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Dein Blut auf meinen Lippen

Dein Blut auf meinen Lippen

Titel: Dein Blut auf meinen Lippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Gabe
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antwortete der junge Mann.
    Romeo nickte, bedankte sich und wollte schon weitergehen.
    "Aber seit unsere Obrigkeit einen anderen Kurs fährt, soll es dort kaum noch Ware geben", fügte der Bursche hilfsbereit hinzu.
    Romeo zuckte mit den Schultern und murmelte: "Ich brauche nur ein paar Tropfen Gift."
    Nach seinem Besuch beim Apotheker ging Romeo zum Friedhof. Als er die Familiengruft der Capulets erreichte - ein beeindruckendes Bauwerk aus Steinen und Ziegeln, mit zwei Türmen und Darstellungen von Vampiren über dem Eingangstor -, griff er nach dem Giftfläschchen in seiner Hosentasche.
    Obwohl Julias Tod ihn unendlich traurig machte, fand er es auf eine seltsame Weise aufregend, das Fläschchen zwischen den Fingern hin und her zu rollen. Sein Inhalt würde ihn zuerst bewusstlos machen, dann würde sein Herz immer langsamer und schließlich gar nicht mehr schlagen. Sobald er dann körperlich gestorben wäre, konnte seine Seele die der geliebten Frau suchen. Anschließend würden ihre vereinten Seelen bis in alle Ewigkeit miteinander glücklich sein.
    Vorher wollte Romeo aber Julias toten Körper sehen und von ihm Abschied nehmen. Seine Augen brannten, und sein Hals fühlte sich ganz rau an, aber er ging weiter und öffnete den Eingang zur Gruft. Hinter der Tür schwebte ein Vampir mit verschränkten Armen. Romeo schaute in sein hässliches Gesicht mit den blutroten Augen und wich vorsichtshalber ein paar Schritte zurück.
    "Hier haben nur Familienmitglieder Zutritt", sagte der Vampir und schwebte auf den jungen Mann zu.
    Ohne lange nachzudenken, entgegnete Romeo: "Ich gehöre zur Familie."
    "Das sieht aber nicht so aus", sagte der Vampir und umrundete Romeo wie ein Raubvogel beim Anflug auf Beute. "Wie ist denn der Name?"
    "Romeo."
    "Was?", entfuhr es dem Vampir. "Romeo Montague? Von Ihnen habe ich schon eine Menge gehört. Fürst Radu wird sehr erzürnt sein, wenn er erfährt, dass Sie seine Weisungen missachten."
    "Lassen Sie mich einfach durch", sagte Romeo knapp.
    "Was wollen Sie denn da drinnen?", fragte der Vampir.
    Romeo ballte die Fäuste und zog sich die Kapuze vom Kopf. "Ich bin hergekommen, um zu trauern, nicht um Ihre Fragen zu beantworten."
    Der Vampir knurrte drohend. "Wenn ich mich nicht irre, gibt es im Schlossgraben ein schönes großes Massengrab für Montagues. Soll ich Sie hinführen?"
    "Das Einzige, wohin Sie mich führen können, ist das Grab von Julia Capulet."
    "Sie werden sich meiner Braut nicht nähern – nicht auf hundert Meter!", zischte der Vampir. "Dafür werde ich persönlich sorgen."
    Plötzlich fühlte Romeo sich bleischwer. "Dann sind Sie wohl Graf Paris", sagte er tonlos.
    "Verschwinden Sie!", befahl der Graf. "Sonst werden Sie den Morgen nicht erleben. Fürst Radu ist ein guter Freund von mir, und er wird mir sicher glauben, wenn ich ihm sage, dass ich Sie in Notwehr getötet habe."
    Romeo lachte dem Grafen ins Gesicht. Da er ohnehin sterben wollte, konnte ihn die Drohung nicht schrecken.
    "Ich gehe nicht, ehe ich meine Gemahlin gesehen habe", erklärte er mit einem entschlossenen Glitzern in den Augen.
    Graf Paris runzelte die Stirn, und seine glühenden Augen weiteten sich vor Staunen. Dann knurrte er Romeo wieder an wie einer der Wachhunde des Schlosses.
    "Julia und ich haben vor zwei Tagen geheiratet", verkündete Romeo laut und stolz. "Wir waren Seelenverwandte. Unsere Liebe ist stärker als alles andere – sogar stärker als der Tod. Allerdings bezweifle ich, dass Sie in der Lage sind, das zu verstehen."
    "Sie glauben doch nicht, dass ich auf Ihre Lügen hereinfalle", schnarrte der Graf. "Julia hätte sich niemals dazu herabgelassen, einen Montague zu heiraten."
    Romeo griff in die Hosentasche, holte Julias Türkisring heraus und legte ihn auf seine flache Hand. Lächelnd fragte er den Grafen: "Wenn das, was ich sage, gelogen ist, wie erklären Sie sich dann, dass ich im Besitz von Julias Lieblingsring bin?"
    Ohne Vorwarnung packte Graf Paris den Widersacher am Hals und rammte seinen Kopf gegen das Eingangstor. Der Ring fiel zu Boden und rollte klirrend fort.
    "Dann ist es Ihre Schuld!", schrie der Vampir. "Sie haben sie getötet!"
    Romeo rang nach Atem, denn der Graf schnürte ihm die Luft ab. Dennoch gelang es Romeo, mit krächzender Stimme zu erwidern: "Ich könnte ihr niemals wehtun."
    Der Vampir tobte vor Wut und schleuderte Romeo zu Boden.
    Krachend landete der junge Mann auf dem Rücken.
    "Sie haben ja keine Ahnung, was passiert ist!", brüllte Graf Paris. "Julia

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