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Dein Blut auf meinen Lippen

Dein Blut auf meinen Lippen

Titel: Dein Blut auf meinen Lippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Gabe
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Was ist passiert?", flüsterte er.
    "Das ist eine lange Geschichte. Ich hatte einen starken Schlaftrunk eingenommen", sagte Julia mit brüchiger Stimme. Die emotionalen Wechselbäder der letzten Stunden hatten sie arg mitgenommen. "Bruder Lorenzo wollte einen Boten zu dir schicken, der dir alles erklärt."
    Romeo streichelte ihr Haar so vorsichtig, als bestünde es aus hauchdünnen Goldfäden. "Moldawien ist unter Quarantäne gestellt worden, weil die Pocken ausgebrochen sind. Wahrscheinlich hat man den Boten nicht über die Grenze gelassen."
    Julia legte sich die Hand an die Brust und merkte, dass ihr Herz nicht mehr schlug. Nach dem, was sie gerade gehört hatte, würde es nie wieder schlagen, denn aufgrund der Quarantäne war der Schamane in Moldawien gegenwärtig nicht zu erreichen. Die Zeit, die ihnen für die Rückverwandlung blieb, wäre längst abgelaufen, ehe sich eine andere Möglichkeit auftun würde, die drei verschiedenen Salze zu beschaffen. Auch Tybalts Leichnam würde bald nicht mehr frisch genug sein, um das benötigte Blut eines toten Vampirs zu spenden, und bis ein anderer Vampir starb, konnte viel Zeit vergehen.
    Also würden Romeo und sie nun auf ewig Vampire sein. Sie sah ihn an, und aus seinem Blick sprach so viel Liebe, dass sie diesen Gedanken gar nicht so erschreckend fand.
    "Auch ich wäre verloren gewesen, wenn du mir nicht das Leben gerettet hättest", sagte Romeo und streichelte über Julias Kinn. "Dafür schulde ich dir Dank."
    "Du schuldest mir gar nichts", erwiderte Julia und nahm seine Hände. "Im Gegenteil. Meinetwegen sind wir jetzt dazu verdammt, bis in alle Ewigkeit als Vampire weiterzuleben."
    Romeo legte seinen Kopf an Julias Stirn. Sie schloss die Augen und genoss den zärtlichen Kuss, den Romeo ihr auf die Wange gab. Dann nahm Romeo sie fest in die Arme und sagte: "Dass wir zusammen sind, ist das Einzige, was zählt."
    Obwohl Tybalt ihr gesagt hatte, dass man durch die Verwandlung in einen vollwertigen Vampir seine Empfindsamkeit verlor, war Julia von Gefühlen geradezu überwältigt, als Romeo ihr mit den Fingern durchs Haar fuhr und ihre Stirn streichelte. Sie neigte den Kopf, Romeo kam immer näher. Als Julia seine Lippen auf ihrem Mund spürte, gab sie sich ganz ihren Gefühlen hin.
    Sie vereinten sich in einem Kuss, der eine Ewigkeit in Dunkelheit, aber voller Glück verhieß.

Noch in derselben Nacht flohen Romeo und Julia aus der Walachei - mit nichts als den Kleidern, die sie auf dem Leib trugen. Ihr Weg führte sie durch die Karpaten an die nordwestliche Landesgrenze zu Ungarn, wo sie sich in einer ländlichen Gegend niederließen und ein bescheidenes Haus mit Blick auf ausgedehnte Wiesen, Wälder und einen munteren Bach bauten. Dort lebten sie viele Jahre glücklich und ernährten sich ausschließlich vom Blut wilder Tiere, die sie nachts bei Mondschein erjagten.
    Julia fürchtete, im Laufe der Zeit könnten ihre Kräfte schwinden - genau wie bei ihren Eltern, mit denen sie irgendwann wieder Kontakt hatte aufnehmen wollen. Sie war deswegen noch einmal in die alte Heimat gereist, hatte aber das Schloss der Capulets verlassen vorgefunden. Romeo hingegen glaubte, dass ihre Liebe und ihre reinen - wenn auch toten - Herzen sie vor dem Verfall bewahrten. Doch erst als sie ein Kind bekamen, einen hübschen Jungen, den sie Lorenzo nannten, konnte er Julia davon überzeugen, dass er recht hatte.

 
NACHWORT DES AMERIKANISCHEN HERAUSGEBERS
    Auch die anderen Vampire waren gezwungen, Transsilvanien zu verlassen. Graf und Gräfin Capulet konnten Fürst Radu nicht dazu bewegen, seinen Friedensvertrag zurückzunehmen oder wenigstens abzumildern. So trat ein, was sie befürchtet hatten: Ihrer Macht und Stärke beraubt, konnten sie ihr Schloss nicht halten, und ihr Reichtum schmolz dahin, als sie gezwungen wurden, alle Familien zu entschädigen, deren Angehörige unter Vladimirs Herrschaft getötet worden waren. Da sie körperlich verfielen, obwohl sie immer noch unsterblich waren, und das Abgleiten in die gesellschaftliche Bedeutungslosigkeit seelisch nicht verkrafteten, ergriff der ganze Clan die Flucht und zerstreute sich in alle Himmelsrichtungen; die meisten flohen nach Bulgarien, Bosnien und Albanien.
    Manche Vampire lebten seither wie wilde Tiere, fielen über kleinere Dörfer her, saugten die Bewohner einen nach dem anderen aus und zogen erst weiter, wenn nicht mehr genug Blut zu finden war. Andere sehnten sich nach der Zivilisation zurück und gaben sich große Mühe,

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