Dein für 1000 und eine Nacht
Schutt und die Überreste. Durch die klaffenden Öffnungen von Fenstern und Türen wehte der Schnee und unterstrich die Trostlosigkeit des Anblicks.
Trotz des Donnerns des Wasserfalls hörte sie es. Einen Laut in der Ferne ...
„Hier brauchen wir nicht weiter zu suchen", meinte Arash.
Sie umfasste seinen Arm. „Arash, was war das?"
„Hast du das gehört?" fragte er und neigte den Kopf zur Seite.
Ein leiser Schrei, verklungen, kaum dass sie ihn wahrge nommen hatten.
„Als ob jemand weint", flüsterte sie.
„Aus welcher Richtung kam es?"
Lana deutete nach Osten zum Wasserfall hinüber. Arash stieg über den schneebedeckten Schutt und ging durch einen Türrahmen in einer dicken Mauer, die Jahrhunderte überdauert und selbst dem Angriff noch getrotzt hatte. Sie folgte ihm und fand sich in dem ummauerten Hof wieder.
In der Mitte des Bereichs stand ein quadratisches Gebäude, dessen Kuppel sie gestern schon erspäht hatte. Seine Fenster waren mit hölzernen Läden ve rschlossen und die Wände mit Schnee zugeweht.
Durch das Rauschen des Wasserfalls und die dämpfende Wirkung des dichten Schneetreibens war es schwer, sich zu orientie ren, aber der klagende Laut war deutlicher zu hören als zuvor.
„Es ist möglich, dass jemand hier Schutz gesucht hat, da er nicht wusste, welcher Teil des Hauses bewohnbar ist", erwiderte Arash gelassen. „Lass uns im majlis nachsehen."
Der majlis war ein Versammlungsraum des Stammes, den der Scheich seinen Leuten für Zusammenkünfte und Beratungen zur Verfügung stellte.
Der Kuppelbau schien weitgehend intakt. Während Lana Arash folgte, hämmerte ihr Herz aufgeregt. War das etwa ein Baby gewesen, das sie gehört hatte? Wenn jemand hier draußen bei den Temperaturen die Nacht verbracht hatte, wäre es ein Wunder, dass er noch lebte.
Die massiven Doppeltüren aus geschnitztem Holz ließen sich leicht öffnen. Arash zog sie weit auf und trat ein.
Lana war dicht hinter ihm. Die Dunkelheit wurde nur von ein paar Lichtstreifen erhellt, die durch die Ritzen der Läden fielen. Nichts minderte jedoch den Gestank, der von den Tieren ausging, deren Blöken ihnen an die Ohren drang.
„ Ya Allah ", bemerkte Arash mehr zu sich selbst als zu ihr. „Ist aus dem majlis meines Vaters ein Stall geworden?"
„Sind das Schafe?" wollte Lana wissen und blinzelte nervös zu den unruhigen Tieren hinüber, die in der dunkelsten Ecke zusammengepfercht waren.
„Warte", sagte Arash und hastete nach draußen. Gleich darauf hörte sie ihn die Läden aufklappen, und gedämpftes Tageslicht fiel in den Raum.
Eine kleine Herde Schafe drängte sich in einer Ecke des wunderschön gefliesten Raumes zusammen. Dort war etwas Stroh für sie ausgelegt worden. Ein paar Hühner und ein Hahn spazierten herum und pickten hier und da im Stroh. Ein Esel, der geduldig neben einem Fressnapf stand und kaute, beobachtete sie.
„Gott sei Dank haben sie überlebt!" rief Lana aus.
„Sieh mal!" bemerkte Arash.
In der hintersten Ecke, das Gesicht den Ankömmlingen zuge wandt, stand ein Mutterschaf schützend vor zwei kleinen neuge borenen Lämmern, die hungrig saugten und wild mit den Schwänzen dazu wedelten.
„Oh!" rief Lana begeistert und lachte erfreut auf. „Oh, wie tapfer von ihr!"
„Es ist noch zu früh, um sie ins Tal zu treiben. Die Saison beginnt gewöhnlich erst in zwei Wochen."
„Ist es ihnen auch warm genug?" fragte sie. Da die Tiere sich alle dicht aneinander gedrängt hatten, war es in gewisser Weise warm geblieben. Doch die beiden Lämmer waren so winzig.
„Lämmer überleben sogar unter schwierigeren Bedingungen", sagte Arash. „Aber sie haben eine bessere Chance, wenn sie in den nächsten Tagen warm gehalten werden."
Sie folgte seinem Kopfnicken. In einer der Ecken stand ein gusseiserner Ofen. Dahinter war Kohle und Holz gestapelt.
„Ich hatte gehofft, wir könnten sie mit in die Küche nehmen!" gestand Lana.
Arash warf ihr einen amüsierten Blick zu. „Versuch das mal ihrer Mutter klarzumachen."
Er schritt zu dem Herd hinüber, nahm die Deckplatte ab und schaute hinein. Dann öffnete er die Tür und hockte sich davor, um die Asche herauszurütteln. Lana sah deutlich die Glut im Ofen.
„Nun, daran können wir erkennen, dass Sulayman oder jemand anders gestern noch hier war", stellte er fest, nahm ein paar Stücke Holz und legte sie in die Glut.
Lana trat zu ihm, um ihm zu helfen. Sie suchte nach trockenen Blättern und Zweigen unter den Holzscheiten und reichte sie Arash. Nach
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