte, rollte er sich rasch zur Seite und kroch aus der Gruft ins Freie. Er stand auf, griff nach dem Beinhalfter, in dem sein Dolch steckte, und holte ihn heraus. Sein Brustkorb hob und senkte sich, als er keuchend wieder zu Atem kam.
"Unsere Liebe währt ewig", sagte Romeo und richtete den Dolch auf den Grafen. "Deswegen können weder Sie noch sonst jemand mich daran hindern, mit ihr zusammen zu sein."
Graf Paris lachte hochmütig. "Tybalt war kein ernst zu nehmender Gegner. Ich bin ungleich stärker als er."
"Dann beweisen Sie es!", zischte Romeo mit zusammengebissenen Zähnen.
Der Graf stürzte sich auf Romeo, packte ihn an den Schultern und drückte ihn an das schwarze Eisengitter, das die Gruft umzäunte. Romeo drohte der Dolch aus der Hand zu fallen, aber dann bekam er ihn doch noch zu packen. Graf Paris gelang es jedoch, seine klauengleichen Finger um Romeos Handgelenk zu schließen und es ans Gitter zu drücken. Daher konnte Romeo nicht mehr mit dem Arm ausholen und dem Vampir in den Rücken stechen.
"Ist das Beweis genug?", höhnte der Vampir und entblößte die Fangzähne. Er war drauf und dran, sie Romeo in den Hals zu schlagen.
Romeo zitterte vor Angst, dass der Vampir ihn töten könnte, aber er kämpfte weiter.
"Da müssen Sie schon schwerere Geschütze auffahren", erwiderte er und rammte dem Grafen das rechte Knie in die Rippen.
Dem schien das jedoch nicht viel auszumachen. Graf Paris hustete nur kurz, aber dieser kurze Moment genügte Romeo, um mit dem Kopf auszuholen und seinem Widersacher einen Stoß zu versetzen, genau zwischen die rotglühenden Augen.
Graf Paris taumelte zurück, sodass Romeo sich etwas besser bewegen konnte. Aber der Vampir hatte ihn immer noch fest im Griff und verdrehte ihm den Arm. Romeo hatte das Gefühl, dass ihm der Arm aus der Schulter sprang.
"Ich werde dich töten - egal, wie!", drohte der Vampir.
"Nur zu!", entgegnete Romeo. "Dann bin ich mit Julia glücklich im Tode vereint." Im nächsten Moment krachte seine linke Faust an die Schläfe des Vampirs.
Der Hieb zeigte Wirkung, aber Graf Paris erholte sich schnell. Er trat Romeo so heftig gegen das linke Schienbein, dass der kurz einknickte. Sofort setzte der Vampir mit einem Schlag seiner ausgefahrenen Klauen nach und schlitzte Romeo die Wange auf.
Blut schoss aus der Wunde und lief Romeo in den Hemdkragen. Er dachte schon, er hätte den Kampf verloren, und überlegte kurz, ob er sich ergeben sollte. Gern hätte er Julias Leichnam noch gesehen, bevor er selber starb. Aber wenn Graf Paris ihn hier und jetzt tötete, bliebe ihm wenigstens die Qual erspart, die er erleiden würde, wenn er die Geliebte zum letzten Mal - und dazu noch als Tote - in die Arme schlösse.
Doch dann raunte der Vampir ihm etwas ins Ohr, das seinen Kampfgeist neu entflammte: "Wenn Julia unser Geschlecht entehrt hat, indem sie sich einem nichtswürdigen Montague hingegeben hat, ist sie zu Recht gestorben."
Romeo stieß einen wütenden Schrei aus, und mit einer einzigen raschen Bewegung wand er seine rechte Hand aus der Klaue des Grafen und stieß mit seinem Dolch nach dem Vampir. Aber der reagierte schnell und duckte sich darunter weg.
"Da ist jemand aber wütend geworden", sagte der Graf und lachte höhnisch.
Romeo versuchte
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